Anno 1602: Erschaffung einer neuen Welt
für PC (Windows)

anno1602-box.jpg
Tapuak:Mr Creosote:Gesamt:
3.5/6
Besucherwertung:
5.3/6
Weitere Titel: 1602 A.D. , Anno 1602: Creation of a New World
Firma: Max Design / Sunflowers
Jahr: 1998
Genre: Strategie
Thema: Geschäftswelt / Multiplayer / Schifffahrt / Piraten / Politik / Krieg
Sprache: Deutsch
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 67421
Rezension von Mr Creosote, Tapuak (24.05.2005)
Avatar Avatar

[Tapuak] Anno 1602 ist eine klassische Aufbausimulation. In einer kleinen Inselwelt gründet man eine Siedlung, die man weiter ausbaut, indem man Wohnraum zur Verfügung stellt und die Bewohner mit allen Gütern versorgt, die sie benötigen. Im Missionsmodus muss man jeweils einzelne Aufgaben erfüllen, während es im Endlosspiel letztendlich das Ziel ist, alle Konkurrenten aus den umliegenden Städten auszuschalten und die Alleinherrschaft in dem Inselreich zu erringen. Zuerst sucht man sich eine geeignete Insel aus, auf der man seine erste Siedlung gründet. Von Anfang an muss man die Bewohner mit grundlegenden Waren versorgen.

Wirtschaft

[Mr Creosote] Dabei ist allerdings keine Insel perfekt. Auf keiner lässt sich eine vollkommen autarke Wirtschaft aufbauen, an irgendwas fehlt es immer.

[Tapuak] Alle Inseln sind fruchtbar für drei spezielle Rohstoffe (plus evtl. Erz und Gold). Einige lassen sich aber auf allen Inseln anbauen: Nahrung, Holz und Wolle.

[Mr Creosote] Und rein zufällig sind das die drei „Rohstoffe“, die man für die ersten paar Entwicklungsschritte braucht: Holz zum Bauen, Nahrung zum Überleben, und Wolle ist das erste „Luxusgut“, nach dem die Bürger verlangen.

[Tapuak] Aus der Wolle wird Stoff hergestellt. Wenn die Bewohner damit versorgt werden, steigen sie in eine höhere Klasse auf. Dadurch verändern sich auch ihre Bedürfnisse. Jetzt muss man dafür sorgen, dass man an auch diese zusätzlichen Waren herankommt.

anno160209.png

[Mr Creosote] Es wird grundsätzlich unterschieden zwischen Gebäuden, die Rohstoffe an- oder abbauen, und denen mit weiterverarbeitenden Funktionen. Bei Stoff wären das also z.B. die Schaffarmen, die Webstuben mit Wolle versorgen. Gebäude, die etwas produzieren, müssen aber zumindest an ein Wegenetz angeschlossen werden, so dass die Waren mit Handkarren zu diesem Kontor (oder einem Marktplatz) gebracht werden können. Abgesehen vom Bau dieses Wegenetzes hat man allerdings wirklich nichts mit der inselinternen Logistik zu tun.

[Tapuak] Andere Rohstoffe müssen nicht mehr weiterverarbeitet werden: Gewürze und Kakao. Um den Vertrieb der Waren muss man sich nicht weiter kümmern. Sobald man sie im Kontor einer Insel vorhanden sind, werden sie automatisch an die Bewohner verteilt.

[Mr Creosote] Die Abfolge, in der diese Bedürfnisse auftreten, ist zwar festgelegt, aber beim ersten Einstieg ins Spiel völlig unvorhersehbar. Bei mir hat das schon die erste große Frustration ausgelöst beim ersten Spielen, als ich feststellen musste, dass gerade DAS nächste begehrte Gut (Alkohol), auf „meiner“ Insel weder über Zuckerplantagen, noch über Weinreben anzubauen war.

[Tapuak] An diesem Punkt muss man die geforderten Waren entweder von Konkurrenten oder freien Händlern importieren oder eine zweite Siedlung auf einer Insel gründen, auf der die entsprechenden Rohstoffe angebaut werden können.

