North & South
für Amiga (OCS/ECS)

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Mr Creosote:Herr M.:Gesamt:
3.5/6
Besucherwertung:
5.7/6
Firma: Infogrames
Jahr: 1989
Genre: Strategie, Action
Thema: Umsetzung eines anderen Mediums / Cartoon & Comic / Kämpfen / Historisch / Humor / Multiplayer / Krieg / Western
Sprache: Français, English, Deutsch, Castellano, Italiano
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 36775
Rezension von Mr Creosote, Herr M. (15.03.2014)
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[Mr Creosote] North & South war das erste Amigaspiel auf dieser Webseite. Das hatte auch seinen Grund: Für mich stand es immer sehr repräsentativ für eine Ära grafisch attraktiver und spielerisch relativ leichtgewichtiger, aber sehr spaßiger Spiele. Es war schon immer einer meiner Favoriten gewesen, wenn es darum ging, mit Freunden schnell mal eine halbe Stunde totzuschlagen. Auch heute erinnert es immer noch an unschuldigere Zeiten…

Krieg als Lacherfolg?

[Herr M.] Stimmt, es waren unschuldige Zeiten, wo ein Bürgerkrieg schon mal als humoristisches Szenario herhalten konnte und man sich nicht allzu viele Gedanken darüber machen musste was es bedeutet wenn die eine oder die andere Seite gewinnt. Nein, North & South ist eher eine Parodie auf die ganzen Klischees und Mythen die man mit dem Sezessionskrieg verbinden mag.

[Mr Creosote] Zu Grunde liegt der Farce ein belgischer Comic, womit die Stimmung definiert sein sollte: Es darf zwischen dem ganzen Gemetzel gelacht werden, denn es handelt sich um eine Cartoonversion des Krieges.

[Herr M.] Wobei sich das Gemetzel eben durch den doch sehr harmlosen Grad der Gewalt stark in Grenzen hält. Die Soldaten fallen (ganz im Sinne der USK) völlig blutleer um und das grausamste was man zu Gesicht bekommt, ist da schon der Niederlage-Bildschirm auf der Verliererseite, wo es dann doch ein paar tote Soldaten zu sehen gibt. Nachdem auch keine hohen geistigen Ansprüche gestellt werden und das ganze ohne politische Propaganda auskommt, ist es ganz klar, dass hier der Spaß im Mittelpunkt stehen soll.

[Mr Creosote] Wer kämpft, warum gekämpft wird – alles egal. „Gut“ und „böse“ gibt's nicht, dafür eher „dumm“ und „dümmer“, wenn man sich die Schießbudenfiguren, die die Befehlshaber darstellen sollen, mal anguckt.

Das Spiel als Spiegel seiner Zeit?

[Herr M.] Um diese nicht zu überfordern, hat das Spiel auch keinen allzu großen Tiefgang. Im Grunde teilt es sich in mehrere Mini-Spiele auf, die eng miteinander verzahnt sind, und von denen jedes innerhalb kürzester Zeit begriffen werden kann.

[Mr Creosote] Los geht's mit dem Hin- und Herschieben kleiner Armeesymbole auf einer schön gezeichneten Landkarte, die in Provinzen aufgeteilt ist. Wer in eine Provinz einzieht, übernimmt die Kontrolle über sie. Intuitiver geht's nicht.

[Herr M.] Und logischerweise erhält man, je nachdem wie viele Provinzen man unter seiner Kontrolle hat, mehr oder weniger Geld um neue Armeen aufzustellen. Dabei gilt es allerdings darauf zu achten, dass man auch bestimmte Staaten, nämlich jene mit Forts, unter seiner Kontrolle haben muss, damit das Geld transportiert werden kann.

[Mr Creosote] Was wohl, wenn man es doch mal auf spielerischer Ebene ernsthaft zu interpretieren versucht, die hohe Bedeutung der Logistik und Infrastruktur in diesem (historischen) Krieg hervorheben soll. Nicht zu Unrecht gilt der amerikanische Bürgerkrieg schließlich als einer der ersten industrialisiert-modernen der Geschichte. So verwundert es dann auch nicht, dass Erstürmungen der Forts and den Knotenpunkten der Bahnlinien sowie Überfälle auf die Züge selbst ebenfalls eine zentrale Rolle spielen.

[Herr M.] Zu diesen gibt es nämlich eigene Sequenzen, in denen man mit seinem Soldaten in bester Plattformer-Manier unter Zeitdruck von einem Ende des Forts/Zuges zum anderen laufen muss, während einem der Gegenspieler aufzuhalten versucht. Eine interessante Variante, wenn man bedenkt, dass man hier auch eine Schlachtszene erwarten hätte können.

