Leisure Suit Larry in Love for Sail!
für PC

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LostInSpace:
Firma: Sierra On-Line
Jahr: 1996
Genre: Adventure
Thema: Cartoon & Comic / Humor / Schifffahrt / Adult
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 3913
Rezension von LostInSpace (11.04.2020)
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Irgendwie hat schon jeder – der ehrlich ist – drauf gewartet oder zumindest einen fiktiven Lottogewinn auf diese Art fest verplant: Ein ganzer Ozeanriese voll mit schönen Frauen, die alle auf ein amouröses Abenteuer mit ihrem ganz persönlichen Hahn im Korb warten. Die Reise verspricht Unbeschwertheit und Luxus und nicht zuletzt der Blick in manchen schwarzen Abgrund hinter der braungebrannten und mit erfahrenen Händen eingeölten Fassade.

Ganz untypisch ist nicht etwa ein alter Seebär mit weißem Bart und windgegerbter Haut der Kapitän des Schiffes, sondern eine Blondine allerersten Kalibers. Der Traum jedes Mannes an höchster Stelle des Traumschiffes weiß um die eigenen Reize. Deshalb darf auch nur ein ganz besonderer und außerordentlich erfolgreicher männlicher Held für eine Woche ihr Begleiter sein. Voraussetzung ist die Absolvierung eine Reihe von Wettbewerben, die während der Reise auf dem Schiff abgehalten werden. Nur die echten Kerle können hier bestehen und der Spieler hat die undankbare Aufgabe, unseren traurigen Abklatsch eines Mannes an die Spitze der maskulinen Tugenden zu führen.

Larry Laffer bekommt gleich zu Beginn der Reise mein vollstes Mitgefühl. Denn auch ich fühle mich im ersten Moment erschlagen von der Vielfalt der Lokalitäten und Möglichkeiten, die gleich auf Anhieb an Bord des riesigen Schiffes präsentiert werden und thematisch nur einem einzigen ganz bestimmten Zweig der Phantasie entsprungen zu sein scheinen. Ganz naiv mache ich mich auf die Suche nach meiner Kabine und suche den Aufzug, der mich aus der Empfangslounge nach unten bringt. Aber schon vor dieser einfachen Aufgabe musste ich kapitulieren. Denn die einzelnen Bereiche sind zum größten Teil nicht durch Türen oder eben Aufzüge miteinander verbunden, sondern nur über direktes Anklicken in einer Übersichtkarte zugänglich. Den entsprechenden Menüeintrag findet man erst durch Klick mit der rechten Maustaste. Vielleicht eine Spitzfindigkeit, aber man sollte doch auch ohne Studium des Benutzerhandbuches mit solchen naheliegenden Dingen zurechtkommen – wie ich finde.

Auch bei den Rätseln hatte ich so meine Schwierigkeiten. Denn ein erkennbarer Handlungsfluss ist in dieser übergroßen chaotischen Landschaft aus kuriosen Begegnungen nicht ablesbar. Das Spiel ist ohne Anleitung so frustrierend, wie ein Eisberg im Nordatlantik. In der Anfangsszene hat man diese Kritik offenbar noch beherzigt. Denn die vor dem Haus postierte Feuerwehr ruft Larry Tipps von unten zu, als er in der Eingangsszene an ein brennendes Bett gefesselt wurde. Aber sobald der befreite Larry zu seiner Kreuzfahrt aufbricht ebbt diese Art der Unterstützung ab. Vielmehr wird der Spieler später zunehmend stark abgelenkt durch die vielen Details seiner Umgebung, die beim näheren Betrachten stets einen anstößigen Gag oder zumindest eine schlüpfrige Bemerkung offenbaren. Wohl auch aufgrund meiner Vorerfahrungen mit anderen Teilen der Reihe, habe ich aber trotz dieser ansteigenden Widrigkeiten nicht so schnell aufgegeben. Denn bereits die Vorgänger haben mit etwas sinn- aber nicht konzeptlosen – da ja stets das eigentliche Ziel vor Augen – Dialogen brilliert und den außergewöhnlich charmanten Anti-Helden von Höhepunkt zu Höhepunkt geschickt.