[Mr Creosote] Der Sinn des „Aufsteigens“ der Bewohner in höhere Klassen ist sehr handfest: höhere Bevölkerungsdichte, und damit größere Gesamtbevölkerung. Wenn bestimmte Bevölkerungsgrenzen überschritten werden, kommen weitere Bauoptionen hinzu, die dann auch wiederum für weiteren Wachstum meist benötigt werden.

[Tapuak] Und mehr Bewohner bedeuten auch mehr Steuereinnahmen. Durch sie muss man fast alles finanzieren. Nur durch den Export von überschüssigen Waren kann man sich noch etwas dazuverdienen. Damit die Bürger tatsächlich in eine höhere Klasse aufsteigen, muss man sich allerdings nicht nur um die Waren kümmern. Zusätzlich muss man noch öffentliche Einrichtungen wie Kirchen, Schulen und Ärzte bereitstellen.

[Mr Creosote] Solche Gebäude haben jeweils ein „Einflussgebiet“. Nur für Wohngebäude in diesem gilt das öffentliche Gebäude als errichtet, so dass man von manchen durchaus mehrere pro Insel bauen muss.

[Tapuak] Und das hat zur Folge, dass nicht sofort alle Bewohner aufsteigen, wenn ein gefordertes Gut auf der Insel vorhanden ist. Wenn tatsächlich alle Kriterien für den Aufstieg erfüllt sind, muss noch genügend Baumaterial (Holz, Werkzeug, Steine) vorhanden sein. Sobald viele Bewohner in die höheren Schichten wie Kaufleute und Aristokraten aufgestiegen sind, wird es natürlich immer komplizierter, die Versorgung mit allen Gütern sicherzustellen. Man muss deswegen aufpassen, dass die Konkurrenten einem nicht alle Inseln wegschnappen, auf denen ein bestimmter Rohstoff angebaut werden kann. Außerdem muss man zusätzliche Schiffe bauen und Transportrouten einrichten, um die Güter in die Stadt zu liefern.

[Mr Creosote] Ich will es mal provokant formulieren: Was sich in der Beschreibung ganz gut durchdacht anhört, ist leider ein einziges Chaos.

[Tapuak] Nur, wenn du eine schlechte Wirtschaftspolitik betreibst und es zulässt. ;)

[Mr Creosote] Ich will das mal etwas spezifizieren: Manche Gebäude müssen ans Wegenetz anschlossen werden, damit ihre Waren abtransportiert werden. Bei anderen ist es dagegen so, dass ein zugehöriger, weiterverarbeitender Betrieb im direkten Umfeld, aber ohne Wegeverbindung nötig ist. Bei ersterer Art ist es dagegen egal, wie weit die „Fabriken“ entfernt sind. Ein Muster gibt es dabei nicht, die Zuteilung ist völlig zufällig.

[Tapuak] Welche Betriebe meinst du damit? Das ist mir nie aufgefallen, weil ich immer alle ans Wegenetz angeschlossen habe.

[Mr Creosote] Im (sehr dürftigen) Tutorial wird einem eingebläut, Schaffarmen müssten im Einflussbereich einer Weberei liegen, damit die Schäfer ihre Wolle dorthinbringen. Einen Weg braucht man nicht. Bei Korn, das ja genauso noch weiterverarbeitet werden muss, ist das allerdings anders: Mühlen können noch so weit weg stehen, sie bekommen das Korn. Aber die Farm muss ans Wegenetz.

[Tapuak] Ich glaube, es ist so, dass z.B. die Wolle von einer Schaffarm zunächst zum nächsten Marktplatz gebracht wird, und damit ist sie im Gesamtlagerbestand der Stadt und auf der ganzen Insel verfügbar.

[Mr Creosote] Das mag eine Alternative sein, doch trotz allem bleibt es so, dass es manchmal von Vorteil ist, eine Wegverbindung zur Farm wegzulassen (mehr Weide-/Anbaufläche), und der Transport trotzdem funktioniert. Manchmal aber wiederum nicht. Und das irritiert extrem.

