Nether Earth
für ZX Spectrum

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NetDanzr:
Firma: Argus
Jahr: 1987
Genre: Strategie
Thema: Science Fiction / Krieg
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 26234
Rezension von NetDanzr (19.08.2002)
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Echtzeitstrategie ist heutzutage eines der beliebtesten Genres, dank der süchtigmachenden Kombination aus Resourcenabbau, Einheitenkonstruktion und taktischem Kämpfen. Was allerdings die Wenigsten wissen ist, dass die Wurzeln des Genre auf den Spectrum zurückgehen. Von Herzog Zwei, einem Sega-Mega-Drive-Spiel, das all die Dune-2-Hasser schadenfroh immer wieder gerne als „erstes“ Echtzeitstrategiespiel bezeichnen (also an Stelle von Dune 2) mögen viele schonmal gehört haben. Herzog Zwei kam 1989 heraus, drei Jahre vor Dune 2. Was jedoch in Vergessenheit geraten ist, ist, dass das erste wirkliche Echtzeitstrategiespiel bereits zwei Jahre davor erschien, auf dem Spectrum. Sein Name war Nether Earth (Bemerkung am Rande: The Ancient Art of War von den Brüdern Murry wurde zwar 1984 veröffentlicht, aber obwohl es ebenfalls Echtzeitschlachten simulierte, fehlten ihm all die anderen Aspekte des heute üblichen Genres).

Nether Earth wurde als Anfang einer neuen Ära im Strategiegenre ausgerufen, und das zu Recht. Jedoch wurde auch Amerika nach Amerigo Vespucci benannt anstatt nach Columbus; dieses Spiel ereilte das gleiche Schicksal und es geriet in Vergessenheit. Zumindest, bis vor ein paar Jahren Z herauskam, das immerhin das Konzept, wenn auch nicht so sehr die Erinnerung, wiederbelebte. Um also kurz das einfache Konzept darzustellen: Man produziert Roboter, um Fabriken zu besetzen, die wiederum noch tödlichere Roboter produzieren können, die man dann dazu benutzt, den Gegner zu schlagen.

Das Spielfeld war sehr eng und lang, um die recht dummen Roboter zu befähigen, immer in die allgemeine Richtung des Gegners gehen zu können. Man begann auf der westlichen Seite und der Gegner im Osten, jeder mit einer Hauptfabrik, die eine einzige „allgemeine“ Resource produzierte. Man bewegte sich in einem kleinen Hovercraft. Landete man in einer Fabrik, erschien ein Produktionsmenü; hier konnte man die Roboter zusammenstellen. Die ersten Roboter waren ziemlich langsam - zweifüßig mit einer Kanone mit geringer Reichweite, um sich zu verteidigen. Sobald sie aus der Fabrik rollten, gingen sie direkt in den „Stehen und Verteidigen“-Modus. Landete man sein Hovercraft auf ihren Köpfen, konnte man ihnen Befehle geben, die so komplex waren, dass selbst solche Spiele wie Dune 2 das Jahre später nicht erreichten. Die Befehle gingen von Wachdienst bis „Search and Destroy“, wozu die Roboter durchaus allein in der Lage waren. Die ersten Roboter hatten jedoch eine andere Aufgabe: neutrale Fabriken zu besetzen. Auf dem Weg zum Gegner gab es davon jede Menge und man brauchte sie auch in dieser Anzahl. Es gab eine unerreichte Anzahl von sieben verschiedenen Resourcen und alle davon waren nötig, um die besten Roboter zu bauen: schnelle Schweberoboter mit einer Nuklearbombe, Lenkraketen und Lasern.

Man brauchte etwa eine Woche Spielzeit, bis alle neutralen Fabriken verteilt waren, und dann begann erst der richtige Spaß. Das Spiel war unglaublich schnell und gnadenlos; der Gegner war immer schneller und besser ausgerüstet und man verbrachte wilde fünf Minuten damit, seinen Vormarsch zumindest zu verlangsamen, während man selbst versuchte, so schnell wie möglich Roboternachschub zu produzieren. Die Gegner waren jedoch nicht allzu harte Gegner und mit ein bisschen Anstrengung überstand man diese Phase und begann dann zurückzuschlagen. Nach einem Monat intensiver Kämpfe schickte man einen letzten Kamikaze-Roboter in das Hauptquartier des Gegners und das Spiel war vorbei. Wieder mal war man siegreich geblieben.

Vielleicht war es ein Zufall oder vielleicht war es reines Genius, aber dieses Spiel hatte eines der besten Spielprinzipe, das jemals auf jeglicher Plattform erdacht wurde. Die Designer waren sich der schwachen Intelligenz der Einheiten bewusst und deshalb machten sie das Spielfeld lang und eng, um dadurch das Verwirrungspotential der Roboter zu minimieren. Der Gegner war gerade stark genug, um eine ernsthafte Bedrohung darzustellen, aber er war nicht unschlagbar. Die Hindernisse auf dem Spielfeld erlaubten einem ein halbes Dutzend unterschiedlicher Strategien, um den Gegner zu besiegen, was wiederum den Wiederspielwert deutlich erhöhte. Die Bedienung, die zwar etwas mühsam war, hatte einen riesigen Vorteil: Je weiter man vorrückte, desto länger dauerte es, zur Front zu fliegen, um neue Befehle zu erteilen. Dieses echte logistische Problem wurde niemals wieder so realistisch umgesetzt.

Nether Earth war nie ein Spiel, dass man mit dem Spectrum verband. Es richtete sich an eine relativ kleine Zielgruppe und es war kommerziell nicht erfolgreich genug, um auf andere Systeme umgesetzt zu werden. Trotzdem muss man es nicht nur als Geburtsstunde des Echtzeitstrategiegenres anerkennen, sondern auch als sehr gutes Beispiel dafür, was ein Spiel gut macht.

Übersetzt von Mr Creosote

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