Die eigentliche Zielgruppe sind wohl pubertierende Jungs, die das andere Geschlecht bereits gut zu kennen glauben. Aber die englische Sprachausgabe ohne Untertitel hat mich seinerzeit noch zu sehr abgeschreckt. Auch jetzt tut sich ein Non-Native-Speaker sicherlich relativ schwer mit den untertitellosen, teilweisen gehauchten oder gestöhnten Worten, die sich zum Teil auch mit anderen Hintergrundgeräuschen überlagern. Die Sprachausgabe ist schauspielerisch wirklich gut gelungen. Dies ist wohl auch ein entscheidender Punkt für den Erfolg eines solchen Adventure-Games. Denn ähnlich wie in Zeichentrickfilmen ist die menschliche Stimme ein sensibler Bezugspunkt zu der gezeichneten Figur. Die Stimme von Larry ist für meinen Geschmack absolut gelungen. Die Stimmlage versucht sich dem Cartoon Stil anzupassen und wirkt echt lustig. Besonders hervorzuheben wäre Peggy – das Schiffsmädchen für alles – die eine äußerst unflätige Artikulation an den Tag legt. Fast jedes zweite Worte ist daher *gepiept*, damit die Jugend keinen Schaden an der unangemessenen Ausdrucksweise nimmt. Auch die Hintergrundmusik plätschert angenehm und an die jeweilige Szene angepasst durch die allgemein entspannte Atmosphäre an Bord des Kreuzfahrtschiffes.

Die meisten Charaktere erscheinen in einer bildschirmfüllenden Nahaufnahme mit animierten Gesten und beleben die Szenerie mit ihrem kuriosen Aussehen und Verhalten. Natürlich sind vor allem die hübschen Blondinen und auch die Brünetten und nicht zu vergessen die Schwarzhaarigen der Blickfang jedes Larry-Spielers. Die Grafik ist zwar auch bei diesen Schönheiten eher cartoonmäßig gezeichnet und weniger realistisch wie das noch in einigen der Vorgängertitel versucht wurde. Das unterstreicht den humorbetonten Ansatz dieses Titels. Der Vorteil dieser Art von Grafik ist aber, dass der Jugendschutz noch nicht so schnell anspricht. Und natürlich hat Al Lowe – seines Zeichens Erfinder und kreativer Leiter des beliebten Protagonisten – nicht versäumt einige Ostereier zu verteilen und der fleißige Sucher bekommt dann auch tatsächlich nach langem Suchen ein paar hüpfende Bälle zu sehen.

Nun wird jeder tatsächlich pubertierende junge Mann natürlich argumentieren, dass er hüpfende Bälle auch auf jeder einschlägigen „Fussball“-Internetseite zu sehen bekommt. Dazu auch noch in super hochauflösender HD Grafik und nicht in einem kleinem verpixelten DOSBox-Fenster. Dem muss der langjährige Kenner entgegenhalten, dass Larry einfach schon viel früher als jedes schmuddelige Internetfilmchen seinen Auftritt hatte. Nämlich bereits 1987 kam der erste Teil – noch im schmucklosen EGA-Blockgrafik-Gewand – heraus und war offenbar so erfolgreich, dass man die Serie bis ins Jahr 2018 fortgesetzt hat. Vielleicht kommen auch noch weitere Nachfolger auf den Markt. Denn Niemand parodiert die Erfahrungen eines Heranwachsenden in der Gestalt eines abgehalfterten Möchte-Gern-Machos so wunderbar wie der gute alte Larry Laffer.

Die Steuerung geschieht auf der allerprimitivsten, ja geradezu animalischen Ebene: Der Mauszeiger in Form eines Verhüterli verwandelt sich vor anklickbaren Objekten in eine erigierte Form und per Rechtsklick stehen vorgegebene Begriffe zur Verfügung. Über die Option „other“ kann aber jederzeit auch über die althergebrachten Tastatureingabe der Phantasie freien Lauf gelassen werden. Der Parser ist im nun mittlerweile siebten Teil auch schon raffiniert genug, um auch hier jederzeit schlüpfrigen Humor zu bieten.

