History Line 1914-1918
für PC (DOS)

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Mr Creosote:Besucherwertung:
4.7/6
Firma: Blue Byte
Jahr: 1992
Genre: Strategie
Thema: Brettspiel / Historisch / Multiplayer / Krieg
Sprache: Deutsch
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 51665
Rezension von Mr Creosote (24.04.2021)
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Battle Isle war zumindest in Deutschland eingeschlagen wie eine Bombe und bereits mit zwei Erweiterungen bedacht. Was lag da näher, als funktionierendes Konzept und Technik auf ein anderes Szenario zu übertragen und so weiter zu vermarkten? Also statt Science Fiction zurück in eine historische Epoche? Der Zweite Weltkrieg ist ein zu heißes Eisen für eine deutsche Firma. Also stellen wir die Zeitmaschine etwas weiter ein, bis hin zum Ersten.

Dieser war kriegsstrategisch primär durch drei Dinge geprägt: Grabenkrieg, Giftgas und das erste Aufkommen neuer Waffengattungen wie Flugzeuge, Panzer und U-Boote. Giftgas, igitt, bloß nicht die Finger verbrennen! Und ersterer? Ewiger statischer Stillstand, blutigster Kampf um wenige Meter? Verheißt ebenfalls nicht unbedingt große Käuferscharen.

Bleiben der technische Fortschritt im Kriegsverlauf. Dieser bringt tatsächlich einige Abwechslung in History Line 1914-1918. Drehen sich die Eingangsschlachten praktisch ausschließlich um Infanterie, Kavallerie und Artillerie, mischen Jagdflieger und frühe Bomber bald das Geschehen auf. Auf Seiten der Entente kommen kurz darauf auch Panzer hinzu. Diese Aspekte werden gegenüber der Realität stärker hervorgehoben, was der Abwechslung spielerisch gut tut.

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Panzer unter Artilleriefeuer

Insbesondere gliedern sich die Szenarien dadurch in verschiedene Phasen durch die unterschiedliche Geschwindigkeit der Neuentwicklungen beider Seiten. Während die Mittelmächte lange mit ihren Fokkers die Luftüberlegenheit haben, können sie am Boden den neuartigen Tanks nur ihre dicke Artillerie entgegensetzen.

Gerade bei jener Artillerie punktet wiederum das bewährte Battle-Isle-Phasensystem. Da man immer abwechselnd mit Bewegung und Angriff dran ist, die schweren Kanonen aber jeweils eine zusätzliche Runde brauchen sich bereitzumachen zum Feuern, ist das Vorausdenken hier sogar noch wichtiger. Schließlich will man die richtigen Einschläge zur richtigen Zeit am richtigen Ort platzieren und nicht etwa unnötig bereits entflohene oder zerstörte Gegner mit weiteren Kugeln eindecken.

Solch taktische Besonderheiten sind allerdings auch notwendig, da man den Krieg bei Blue Byte wirklich wie ein rohes Ei behandelte. Historische Schlachten an wirklichen Schauplätzen dürfen nicht nachgespielt werden. Stattdessen steht man sich auf anonymen Schlachtfeldern gegenüber, auf denen, so betont das dicke Handbuch, das Gesamtglück des Krieges nicht verändert werden wird. Ob man also gewinnt oder verliert, die schön ausgewählten und aufbereiteten Zeitungsartikel nach Schlachtende berichten davon nicht, sondern zeichnen den historischen Verlauf deterministisch nach. Angesichts der Indizierung Panzer Generals (das die Änderung der Geschichte erlaubte) kurz darauf wohl eine kluge Entscheidung.

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Neuigkeiten aus der Welt

Doch zurück zum Handbuch: Überhaupt steckt einige Produktionsqualität im Drumherum von History Line. Archivarische Fotos zeigen die Einheiten sowohl im Spiel, als auch im zusätzlichen „Waffenbuch“, das alle relevanten technischen Daten zusammenfasst. Die Zeitungsartikel behandeln nicht nur die groben Verschiebungen der Frontlinien, sondern auch schöne kleine Details wie Sportergebnisse.

Im spielerischen Kern bleiben die meisten bekannten Schwächen des Systems jedoch vorhanden. Insbesondere ist eine künstliche Intelligenz weiterhin in nennenswertem Umfang faktisch nicht vorhanden. Der Gegner greift frontal an, ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Geschwindigkeiten seiner Einheiten, so dass nicht einmal eine konzertierte Offensive daraus wird. Trotz rundenweise anwachsendem Ressourcenkonto tätigt er unsinnige Anschaffungen. Pro Szenario augenscheinlich hardcodiert bleiben jeweils ein paar Einheiten zum Schutz des Hauptquartiers zurück. Doch Gefahr für den menschlichen Spieler entsteht ausschließlich durch die zahlenmäßig überlegene Ausgangsstellung des Feindes. Vielsagend, dass bei Wechsel der Seite zwar Karten, nicht aber eben jene Aufstellungen wiederverwendet werden, denn im fair ausgewogenen Duell hätte die Computerseite niemals auch nur den Hauch einer Chance.

Überhaupt machen die meisten Missionen weniger den Eindruck eines taktischen Kriegs-, sondern einer Knobelspiels. Zwar bewegt man virtuelle Figuren, die Militäreinheiten repräsentieren, umher, doch der Schlüssel zum militärischen Sieg liegt in der in der Anfangsphase zwingend notwendigen effizienten Bewegung. Dies zu planen gibt es meist genau eine „korrekte“ Variante, die von den Entwicklern augenscheinlich so vorgeplant war, wie an exakt abgezählten initialen Entfernungen ablesbar. Erkennt man den intendierten Plan und führt ihn aus, gewinnt man recht zuverlässig.