[Mr Creosote] Wenn es dem Angreifer gelingt, seine Flagge zu hissen, fällt die Moral der Verteidiger nun mal unwiderbringlich in sich zusammen ;) Beim Zug ergibt es mehr Sinn, weil man da schließlich den Lokführer mit der Waffe zum Halten bringt, wenn man es zu ihm schafft. Etwas schade, dass sich die beiden Szenen so gleichen. Spaß macht's trotzdem!

[Herr M.] Das auf alle Fälle, und selbst wenn sich diese beiden gleichen, so sorgt es dennoch für ein wenig Abwechslung zu dem Hauptteil des Spiels: den Schlachten. Die sind natürlich auch relativ schlicht gehalten. Beide Parteien haben die drei gleichen Einheiten-Typen, von denen auch nur kleine Verbände auf dem Schlachtfeld sind.

[Mr Creosote] Kanonen, mit Säbeln bewaffnete Reiter und Fußsoldaten mit Gewehren gibt es da. Man schaltet zwischen diesen drei Verbänden hin und her und versucht, unter Zuhilfenahme der Besonderheiten des jeweiligen Schlachtfelds, die gegnerischen Soldaten bei möglichst geringen eigenen Verlusten in Actionmanier (mit einem Hauch Taktik) zu besiegen.

[Herr M.] Die entscheidenste Rolle bei der Taktik spielt dabei die Landschaft: Auf freien Felde ist es nur eine Frage, wer schneller bei den anderen Truppen ist. Ist jedoch ein Fluss oder eine Schlucht da, wird es schon um einiges interessanter. Mit der Kanone kann man die stets vorhandene Brücke einschießen, womit nur mehr ein schmaler Steig bzw. eine Furt zum Vordringen bleibt. Wie geht man nun also vor: Lieber zuerst die Brücke zum Einsturz bringen? Oder schauen, dass man mit seiner Kavallerie noch rasch darüber kommt?

[Mr Creosote] In diesen Landschaften spielen auch die Unterschiede zwischen den Einheitentypen eine viel größere Rolle. Soldaten, die versuchen, beispielsweise die Furt zu überqueren, sind leichte Beute für Kanonen. Jene müssen sich im Gegenzug vor schneller Kavallerie in Acht nehmen. Ein einfaches, aber effektives Stein-Schere-Papier-Konzept.

Tödliche Gegnerschaft?

[Herr M.] Ja, an und für sich ist es ein recht einfaches Konzept, dass auch eine Menge Spaß macht. Nur die KI ist dennoch ein wenig davon überfordert. Am besten weiß sie noch mit der Kanone umzugehen (weil sie Computer-typisch die genauen Distanzen zum Zielen weiß), aber bei den anderen Einheiten schaut das mehr nach Kamikaze aus.

[Mr Creosote] Sinnloser Kamikaze. Gibt es einen Fluss oder eine Schlucht, kann man die Schlacht gegen einen Computergegner eigentlich gar nicht verlieren: Stellt man seine eigenen Soldaten nah genug an den Abgrund/das Ufer, laufen die Gegner direkt rein und stürzen in den Tod! Die Wegfindungsroutine ist anscheinend nie richtig getestet worden.

[Herr M.] Frei nach dem Motto „Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn“ schafft sie es dann doch die ein oder andere Einheit zu überwältigen (oder eine Schlacht zu gewinnen), oft liegt das aber eher daran, dass man von einem kurzen klaren Moment des Gegners überrascht war.

[Mr Creosote] Da muss dann aber schon sehr viel Pech im Spiel sein. Die Qualitätskontrolle hat in diesem Fall meines Erachtens auf ganzer Linie versagt – was uns dann wohl zum Zweispielermodus bringt.

[Herr M.] Der sieht tatsächlich ganz anders aus. Zumindest wird dort noch ein wenig klarer, warum die KI so schlecht ist. Eine pure Angriffstaktik führt fast immer zur Niederlage.

[Mr Creosote] Na ja, anders sieht er natürlich nicht aus. Es sind ganz genau die gleichen Spielelemente. Nur spielen sie sich plötzlich sehr anders. Insbesondere die Schlachten sind doch sehr viel taktischer, da sie plötzlich viel mehr bedeuten.

[Herr M.] Man merkt es deutlich, wenn die gegnerischen Armeen plötzlich unvorhersehbarer agieren und Schlachten, in denen es bis zu dem letzten Mann geht, sind wesentlich häufiger. Was diese eben auch viel spannender macht, da es schon ein ganz anderes Gefühl ist, mit seinen letzten Schützen auf jenen der Gegenseite zuzuhalten und zu hoffen, dass man die Schlacht (in einem Phyrrussieg) noch gewinnt.

[Mr Creosote] Ob es sich als Phyrrussieg herausstellen wird, kann man dann aber natürlich erst ein paar Runden später auf der strategischen Ebene wissen. Erstmal ist es immer ein ungemein befriedigendes Gefühl, eine Schlacht gegen einen menschlichen Gegner gewonnen zu haben – natürlich ganz besonders, wenn jener zahlenmäßig überlegen angetreten war.