[Tapuak] Wenn das so ist, hast du natürlich Recht, dass das ziemlich zufällig ist und logisch nicht nachvollziehbar. Ich finde aber, dass man sich auf diese Gegebenheit leicht einstellen kann und es keine Probleme im Spiel verursacht. Ich habe es nicht einmal bemerkt. Viel wichtiger finde ich, dass das Wirtschaftssystem insgesamt funktioniert - wenn man es geschickt anstellt.

[Mr Creosote] Ansonsten ist die Wirtschaft, um es neutral zu formulieren, sehr übersichtlich gehalten. Alles ist völlig linear aufgebaut: Rohstoff wird zu Fertigprodukt, und das war's (bis auf ein oder zwei Ausnahmen) im Prinzip. Es gibt keinerlei Quervernetzungen, bei denen Zwischenprodukte für etwas anderes wieder vorausgesetzt werden usw.

[Tapuak] Natürlich ist die Wirtschaft sehr vereinfacht, aber gerade das gefällt mir. Um den internen Vertrieb muss man sich ja auch nicht kümmern. Es wäre natürlich noch besser, wenn die Komplexität der Wirtschaft einstellbar wäre. Gut gefällt mir auch, dass die Bedürfnisse der Bewohner stark schematisiert sind. Je nach Klasse brauchen sie die gleichen Güter. Das erhöht die Übersichtlichkeit und Planbarkeit enorm.

[Mr Creosote] Ein vereinfachtes Modell ist sicherlich nicht grundsätzlich schlecht, aber das ist mir dann doch etwas zu schlicht. Es fehlen auch Einflussmöglichkeiten, z.B. dabei, wofür die Waren primär benutzt werden sollen, wenn es denn Auswahl gibt. Gibt es z.B. eine Möglichkeit einzustellen, ob Eisen eher für Schwerter oder Kanonen genutzt werden soll, oder ist das tatsächlich rein zufällig?

[Tapuak] Das wäre wirklich eine Verbesserung. Ich behelfe mich damit, manche Produktionsstätten zeitweise außer Betrieb zu setzen. Leider kann man auch den Verbrauch von bestimmten Waren nicht beschränken, um etwa bestimmte Waren für den Export übrig zu haben. Etwas mehr Feineinstellungen hätten da schon gut getan.

[Mr Creosote] Was mir auch sehr fehlt ist ein wenig mehr Einfluss auf das Transportwesen. Zwischen den Inseln ist das mit den Handelsrouten der Schiffe sehr gut gelöst, da haben die sich wirklich Mühe gegeben. Auf den einzelnen Inseln ist es dagegen völlig untransparent und automatisch. Wenn etwas nicht funktioniert (also z.B. ganz lange niemals etwas aus einem Gebäude abtransportiert wird), ist es kaum ersichtlich, woran das liegt, und man kann auch praktisch nichts dagegen machen. Genau dieser Punkt ist beispielsweise bei Die Siedler deutlich besser gelöst, wo ja gerade der Aufbau effizienter Transportwege einer der zentralen Erfolgsgaranten ist.

[Tapuak] Bei mir ist der Fall, dass nichts abtransportiert wurde, eigentlich nur vorgekommen, als die Lager der Stadt komplett gefüllt waren. Man kann auch noch zusätzlich Karrenscheiber einsetzen, die die Waren einer Produktionsstätte abholen. Wobei ich das nie benutzt habe. Generell kann man dem vorbeugen, indem man genügend Marktplätze in der Nähe der Produktionsstätten baut. Dorthin werden die Waren gebracht.

anno160204.png

[Mr Creosote] Gerade in der Anfangszeit kam es bei mir immer wieder vor, dass ich aufgrund von Holzmangel nicht mehr bauen konnte, obwohl die Holzfällerhütten mit eben diesem Rohstoff sehr gut gefüllt waren. Kam nur keiner vorbei das abzuholen. Später ging das dann aus unerfindlichen Gründen, obwohl ich in der Ecke der Insel nichts geändert hatte.

Ich will aber nicht alles schlecht machen. Dass eben keine Insel wirklich autark sein kann, weil immer irgendwelche Rohstoffe fehlen, man also immer auf Im- und Export per Schiffen angewiesen ist, ist gut.

