Death Gate
für PC (DOS)

01.jpg
Mr Creosote:
Firma: Legend Entertainment
Jahr: 1994
Genre: Adventure
Thema: Apokalypse / Umsetzung eines anderen Mediums / Schwerter & Magie
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 37793
Rezension von Mr Creosote (22.12.2001)
Avatar

Das Fantasy-Genre. Nicht gerade eine Keimzelle für Innovation. Seit Tolkien seinen Herr der Ringe 1954 veröffentlichte versuchen die meisten Autoren, seinen Stil zu imitieren. Standards sind gesetzt, die Fans scheinen nicht genug kriegen zu können von diesen stereotypen Stories und Charakteren.

Warum ist Fantasy so beliebt? Viele Leute sehnen sich nach einer Welt, in der alles noch in Ordnung ist. Stark durchstrukturiert, mit klaren Grenzen und alles ist gut. Na ja, nicht ganz. Es gibt immer ein ultimatives Böses, dass die Harmonie bedroht. Aber Gut ist gut und Böse ist böse - und Bosheit kann man von den Gesichtern der Bösen ablesen! Und hatten diese jemals eine Chance gegen die übermäßig guten Helden?

Nicht nur Gesinnung kann mit einem Augenaufschlag entdeckt werden. Die „Rassen“, die in der Fantasy-Gemeinde etabliert sind, werden auch mit bestimmten Charaktereigenschaften verbunden. Zwerge sind stark und verbissen, Elfen sind weise und elegant, Menschen sind Krieger und Jäger. Keine Ausnahmen bezüglich dieser Regeln, einfach zu verstehen. Keine komplexen Zusammenhänge, das ist es, was die Leute wollen!

In der Computerspielewelt werden Fantasygeschichten meist für Rollenspiele und manchmal für Strategie benutzt. Klassische Adventures sind normalerweise nicht so geeignet, weil deren Fans keine Kämpfe wollen, in denen sie sterben könnten - das wäre gegen eine der Grundregeln des Genres. Aber es gibt natürlich Ausnahmen. Legend Entertainment benutzte mehr als einmal Fantasygeschichten. Death Gate ist eines der Produkte.

Belesene Leser werden natürlich schon vom Namen her bemerkt haben, dass diese Spiel auf einer Buchreihe von Tracy Hickman und Margaret Weis basiert. Sieben Romane in ein einziges Spiel zusammenfassen? Kaum möglich. Also mussten die Spieldesigner eine Menge auslassen und einige Dinge ändern. Die zweite Hauptfigur der Bücher, Alfred, wird man hier z.B. nicht finden. Aber sie behielten den grundlegenden Geist und die Story bei. Diese liest sich wie folgt:

Vor 2000 Jahren tobte ein Krieg zwischen zwei magischen humanoiden Rassen: den Patryns und den Sartan. Die Sartan konnten die Oberhand dadurch gewinnen, dass sie die Welt magisch aufsplitteten und somit ihre Erzfeinde in einen der Teile, genannt das Labyrinth, verbannten. Das Labyrinth war als Gefängnis gedacht, in der die Patryns „rehabilitiert“ werden sollten. Die anderen vier Reiche wurden mit den „menschlichen“ Rassen bevölkert: Menschen, Elfen und Zwerge. Diese drei sind „niedere“ Lebensformen, obwohl einige Mitglieder durchaus Zaubern können, kommen sie niemals auch nur nah an das Potential der anderen zwei Rassen. Die Sartan herrschten über die Länder, aber irgendwie verschwanden sie auf mysteriöse Weise.

Das Labyrinth begann, ein Eigenleben zu entwickeln, und es quälte seine Insassen, die gefangenen Patryns. Aber Xar, das Oberhaupt der Patryns, fand eine Ausweg aus dem Gefängnis und befreite immer mehr Mitglieder seines Volkes, indem er sie in den Nexus führte, eine Art Stadt, von der aus die Sartan das Labyrinth überwachen sollten. Unter den Geretteten ist Haplo, ein junger Patryn, der Protagonist der Geschichte. Sein Herr hat den Plan, die Welt wieder zusammenzusetzen, die Reiche zu erobern und blutige Rache an den Sartan zu nehmen für die Jahrtausende des Gefangenseins. Aber zuerst schickt er Haplo, um die vier Reiche bezüglich militärischen Potentials zu erkunden und die „Siegelstücke“ („Seal Pieces“) zu finden, magische Symbole, die für die Wiederherstellung der Welt benütigt werden. Der einzige Weg zwischen den Reichen ist das Todestor (Death Gate).

