Lotus Esprit Turbo Challenge
für Amiga (OCS/ECS)

01.jpg
Mr Creosote:Herr M.:Gesamt:
2.5/6
Besucherwertung:
4.5/6
Firma: Gremlin
Jahr: 1990
Genre: Sport, Action
Thema: Fahren / Multiplayer
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 22848
Rezension von Mr Creosote, Herr M. (22.02.2014)
Avatar Avatar

[Mr Creosote] Vor 14 Jahren nahm diese Webseite ihren Anfang. Da hieß es natürlich, erstmal den eigenen Stil und die Zielgruppe zu finden. Eine bewährte Methode, einfach zu Aufmerksamkeit zu kommen, ist natürlich Provokation. Und was würde sich besser dafür eignen, als eine vom Mainstream abweichende Meinung kompromisslos zu vertreten?

Womit ich nicht sagen will, dass ich grundlegend unehrlich war bezüglich meiner Ansichten zu Lotus. Es ist für mich tatsächlich ein deutlich überbewertetes Spiel. Was im ersten Absatz vielleicht etwas sehr zynisch klingt, hatte durchaus einen ernstgemeinten Hintergrund: Trotz des ironischen Seitennamens war es immer erklärtes Ziel, Spiele mit möglichst wenig Nostalgie zu betrachten, sondern vielmehr auf ihren heutigen Spielspaß abzuklopfen.

Zugeben muss und kann ich, dass einige Aussagen der Originalrezension tatsächlich unter dem noch recht frischen Eindruck von Lotus III entstanden, einem eher schwachen Nachfolger, den, über die bekannten Dinge hinaus, auch noch technische Probleme plagten. Doch auch das Original-Lotus ist meines Erachtens ein Spiel, das nicht gut gealtert ist. Zur Entstehungszeit waren die schnelle, flüssige Grafik und damit das flotte Fahrgefühl noch genug, die Spieler nachhaltig zu beeindrucken. Die spielerischen Schwächen müssten jedoch meiner Meinung nach jedem, der es wirklich nochmal ernsthaft über einen längeren Zeitraum zu spielen versucht, deutlich werden.

Was wiederum einige meiner Originalaussagen in ihrer Schärfe noch lange nicht richtig macht. Doch leider funktioniert diese recht billige Methode der Provokation nur allzu gut, wie die erregten Kommentare schnell zeigten. Das war und ist doppelt schade. Erstens waren diese Kommentare teilweise sogar noch weniger reflektiert als das, was ich von mir gegeben hatte („keine Ahnung von damaligen Spielen“). Zweitens hätte den Kommentierenden klar sein müssen, dass sie mit ihrem Widerspruch nur das Erfolgsschema dieser Art der „Rezension“ bestätigten. Abwägende, auf Fairness bedachte Erläuterungen stoßen im Gegensatz zu schnell hingeschmissenen Provokationen auf unserer Seite leider üblicherweise auf breites Schweigen.

Trotzdem bevorzugen wir mittlerweile eben jene seriösere Form, aus eigenem Antrieb heraus. In diesem Sinne hat sich Herr M. das Spiel nochmal vorgenommen, mit besonderem Augenmerk auf den Aspekten, die ich seinerzeit identifiziert oder zumindest behauptend in den Raum gestellt habe. Was herauskommt, bleibt ihm überlassen – meine persönliche Wertung steht, ebenso wie sich selbstverständlich jeder andere seine Meinung bilden sollte. Denn: Eine kanonisch-nostalgische Meinung unreflektiert Nachzuplappern ist auch nicht besser als das Gegenteil. Es fällt nur weniger auf.

[Herr M.] Danke für die einleitenden Worte! Hier folgt also meine Meinung zu dem ganzen. Die folgenden Zitate sind direkt Mr Creosotes ursprünglicher Rezension entnommen.

Zitat:
Dies ist der erste Teil einer Serie, die viele Leute als Klassiker betrachten. Wie an meiner Wertung unschwer zu erkennen, stimme ich dem nicht zu. Um Lotus zu beschreiben braucht man nämlich nur ein einziges Wort: langweilig!

