Rambo: First Blood Part II
für PC

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Mr Creosote:
Firma: Angelsoft / Mindscape
Jahr: 1985
Genre: Adventure
Thema: Umsetzung eines anderen Mediums / Kämpfen / Krieg / Textbasiert
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 2832
Rezension von Mr Creosote (01.08.2020)
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…der Oscar für die fernliegendste Verwendung einer Megalizenz geht an: Rambo II!

Wie unbedeutend die Computerspielindustrie Mitte der 80er noch von länger etablierten Medien angesehen wurde, sieht man exemplarisch an der Vergabe mindestens drei der größtdenkbaren Filmlizenzen ausgerechnet an Angelsoft. Indiana Jones, James Bond und eben… Rambo – dessen zweiter Teil sowas wie den Höhepunkt des politisch ultra-reaktionären Körperkinos darstellt und ein Film, der 85 seiner 96 Minuten Laufzeit mit rastlosem Geballer verbringt. Was läge da näher, als ein Textadventure daraus zu machen?

Unter dem Gewicht dieser Lizenz bricht das fertige Spiel nicht direkt zusammen, aber es resigniert doch ihr gegenüber, denn es versucht nichteinmal, eine eigenständige Identität aufzubauen. Aufgabe des Spielers, in der Rolle John Rambos im vietnamesischen Dschungel auf Befreiungsmission, ist es, zentrale Szenen des Films eins zu eins nachzuspielen. Dies wirft spielerisch zwei Probleme auf.

Erstens eignen sich die Hauptaktivitäten Rambos im Film nicht gerade für spannendes Rätseldesign. Hauptbeschäftigung ist es, versteckte Fallen und Hinterhalte zu erkennen und auszuschalten. D.h. jeder Bildschirm will durchsucht werden, was ja erstmal durchaus Teil des klassischen Schatzsuchgenre ist. Sobald man etwas erkennt, richtet man dann allerdings einfach die Waffe darauf und drückt ab. Problem gelöst. Nebenbei gilt es, sich vor patrouillierenden Helikoptern zu verstecken und ebenso zufällig auftauchenden Wachen in ihrer Tötungsabsicht zuvorzukommen. Na, wie das wohl funktioniert?

Zweitens, und dies kommt heutzutage erschwerend hinzu, ist eine Lösung ohne detaillierte Kenntnis des Films unmöglich. Einiges lässt sich durch Versuch und Scheitern noch erschließen (so blöd ein solches Vorgehen auch sein mag). Anderes wird allerdings praktisch unlösbar.

Dass man beim Betreten des Gefangenencamps überwältigt und anschließend gefoltert wird, kann man zwar nicht vorhersehen, geht aber in Ordnung. Wissen darüber, besser vorher etwas zu essen, kann man sich durch einmaliges Sterben erspielen. Doch wo bekommt man Nahrung her? Die Lösung ist trivial, aber immanent im Spiel gibt es trotzdem keinen Hinweis darauf. Und wie übersteht man die Folterung? Gibt es ein trickreiches Rätsel, wie man die Fesseln löst und die Knechte überwältigt? Nein, die Szene löst sich von selbst, wenn man nur lange genug durchhält – und fürs Durchhalten gibt es exakt einen Befehl, den man bitte der entsprechenden Filmszene zu entnehmen hat.

Gelangt man dann dank Filmwissen doch ans Ende, geht der erste Griff kratzend in Richtung Kopf. Das soll's schon gewesen sein? Effektiv ist dieses Rambo II nicht 96, sondern eher zehn Minuten lang, sofern man weiß, was man tut. Spielzeit und Schwierigkeit zieht es allein – abgesehen von der Hürde des extrinsischen Wissens – aus den Zufallselementen. Nicht jeder Ort bietet ein passendes Versteck. Überrascht einen ein Helikopter an falscher Stelle, war's das. Ebenso, wenn zufällig erwürfelt ein feindlicher Soldat auftaucht, und man nicht bereits eine Schusswaffe im Anschlag hat.

Die Texte sind dabei nicht auf einem Niveau, das einen literarisch bei der Stange hält. Funktionale Knappheit bestimmt das Bild. Charaktere sind – ganz im Sinne der Vorlage – hauchdünn und der Plot (Plot?), der primär in der Klammer der Einstiegs- und Siegbeschreibungen stattfindet, ist intrinsisch kaum nachvollziehbar. Über die Rätselqualität sind genug Worte verloren worden.

Woraus soll sich also die Motivation zum wiederholten Neubeginnen speisen? Es kann eigentlich nur die Assoziation mit dem Kinobesuch sein, der seinerzeit die Massen natürlich schon umgehauen hat. Heute, in einer zwar insgesamt nicht weniger militaristischen, aber trotzdem historisch veränderten Zeit, wirkt Rambo II (der Film) eher ein bisschen peinlich. Selbst verbliebene Fans sehen ihn wohl eher mit einem halben ironischen Auge.

In diesem Sinne bleibt Angelsofts Rambo II leider keine wirkliche Materie mehr. Doch man muss wohl ohnehin davon ausgehen, dass keiner der Beteiligten damals versucht hat, ein zeitloses Meisterwerk für die Ewigkeit zu schaffen…

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