Aber es kann nur mit einem magisch vorbereiteten fliegenden Schiff passiert werden.
Die gesamte Handlung entfaltet sich erst auf Haplos Reise durch die Welten. Zuerst besucht er Arianus, die Welt der Luft. Dann Pryan, die Welt des Feuers. Anschließend reist er nach Abarrach, der Welt des Steins, und Chelestra, der Welt des Wassers. Letztendlich kehrt er sogar ins das verhasste Labyrinth zurück und abschließend in das Vortex, der Ort, von dem aus die Welt aufgeteilt wurde! In jeder Welt erfährt Haplo neue Dinge, die sich langsam wie ein Puzzle zusammensetzen: das Verschwinden der Sartan, die Hintergedanken ihres Plans, die Situation der Rassen und so weiter. Er lernt auch eine Menge über sein eigenes Volk. Und plötzlich muss er eine weit größere Gefahr bekämpfen als die Sartan, etwas Böses, das die gottgleichen Ambitionen der Patryn und Sartan lächerlich aussehen lassen...

Jede Welt hat seine eigenen Merkmale, sie sind voneinander völlig autark. Um genau zu sein wissen die meisten Lebewesen nicht einmal mehr, dass die anderen Welten existieren! Seit 2000 Jahren haben sie sich vollkommen unabhängig voneinander entwickelt. Es gibt also immer wieder andere Situationen, andere Personen, andere Hintergründe. Und jede Welt ist wirklich interessant! Ich möchte hier jetzt nicht zu viel Verderben, aber die Story nimmt einige unerhörte Wendungen, die man sich niemals hätte vorstellen können!

Das Spiel nutzt die „moderne“ Inkarnation von Legends Adventure-Engine. Der Bildschirm ist aufgeteilt in ein Hauptfenster, das das Umfeld zeigt (meist statisch), ein Inventar unten und eine Verbenliste an der Seite. Man sieht den Protagonisten nicht, sondern durch seine Augen. Das könnte für Lucas Arts- und Sierra-Spieler etwas verwirrend sein zuerst. Aber es funktioniert perfekt! Kein endloses Warten darauf, dass der Spielersprite endlich mal dort ankommt, wo man ihn haben will (Hallo, Sierra!).

Das Spiel orientiert sich sehr am Stil klassischer Textadventures. Es gibt zwar keine Parser mehr, alles wird durch Klicken auf Icons und Grafiken gemacht. Aber viele Elemente erinnern schon an das „goldene Zeitalter“ der Adventures! Zum Beispiel die veränderliche Verbenliste: Je nach dem, was für ein Objekt man benutzen will erscheinen spezifische Verben am Rand. Auf diese Weise muss man nicht immer nur alles „benutzen“ (Hallo, Lucas Arts!), sondern man muss schon genauer sein. Das erhöht natürlich den Schwierigkeitsgrad, aber auf positive Weise: Man muss sich schon bewusst sein, was man genau machen will, alles auszuprobieren führt selten zum Erfolg.

Der Spieler hat alles Komfort, den man sich vorstellen kann: ein grafisches Inventar, Bewegungsbefehle durch Himmelsrichtungen anstatt eines verwirrenden Türensystems, eine Karte und auch großartigen Beschreibungen. Diese sind einer der stärksten Punkte des Spiels. Die Texte sind sehr gut geschrieben, „schau an Tür“ eröffnet nicht nur „es sieht wie eine normale Tür aus“, sondern man wird mit einer detaillierten Beschreibung und Bewertung belohnt! Das selbe gilt für Aktionen, Situationen und so weiter.

Unterhaltungen sind sehr stark betont. Es gibt immer Leute zum Reden, und sie haben auch immer eine Menge zu sagen. Die meisten Hintergrundinformationen werden hierdurch vermittelt, oder aber durch die herumliegenden Bücher. Beide Spielelemente beinhalten auch viele Hinweise auf die Lösung von Rätseln. Es gibt also eine Menge zu lesen, der Spieler muss schon ein bisschen Geduld aufbringen. Death Gate ist ein langsames Spiel, wer schnellen Fortschritt will, wird enttäuscht sein. Aber wenn man sich die Zeit nimmt, wird man mit wirklicher Tiefe belohnt!

Ok, manche Storyelemente sind nur Klischees. Aber im Gegensatz zu den meisten Fantasygeschichten hat Death Gate ein paar wirkliche Charaktere! Klar, die grundlegenden Charakterzüge sind wieder mal auf Stereotypen ihrer „Rassen“ aufgebaut, aber das Spiel bleibt hier nicht stehen, wie die meisten. Die Charaktere sind glaubwürdig, die Handlungsweisen logisch im Hinblick auf ihre jeweiligen Denkmuster. Und das ist schon mehr, als man als Computerspieler gewohnt ist. Schlimm genug...