Auch wenn ich ein weniger vernichtendes Urteil fällen würde, so muss ich doch sagen, dass das Spiel heutzutage (streng nüchtern betrachtet) wirklich nichts besonderes mehr ist. Mag sein, dass es einst ungemein innovativ war, aber durch die inzwischen sehr breite Palette an ähnlichen Rennspielen, die teils technisch und inhaltlich um einiges ansprechender und abwechslungsreicher sind, ist wohl sehr viel von Lotus einstigem Glanz verloren gegangen.

Zitat:
Trotzdem steht sein historischer Wert außer Frage! Es ist der Urahn der „modernen“ Action-Rennspiele, wie z.B. die Need for Speed- oder die Bleifuß-Reihe. Und noch wichtiger (und interessanter!) ist die Erkenntnis, dass Lotus fast identisch zu diesen neueren ist!

Das mit dem Urahn stimmt nicht ganz, der dürfte nämlich eher Pole Position sein. Selbst Outrun, bei dem man sich hier nicht nur vom roten Sportwagen inspirieren hat lassen, kam zwei Jahre vor Lotus heraus. Aber selbst diese sehr zeitnahen Spiele waren nicht wirklich identisch. Lotus weist beispielsweise als einziges der drei eine hügelige Landschaft auf, also neben Kurven auch Steigungen. Was die ebenfalls genannten neueren Vertreter des Genres anbelangt, so sind die Ähnlichkeiten verschwindend gering. Bleifuß etwa hat richtige Gegner und ein Kollisionsmodell, das über ein „wir bremsen mal den Spieler aus“ hinausgeht. Und schon das allererste Need for Speed bietet einem ganzen Fuhrpark an Autos, die sich alle ein wenig unterschiedlich fahren.

Zitat:
Alles, was dieses Genre typischerweise ausmacht ist schon dabei: Automatisierungsfunktionen, ohne die man kaum fahren kann, schlecht designte, uninspirierte Kurse, dumme Gegner, die einen von hinten Rammen, weil sie einfach auf ihrer fest programmierten Linie fahren, eine Liga, in der man nur weiterkommt, wenn man das vorherige Rennen gewonnen hat, und hohe Geschwindigkeit!

Obwohl viele der genannten Dinge nicht (mehr?) Genre-Standard sind, treffen sie fast alle auf Lotus zu. Manuelles Schalten ist dadurch dass man Bremsen muss, um runter zu schalten, durch den damit verbundenen viel zu hohen Geschwindigkeitsverlust einfach unbrauchbar. Die Strecken sehen fast alle gleich aus und fahren sich wie auf Schienen (man darf nicht einmal umdrehen um in die Gegenrichtung loszufahren). Und die KI der Gegner ist ein schlechter Witz, da sie sich darauf beschränkt in Schlangenlinien mit konstanter Geschwindigkeit (selbst ungestört durch Hindernisse hindurch) zu fahren. Dennoch stellt sie, durch die Unzahl an gegnerischen Fahrzeuge, von dem einem fast immer eines im Weg ist, ein gewisse Herausforderung dar. Nur halt keine besonders faire oder gar motivierende.

Zitat:
Nur kleine Unterschiede sind feststellbar: Lotus hat bessere Grafik als die „modernen“ Spiele. Es ist einfach nicht so hässlich. Trotzdem sind die Grafiken eher mittelmäßig. Lotus versucht auch nicht, seine wahre Natur hinter riesigen Optionsmenüs, auf denen man sowieso nichts sehen kann, zu verstecken.

Diese Aussage würde ich mal als äußerst gewagt bezeichnen. Über Geschmack lässt sich bekanntermaßen vorzüglichst streiten, aber wenn es eine Sache gibt, in der Lotus haushoch unterlegen ist, dann ist das mit ziemlicher Sicherheit die Grafik. Allein die Tatsache, dass im Einzelspieler-Modus die Hälfte des Bildschirms für ein langweiliges (beinahe) Standbild „genutzt“ wird, weil das Spiel auf einen permanenten Splitscreen eingestellt ist, spricht Bände. Genauso wie Hindernisse, die durch die zu geringe Auflösung wie aus dem nichts auftauchen. Oder dass die Autos alle völlig gleich aussehen und sich allerhöchstens durch ihre Farbe (weiß=Computer, rot=Spieler) unterscheiden.

