Stimmung. Jedes mediale Werk versucht eine solche zu kommunizieren. Auch wenn sie größtenteils subjektiv ist, bin ich der Ansicht, dass die Stimmung, oder auch die Botschaft, die einem ein Werk vermittelt wird, ganz primär das Gesamturteil beeinflusst, dass man sich schließlich darüber machen wird. Leser, die sich das zu Herzen nehmen, wissen nun bereits genau, was die Basis der folgenden Rezension sein wird.
Ich glaube, dass es dieses Spiel war, das mein Interesse an dem Mann mit dem Hut und der Pfeife begründet hat. Und obwohl es in mancherlei Hinsicht nicht den Vorlagen entspricht, so ist es doch offensichtlich, dass in vielen Details und Sachverhalten doch die Bücher zum Vorbild genommen wurden: Irgendjemand in der Designabteilung von EA war bestimmt ein Holmes-Fan. Als das Intro vorüber war und es in die das Wohnzimmer in der Baker Street ging, war ich völlig in diese Welt eingetaucht. Warum? Wegen der STIMMUNG.
Eine Tragödie liegt von Anfang bis Ende in der Luft, selbst wenn es letztenendes gar nicht so tragisch ausgeht, wie es erstmal scheint. Auch gibt es ein Gefühl der nostalgischen (und dadurch absoluten) Akzeptanz der Dinge, die da in Bewegung sind und vielleicht gar nicht aufgehalten werden können. Und dass das alles so wirkt, liegt wie üblich an der Musik.
Man hört hier einige der schönsten Musik, die es jemals in einem Computerspiel gab. Die wunderbar melodische Komposition lässt einen vergessen, dass man tatsächlich nur einem MIDI-Stück zuhört, und man wünscht sich regelrecht, dass ein Kammerorchester eines Tages mal ein Konzert mit diesem Material geben könnte. Das melancholische, fast schon klassische, Hauptthema taucht in unterschiedlichen Stimmungslagen im Spiel immer wieder auf: Gespielt mit einer Geige in Holmes' Wohnung, also seinem eigenen Lieblingsinstrument; in einem Staccato-Tonfall auf der Straße und aufwühlend in den Actionszenen. Jede Ortschaft und jedes Ereignis bekommt sein eigenes musikalisches Thema, ganz wie beim iMUSE-System, wodurch ein cineastischer Eindruck entstehen soll. So wie das häufig, und willkommenermaßen, in den Grafikadventures der frühen 90er Jahre gehandhabt wurde.
Die Grafiken sind hübsch, aber die Animationen könnten ein wenig besser sein. Sie sind auf zweierlei Weise eigenartig: Die Benutzung von Licht und Schatten ist fantastisch, insbesondere bei der Belichtung des viktorianischen London haben die Designer hervorragende Arbeit geleistet, und auch die Hintergründe und Objekte machen aufgrund der verwendeten Farbpalette einen schimmernden Eindruck. Dadurch entsteht der Eindruck, dass über allen Szenen ein Nebel liegt, selbst in den Innenräumen. Ob das nun Absicht war, oder nicht, wie üblich werden einige Leute das mögen, aber andere auch wiederum nicht.
Schon allein wegen der visuellen und auralen Erfahrung empfehle ich „The Lost Files of Sherlock Holmes“. Die Geschichte, Szenerie und die Dialoge gefielen mir ebenfalls, aber ich habe eine übersetzte Version gespielt, so dass ich mal vergleichen müsste, wie die Originaldialoge sind. Natürlich bin ich voreingenommen, da dies eines meiner ersten Grafikadventures überhaupt sowie mein Einstieg in das Holmes-Universum war. Übrigens, wusstet ihr, dass es eine CD-ROM-Version dieses Spiels (ich glaube auf dem 3DO) gibt, die sogar ein paar kleine Filmszenen mit echten Schauspielern für die Dialogszenen beinhaltet? Ich habe diese Fassung noch nicht gespielt, und so kann ich über die schauspielerischen Qualitäten jedoch nichts sagen.
Übersetzt von Mr Creosote
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