Jeder Handlungsort hat nur ein paar Bildschirme, es gibt also kein endloses Herumlaufen durch leere Orte wie z.B. in der King's Quest-Serie. Das Spiel ist linear genug, dass sich der Spieler immer bewusst ist, was er eigentlich zu tun hat. Aber die Rätsel selbst sind fordernd genug, um ihn für einige Zeit beschäftigt zu halte! Einige Spiele versuchen ihren Mangel an kreativen Rätseln zu vertuschen, indem die den Spieler verwirren. Death Gate hat es nicht nötig, seine Rätsel zu verstecken, denn es hat einige der besten überhaupt!

Außer den normalen inventarbasierten Manipulationen gibt es noch eine „andere“ Art von Puzzles. Haplo ist ein Patryn, er hat Magie im Blut. Und das muss er öfters einsetzen.
Normalerweise wird Magie ja von den Spieledesignern als eine lächerliche Entschuldigung benutzt, wenn sie keinen Ausweg aus einer Situation wissen außer dem Unmöglichen. In Death Gate ist Magie aber durch einen kleveren Trick in die Welt eingebunden: Einen Spruch auszuführen ist nichts anderes, als eine Möglichkeit in die Wirklichkeit zu übertragen. Wie ein Charakter im Spiel sagt: „Stell dir einen unüberquerbaren Fluss vor. Es besteht die Möglichkeit, dass es Brücke existieren könnte. Der Zauberer tut nichts anderes, als diese Brücke von der Dimension der Möglichkeiten in die Realität herüberzutragen.“
Letztendlich bedeutet das, dass nichts entgegen die Naturgesetze geschehen kann, auch nicht durch Magie. Man sollte bloß nicht vergessen, was man in der Schule gelernt hat - hier braucht man es sogar!

Die Sprüche selbst funktionieren mit Runenmagie. Auf seiner Reist lernt Haplo immer wieder neue Sprüche, die er wenn angebracht einsetzen muss. Aber vorsichtig, denn Magie kann auch eine Menge Schaden anrichten. Es gibt einen komfortablem Editor, der einem einfach die bekannten Sprüche nach Auswahl aus einer Liste zusammenbaut, aber man kann die Runen auch selbst zusammensetzen. Warum man das tun sollte? Spielt das Spiel und seht selbst...

Die Grafiken sind handgezeichnet, man kann zwischen Standard-VGA und SVGA (640x480 Pixel) wählen. Die meisten Bilder und Portraits sind sehr ästhetisch, sie passen perfekt in die Athmosphäre der jeweiligen Situation! Der nächste Designer, der 3D Studio für ein Fantasyspiel benutzt, muss sich auf einen „persönlichen Besuch“ von mir einstellen!
Der Sound besteht größtenteils aus Sprache. Ja, jede Unterhaltung wurde aufgenommen. Die Sprecherleistung ist dabei weitestens gut, aber leider klingen viele Stimmen extrem „amerikanisch“. Zu „amerikanisch“, wenn man mich fragt. Es gibt auch noch ein paar gerenderte Videosequenzen, die recht nett aussehen, aber auch nicht umwerfen. Aus irgendeinem Grund sehen diese sogar besser aus, wenn man in VGA spielt, weil dann das Umschalten der Auflösung unterbleibt - der Übergang geht also fließender.

Dieser Rip (der nur aus dem Verzeichnis C:DGATE läuft) beinhaltet nur VGA-Auflösung (inklusive Videos) und keine Sprache. Ich kann es nur jedem ans Herz legen: Wenn ihr die Chance habt, ein Original zu ergattern, tut es! Nur dann kann man erleben, wie sich die Münder tatsächlich synchron zur Sprache bewegen!

Insgesamt ist Death Gate ein wirklich absoluter Klassiker. Es ist genau der Stil, zu dem sich Infocom entwickelt hätte, hätte es überlebt! Herausfordernde, aber logische Rätsel, tiefe Charaktere und Plot (und selbst wenn ich mich hier wiederhole: Ich bin kein Fantasy-Fan!), großartige Grafik, sehr fair (wenn man mal stirbt gibt es immer noch die „Undo“-Option...), sehr lang - sogar wiederspielbar! Es gibt nur ein paar sekundäre Nachteile, der herausstechendste wohl der nervige Gandalf-Klon „Zifnab“, der anscheinend als komische (im Sinne von „witzige“) Einlage gedacht ist. Doch er ist nur albern, sonst nichts. Na ja, nichts kann perfekt sein. Aber der Hauptteil dieses Spiels ist es!

Ein ernstes Adventure, eine seltene Spezies. Das allein würde es schon interessant machen. Death Gate braucht diesen Seltenheitsbonus aber gar nicht!

Anmerkung: Die deutsche Version hat deutsche Texte, aber englische Sprachausgabe.

Kommentare (1) [Kommentar schreiben]

[Antworten]

Quiz