Sven Bømwøllen
für PC (Windows)

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LostInSpace:
Firma: Phenomedia
Jahr: 2002
Genre: Action
Thema: Cartoon & Comic / Einzigartig
Sprache: Deutsch
Lizenz: Freeware
Aufrufe: 2342
Rezension von LostInSpace (18.11.2021)
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Schon in einem sehr früh für den C64 erschienenen Titel wie Impossible Mission bestand die hauptsächliche Aufgabe des Spielers nicht darin, einfach Gegner abzuschießen. Nein, der Agent musste die auf dem Bildschirm verteilten Computerterminals geschickt ansteuern und schließlich für einen kurzen Zeitraum scannen. In dieser Phase war der Spieler bewegungsunfähig und konnte den Angriffen der patrouillierenden Roboter nicht mehr aktiv ausweichen. Dadurch war der richtige Zeitpunkt für den Scanvorgang so zu planen, dass die Verfolger auf ihrem Weg durch das Level währenddessen diesem Terminal nicht zu Nahe kamen.

Mit dem Aufgreifen dieses Spielprinzips grub sich Sven Bømwøllen nicht nur in das kollektive Gedächtnis der deutschen Gamer-Szene. Sogar die Mainstream-Presse widmete diesem Randthema plötzlich ihre Aufmerksamkeit. Offenbar hat aber nicht die alte spielerische Grundidee, sondern die Art der Gestaltung den Zeitgeist des damals neu angebrochenen Jahrtausends so präzise getroffen. Die Rolle der Roboter wird hierbei von einem Schäferhund übernommen, der eine Schafherde bewacht. Aufgabe des Spielers ist aber nicht etwa die Schafe zu stehlen. Nein, weit gefehlt. Der Spieler steuert das männliche Schaf Sven bei der Durchführung von Begattungsakten im Kreis der sonst weiblichen Herde.

Uuups! Eine neue Intimrasur!

Mit der Leertaste wird solange zugestoßen, bis das jeweilige Schaf in einer Wolke der Glückseligkeit verschwindet. Hat Sven auf diese Art besonders viele Schafe in kurzer Zeit in den siebten Himmel befördert, bekommt er sogar temporär einen Heiligenschein und kann sich noch schneller bewegen. Um die Anleihen an die christliche Vorstellungswelt zu komplettieren, darf natürlich auch ein alter gutmütiger Schäfer nicht fehlen. Dieser verfolgt Sven sehr viel langsamer als sein Hütehund und lotst seinen Hund bei Bedarf mit Pfiffen zur Stelle.

Er versucht damit die Moral seiner Herde zu bewahren, wobei die Schafe selber ironischerweise zur Aufrechterhaltung ihrer guten Laune auf Svens aktive Mithilfe angewiesen sind. Verschlechtert sich ihr Wohlbefinden bei Ausbleiben der erbaulichen Turnübungen allzu dramatisch, verwandeln sie sich in Blitze schleudernde Teufelchen. Da Sven also in vielfacher Hinsicht auf dem isometrisch dargestellten Spielfeld verfolgt wird, muss er auf die Kraft von psychoaktiven Pilzen zurückgreifen. Diese können seinen schleichenden Gang beschleunigen, seine Potenz steigern, die Stimmung der Herde aufhellen oder aber auch eine ins Gegenteil gekehrte Wirkung hervorrufen. Je nach Farbe der Pilze.

Außerdem beamt manchmal der Traktorstrahl eines vorbeischwebenden UFOs Schafe herauf und nimmt ihm etwas Arbeit ab. Sollte Sven zufällig selber in den Strahl laufen, kommt er als Alien-Schaf zurück. Zuguterletzt sei noch das Meerjungfrau-Schaf erwähnt, dass ab und zu aus dem Fluten am unteren Bildschirmrand steigt und bei erfolgreicher Besteigung mit extra vielen Punkten lockt.

Um seinen Verfolgern zu entkommen, springt Sven auch des Öfteren in die Pfützen an den Ecken des Bildschirms. Diese teleportieren ihn dann an eine andere sicherere Stelle des Bildschirms. Aber Achtung: Für diese Aktion werden Punkte abgezogen. Sollten die 3 initialen Leben schließlich aufgebraucht sein, ist ein Eintrag in der Highscore-Liste möglich.

In der Vollversion dürfen dazu maximal 20 Level gespielt werden. Der Hintergrund bleibt durchgehend unverändert und auch die KI der Gegner ist gleichbleibend. Abwechslung erzeugt nur die Darstellung von neuen Stellungen beim Liebesspiel, den in späteren Leveln oben erwähnten Eingriff von Aliens und der Option auch den Hund Wotan zu bespringen. Soundeffekte untermalen sehr vielfältig das Geschehen. Eine Kulisse aus Schafslauten, Hundegebell, Stöhnen und Arcade-Sounds macht eine eigene Hintergrundmusik obsolet.

Eine Boss-Taste rundet das Casual-Game-Feeling ab: Auf Knopfdruck wird der PC wieder ruhig und eine unschuldige (Fake) Word-Datei erscheint am Bildschirm. Trotz seines sex-lastigen Inhalts wurde das Spiel ab 12 Jahren freigegeben. Die cartoonische Grafik wirkt auch eher erheiternd als erregend.

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Angriff der Aliens

Das zutiefst christliche Bild des Schäfers und seiner Herde wird ebenfalls mit einem Augenzwinkern in ein nordeuropäisches Idyll verlegt, indem die Charaktere dem Namen nach von dort zu stammen scheinen: Sven Bømwøllen, mit einer verballhornten Schreibweise für Baumwolle. Der Schäfer Lars Einicken mit einem lautmalerischen Wortspiel als Nachnamen und sein Hund Wotan, dessen Name in der nordischen und kontinentalgermanischen Mythologie einen hohen Stellenwert einnimmt.

Die hier getestete Freeware-Version wurde Anfang 2002 auf den Servern der führenden deutschen Boulevardzeitung Bild angeboten und führte aufgrund der reißenden Nachfrage zu einem kompletten Breakdown. Außerdem wurde das Spiel mit einem nationalen Sales Award in Gold für den Verkauf von mehr als 100.000 Einheiten innerhalb von zwölf Monaten geehrt. Grund dafür ist wohl nicht nur das unschuldig-ironisch verpackte Thema Sex, sondern auch die zu der Zeit offenbar stark ausgeprägte Nachfrage nach leicht zugänglichen Casual-Games. Wobei der spielerische Anspruch in der Vollversion aufgrund der schieren Masse an (gleichartigen) Levels absolut nicht zu unterschätzen ist.

Den Schritt zur Bezahl-Version bin ich jedoch nie gegangen, da mir auch heute noch die Steuerung des Schafes Sven mit den Pfeiltasten der Tastatur etwas hakelig vorkommt und irgendwie nicht „flüssig“ ist. Aus meiner Sicht hemmt dies enorm den Spielspaß bei dem schnell-ablaufenden repetitivem Gameplay, so dass der Unterhaltungswert relativ schnell verpufft. Trotzdem wurde Sven Bømwøllen in weiteren 6 Fortsetzungen (!!) der Serie als Hauptdarsteller bemüht, die weiterhin kommerziell vertrieben werden.

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