[Herr M.] Wenn es diesen Kämpfen gegen einen menschlichen Mitspieler etwas anzukreiden gibt, dann ist es dass sich der Mangel an Optionen doch ein wenig bemerkbar machen kann. Wenn beispielsweise nur mehr eine schmale Furt zu überqueren ist und die Armeen auf den jeweils gegenüberliegenden Seiten sind. Die Furt zu Überqueren ist an und für sich schon ein Garant für den Verlust von Truppen. Wenn man dann noch von der anderen Seite beschossen wird, ist es so gut wie unmöglich, zum Feind vorzudringen. Es kommt also mitunter zu Pattsituationen, wo der Rückzug die einzig logische Konsequenz wäre.

[Mr Creosote] Der ja aber technisch möglich ist. Es bedeutet dann eben, dass es dem Angreifer nicht gelungen ist, die Provinz zu übernehmen, wenn er selbst auch nicht vernichtend geschlagen wurde.

[Herr M.] Ja, es ist theoretisch möglich… Aber wer zieht sich zuerst zurück? Letzten Endes ist es ganz nüchtern betrachtet eine Frage der Nervenstärke, was einem sonst eher actiongeladenen Spiel ein wenig den Wind aus dem Segel nehmen würde, wenn man es wirklich aussitzt.

[Mr Creosote] Stimmt, aber es ist damit gar nicht mal so unrealistisch, oder? Blinde, ungeduldige Sturmangriffe enden meist in der Niederlage. Zugegeben, zu erfahren und taktisch gewieft dürfen sich die Kontrahenten nicht anstellen, sonst passiert auch schnell gar nichts mehr. Wobei man andererseits schon den Killerinstinkt mitbringen sollte, auf strategischer Ebene (auf der Landkarte) sich bietende Chancen gnadenlos zu nutzen: Offene Flanken laden zum Einfall in das Hinterland des Gegners ein, wo man dann beispielsweise recht schnell dessen Nachschubwege unterbrechen kann.

Kriegsentscheidende Ereignisse?

[Herr M.] Außerdem sollte man bestimmte Provinzen, die doch von sehr hoher strategischer Bedeutung sind, nicht aus den Augen verlieren. Eine an der Ostküste beispielsweise liefert automatisch in regelmäßigen Abständen neue Truppen. Und bestimmte Eisenbahnknoten, nämlich solche die Verbindungen zu mehreren anderen Knoten haben, sind nicht zu unterschätzen.

[Mr Creosote] Wobei der Westen, wo sich immerhin drei der insgesamt fünf Forts befinden, anderweitig ein gefährliches Pflaster ist: Hier kann es zu Indianerangriffen kommen. Wie der erwähnte europäische Nachschub ein kleines Zufallselement, das ordentlich Schwung in eine scheinbar festgefahrene Kriegssituation bringen kann.

[Herr M.] Und dann gibt es da noch das Unwetter, das Truppen am ziehen hindert und damit schon zu Beginn zu einer völlig anderen Ausgangslage führen kann. Man kann diese Elemente zwar abschalten, aber damit geht ein wenig Abwechslung verloren und das Spiel wird ein wenig zu vorhersehbar.

Sieg oder Niederlage?

[Mr Creosote] Damit haben wir dann aber auch, denke ich, wirklich sämtliche Spielelemente im Detail beackert. Soll heißen: Ein besonders tiefgründiges Spiel ist es natürlich nicht, und auch die Abwechslung ist jetzt nicht riesig.

[Herr M.] Was aber für ein kurzweiliges Spiel, das man immer wieder mal gerne hervorholt, um sich ein paar Schlachten zu liefern, vielleicht auch nicht wirklich notwendig ist. Besser ein paar sehr gut umgesetzte Elemente, als ein Riesenrepertoire an unsinnigen Extras.

[Mr Creosote] Eben, damit kommen wir zurück zu dem, was ich eingangs sagte: Es ist ein spaßiges Spiel, das sich selbst nicht allzu ernst nimmt, intuitiv und in kürzester Zeit erlernt werden kann und bei dem keine Partie länger dauert, als eben die magische halbe Stunde. Das heißt: ideal für Multiplayervergnügen ohne Vorbereitungszeit!

[Herr M.] Stimmt, dem kann ich eigentlich nicht viel mehr hinzufügen, außer dass auch der Einzelspielermodus, trotz (oder gerade wegen) des dummen Computergegners, durchaus empfehlenswert ist.

[Mr Creosote] Man kann's auch so mal spielen, stimmt. Aber so richtig ergibt es alles erst Sinn, wenn man zu zweit vorm Fernseher sitzt.

[Herr M.] Ganz wie sich das für einen Cartoon gehört!

Kommentare (4) [Kommentar schreiben]

AKK:
das spiel war der BOSS
MatBi:
sehr gutes spiel
[Antworten]

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