Das mit dem Optionsmenü stimmt allerdings: Es ist erfrischend minimalistisch und effizient, so dass man recht schnell und unkompliziert losrasen kann. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass es Mangels unterschiedlicher Renntypen (oder gar Autos) einfach nicht viel zum Einstellen gibt.

Zitat:
Wenn man Action-Rennspiele mag, wird man Lotus lieben. Wenn nicht (wie ich), dann wird man hier jedes einzelne aufgebaute Vorurteil bestätigt finden!

Nun, ich mag Action-Rennspiele, liebe ich damit auch Lotus? Nein, ganz ehrlich gesagt, das tue ich nicht. Anderseits bin ich ihm auch nicht völlig abgeneigt, denn so viele schlechte Dinge bisher aufgezählt wurden, so hat das Spiel auch durchaus ein paar gute Seiten.

Zum einem ist da mal die Fahrphysik, die völlig unrealistisch ist, aber auf eine gute Art und Weise. Der Lotus beschleunigt recht rasch und ist auch einigermaßen manövrierbar, so dass die häufigen Zusammenstöße mit den gegnerischen Fahrzeugen und am Straßenrand herumstehenden Hindernissen weniger schwerwiegend sind. Schon alleine weil es keinerlei Schadensmodell gibt. Selbst wenn man mal einen gröberen Schnitzer macht, hat man immer noch die Chance aufzuholen oder gar zu gewinnen. Das sorgt für sehr actiongeladene Rennen, wo man mitunter bis zur letzten Minute nicht weiß, ob man es noch schafft.

Wenn man es mal nicht auf den ersten Platz geschafft hat, ist noch immer nicht alles verloren. Solange man zumindest am 10. Platz landet, kann man die Liga fortsetzen. Selbst wenn man nicht gerade über blitzschnelle Reflexe verfügt ist das durchaus machbar. So unfair also auch das Streckendesign und das Verhalten der Gegner sein mögen, so ist das Spiel sehr großzügig, wenn es darum geht einem weiter seinen Spaß haben zu lassen.

Zudem sollte man auch den Mehrspielermodus, für den das Spiel offensichtlich ausgelegt wurde, nicht außer Acht lassen. Leider hatte ich nicht die Gelegenheit ihn ausführlich genug zu testen, aber die paar Rennen, die ich mir mit menschlichen Gegner geliefert habe, haben sehr viele der Schwächen (allem voran die KI) vergessen lassen und die wahre Stärke zum Vorschein gebracht. Nämlich die ein sehr rasantes und schnell zu erlernendes Rennspiel zu sein.

Den Ruf eines Klassikers verdient es vielleicht nicht ganz zu recht, aber es ist ein ziemlich solides Spiel. Wenn einem mal nach einem schnellen unverbindlichen Rennen zumute ist, kann ich es sogar durchaus empfehlen. Die Einstiegshürde ist recht gering und der Unterhaltungsfaktor recht hoch. Zumindest zu Beginn, denn so unzählbar viele Strecken dieses Spiel auch bietet, bei der Langzeitmotivation hapert es dann wieder ein wenig.

Kommentare (4) [Kommentar schreiben]

Bon:
Statt objektiver Informationen wird hier gehöriger Unsinn verzapft. Natürlich ähneln sich alle Rennspiele. Was Lotus auszeichnete, waren guter Sound, schnelle Grafik und hohe Spielbarkeit. Es war das Beste seiner Art zu seiner Zeit. Ob jemand sowas mag oder nicht, sollte hier nicht zur Debatte stehen. Und was wäre eigentlich ein "inspirierter" Kurs? Rampen? Schulkinder??
Nils:
Tja, was soll ich zu deiner Bewertung nur sagen ... Es ist nicht nur ein Klassiker es ist einfach kult. Sogar im ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie)in Karlsruhe wird es ausgestellt und ist spielbar!!!!
Amiga500:
Dieses Spiel als Langweilig zu bezeichnen zeigt mir das Du keine Ahnung von damaligen Spielen hast. Der Reiz bei diesem Spiel war mit einem Kumpel ständig die Bestzeiten zu unterbieten, der Spielspass bzw. Motivation war enorm hoch.
[Antworten]

Quiz