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Immerhin ein paar Schützengräben

Da ein Stellungskrieg unter Beteiligung dieser künstlichen Intelligenz also gar nicht abbildbar ist, werden einige Spieloptionen geradezu unsinnig. Es existiert eine Einheit zum Errichten neuer Depots, wo dann Reparaturen vorgenommen werden könnten. Ebenso gibt es Pioniere, die Schützengräben ausheben. Doch die Frontlinie bleibt niemals lange genug in der gleichen Position, dass sich eines davon bis auf einzelne Ausnahmen lohnen würde.

Theoretisch unsichtbare Einheiten wie U-Boote sind im Spielsystem ebenfalls nicht wirklich sinnvoll einsetzbar. Erstens verrät der Splitscreen ihre Position ohnehin, doch selbst wenn man sich beherrscht, nicht rüberlugt und auch nichts in den Augenwinkeln unwillentlich mitbekommt, so sieht man spätestens bei Bewegung der eigenen Schiffe, welche Felder nicht zugänglich sind. Hmm… da wird also wohl etwas sein, was? Dazu kommt die zwar einigermaßen effiziente, aber doch recht archaische Joystick-/Tastatussteuerung, die Ende 1992 auch nicht mehr zeitgemäß war.

Insofern muss man wohl eingestehen, dass Battle Isle 2 aus gutem Grund bereits im folgenden Jahr ein grundüberholtes Spielsystem zu Grunde lag. Dass History Line auf der neuen Basis nicht mehr fortgeführt wurde, ist trotzdem schade. Auch jenseits des ausgetretenen 2. Weltkriegs hätte es da doch noch viel mehr Potential gegeben. Denn schließlich sind die persönlichen thematischen Präferenzen der Zielgruppe doch vielfältig.

Archivierte Rezension(en) ↓

Rezension von Mr Creosote (08.04.2000)
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Dies sollte wohl mal der Auftakt zu einer Serie historischer Spiele auf Grundlage der Battle Isle-Engine werden. Zumindest deutet der Untertitel „1914-1918“ darauf hin. Da es zu Fortsetzungen nie gekommen ist, geriet History Line als Überbrückungsveröffentlichung zwischen Battle Isle 1 und 2 relativ schnell in Vergessenheit. Zu Unrecht, wie ich finde. Schließlich ist es doch durch seine Besonderheiten ein eigenständiges (gutes) Spiel.

Die Besonderheit der Engine ist es, dass das Spiel ganz auf das Spielen zu zweit an einem Computer ausgelegt ist. Das geschieht durch einen vertikal geteilten Splitscreen. Jeder der beiden Spieler hat also seine Seite, auf der er agieren kann. Das wäre aber vollkommen sinnlos, wenn man trotzdem nacheinander ziehen müsste. Deshalb ist das Spiel in Bewegungs- und Angriffsmodus aufgeteilt. Die Spieler befinden sich jeweils in verschiedenen Modi. Während einer also seine Einheiten gruppiert und Nachschub heranführt, gibt der andere Angriffsbefehle und produziert neues Material. Im Idealfall (d.h. wenn beide Spieler gleich schnell sind) gibt es also keinen Leerlauf.

Die Einheiten sind entsprechend der Zeit gemacht, und es gibt neben Bodeneinheiten, auf denen der Schwerpunkt liegt, auch Flugzeuge und manchmal auch Schiffe. Von Mission zu Mission werden neue, leistungsfähigere Kriegsmaschinen entwickelt. Dabei haben die beiden Parteien (Deutschland und Frankreich) bis auf den Grundstock verschiedene, historisch halbwegs korrekte Einheiten.

Man gewinnt eine der (fiktiven) Schlachten entweder durch vollständige Vernichtung des Gegners oder Einnahme seines Hauptquariers. Neben diesem gibt es an Gebäuden noch Depots (Einheiten reparieren) und Fabriken (produzieren). Das man wirklich dadurch gewinnt, dass man das gegnerische Hauptquartier einnimmt, während der Gesamtkampf noch unentschieden oder sogar schlecht steht, kommt aber relativ selten vor.

Ein klarer Schwachpunkt ist die KI. Der Computer verlässt sich einzig und allein auf den unkoordinierten Frontalangriff. Dieser Nachteil soll durch Massenüberlegenheit ausgeglichen werden, was aber nur für eine spannende Anfangsphase sorgt. Wenn man erstmal Verteidigungsstellungen aufgebaut und die Einheiten an Erfahrung gewonnen haben, ist der Sieg über den Computer nur noch eine Frage der Zeit. Immerhin ist es im Vergleich zu Battle Isle aber ein Fortschritt, dass der Computer nicht mehr ausschließlich Straßen benutzt.
Das bestätigt nochmals, dass es sich bei History Line um ein Zweispieler-Spiel handelt. Wenn man also öfters mal einen menschlichen Gegner zur Hand hat, kann man hier ganz ohne Netzwerk viel Spaß haben. Alleine ist es zwar auch motivierend, aber eben zu einfach.

Kommentare (4) [Kommentar schreiben]

Bongert:
Danke *wie ein kleines kind freu*
Bongert:

Das spiel ist hamma ?
ich habs mal mit 6 sgespielt aber nichts verstanden
mit 10 hab ichs nochmal ausgepackt und nochmal versucht und gespielt bis ich umgefallen bin =)

leider hab ich es nichtmehr =(
wäre toll wenn es hier zum download stehen würde =)

Chris:

"Der mit der dicken Artillerie is klar im Vorteil.."
wer dieses Spiel gespielt hat weiss was Stellungskrieg bedeutet :-)

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