Außerdem hat kann man oben links auch sierra-üblich ein Menü erscheinen lassen, über das jederzeit der Spielstand gespeichert und Spieloptionen gerändert werden können. Die Steuerung der Larry-Spielfigur geschieht ganz herkömmlich per Mausklick und man kann dessen Laufgeschwindigkeit komfortablerweise auch bei Bedarf beschleunigen. Das Inventar ist über einen Rechtsklick zugänglich. Die Steuerung ist zweckmäßig. Aber ich müsste lügen, wenn ich sie als intuitiv beschreiben würde.

Ganz Sierra-typisch wäre natürlich auch ein obligatorisches Labyrinth. Aber das passt offenbar nicht zum Konzept der Leisure-Suit-Larry-Reihe, obwohl er doch sein ganzes Leben in Irrungen und Wirrungen verbringt. Stattdessen kommt das Element des Glücksspiels zum Tragen, so wie auch in den Vorgängerspielen. Dieses Mal werden wir von einer geheimnisvollen Dame zu einem Würfelspiel um Geld und Kleidungsstücke herausgefordert. Das Spiel ist eine Mischung aus Pokern und Yahtzee und war mir persönlich bisher unbekannt. Daher musste ich mir die Spielregeln erst durch Lesen mehrerer(!) kleingedruckter Seiten aneignen. Ob hier nicht ein einarmiger Bandit ausgereicht hätte? Nein, würde Al Lowe sagen, denn – einmal kapiert – ist dieser Poker-Variante mindestens so unterhaltsam wie das echte Strippoker. Und er hat auch recht: ich fühle mich – angespornt von der sich entblätternden Frau – weitaus besser unterhalten, als in einem blöden Labyrinth.

Erwähnenswert ist vielleicht noch ein zusätzliches Goodie, dass Larry nach jedem (über)standenen (Bett)abenteuer bekommt: ein Wallpaper im Pin-Up-Stil und einem Autogramm der jeweiligen Verflossenen, quasi als Trophäe für schlechte Zeiten. Man sollte anmerken, dass diese Bilder heutzutage eher Bild-chen sind, da weder Auflösung noch Größe irgendjemanden vom Hocker hauen dürften.

Zur Unterhaltung trägt ein in fast jedem Bild versteckter Dildo bei. Dieser ist oft so gut versteckt, dass nur wenige Pixel davon sichtbar sind. Aber der gewiefte Adventure Spieler ist bereits an diesen – stets von Kritikern bemängelten – Schwachpunkt gewöhnt und findet voll Vergnügen auch den klitzekleinsten Zipfel des Dildos. Belohnt wird der Spieler mit einem richtig fetten Jingle und der lustig vorbeitanzenden Dildofigur.

Auch unterhaltsam und dabei sogar zweckmäßig ist die Score-Anzeige. Der Spieler bekommt einen Anreiz möglichst jedes noch so kleine Detail in dem gesamten Spiel zu erkunden, das eigentlich streng linear verläuft. Die Punkte honorieren diese Leistung und sorgen im Verlauf des Spiels immer wieder für ein Gefühl des Erfolgs. Am Ende habe ich trotz Walkthrough die 1000 Punkte knapp verfehlt. Aber ich würde nicht im Traum auf die Idee kommen, mir deswegen diesen ganzen Wust an Abstrusitäten und Obszönitäten ein zweites Mal freiwillig anzutun. In diesem Sinne bleibt das siebte Abenteuer von Larry wohl eher ein One-Night-Stand. Sollte ich aber mal wieder in die Untiefen des frivolen Humors abtauchen wollen: bestimmt wenigstens eines der mittlerweile 13 anderen – in Form von Remakes und Fortsetzungen erschienenen – Abenteuer ist einen weiteren Sprung ins erfrischend kühle Nass wert.

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