[Tapuak] Dieses Spielelement zwingt einen gewissermaßen zur Expansion. Und es ist auch ein gewisser Zeitdruck vorhanden, da auch die Mitspieler nicht untätig sind. Das gefällt mir sehr: Wenn die Gesamtbilanz einmal positiv ist, man also finanziellen Gewinn macht, kann man nicht einfach ewig zuschauen und warten, dass man Millionär wird. Durch die Konkurrenten wird man irgendwann gezwungen zu agieren.

[Mr Creosote] Auch, dass es sich (zumindest bei mir) letztendlich immer so herauskristallisiert, dass man mit der Zeit „Wohninseln“ immer mehr von reinen „Anbauinseln“ trennt, also nicht jede Insel im Endeffekt gleich bebaut ist, ist ganz nett.

[Tapuak] Genau das ist auch meine Taktik. Strikte Arbeitsteilung zahlt sich auf jeden Fall aus. Meistens ist es bei mir so, dass ich eine Haupstadt habe, in der alle Fäden zusammenlaufen. Auf meinen anderen Inseln betreibe ich Monokulturen und beliefere die Hauptstadt mit den Produkten.

Militär

[Tapuak] Dadurch ist die Hauptstadt natürlich völlig abhängig von einem funktionierenden Handelsnetz. Leider wird dieses manchmal von außen gestört, nämlich durch Piraten oder verfeindete Mitspieler.

[Mr Creosote] Als erstes möchte ich da anmerken, dass sich bei meiner Version des Spiels offensichtlich ein Bug eingeschlichen hat: Auf Schwierigkeitsgeraden, die mit „keine Piraten“ bezeichnet sind, kommen trotzdem welche ;)

[Tapuak] Mit Piraten muss man also immer rechnen. Dieses Spielelement finde ich persönlich eher störend. Die Piraten greifen einen wahllos an, was vor allem in der Anfangsphase nervt, weil man noch keine Kanonen bauen kann, um sich zu verteidigen.

[Mr Creosote] Ja, mich nerven die auch, wobei ich den Sinn dieses Spielelements schon sehe: Man wird dazu getrieben, auch den militärischen Bereich nicht aus den Augen zu lassen in der anfänglichen Expansion. Dass man allerdings einfach keine Kanonen bauen KANN anfänglich, ist schlicht und einfach eine Designschlamperei.

[Tapuak] Na gut, das wäre aber auch der einzige positive Effekt, den die Piraten bewirken. Das Interessante an den anderen Mitspielern ist ja gerade, dass sie sowohl Handelspartner als auch potentielle Feinde sind.

[Mr Creosote] Am Vorgehen der Computergegner gefällt mir grundsätzlich gut, dass sie nicht allzu aggressiv vorgehen. Sie sind zwar auf Expansion bedacht, aber doch primär auf friedliche, d.h. die Besiedlung noch freier Inseln. Sie legen es nicht sofort auf einen Krieg an, was mich bei solchen Spielen immer besonders nervt.

[Tapuak] Ja, ich hatte auch damit gerechnet, dass sie früher zuschlagen. Der Zwang irgendwann aufzurüsten ist also nicht so groß, dass man sofort alles in Waffen investieren muss, sobald es möglich ist. Es ist eher ein latenter Druck, aber keiner, der Anlass zu Panik gibt. Meistens bin ich letztlich derjenige, der den Krieg erklärt.

Es kann vorkommen, dass man an bestimmte Produkte nicht mehr herankommt, weil die einzige Rohstoffquelle dafür von einem Mitspieler genutzt wird. Ich denke da besonders an Gold, das sehr selten ist, aber zur Herstellung von Schmuck gebraucht wird. Wenn man in einer solchen Situation nicht auf den Import von anderen angewiesen sein will, muss man irgendwann zu den Waffen greifen.

[Mr Creosote] Ging mir genauso. Damit wird der Krieg auch eher eine Formsache zur Beendigung des Spiels als zentraler Inhalt, was sehr angenehm ist. Allzuviele Gedanken scheinen die Designer auch nicht an den Krieg verschwendet zu haben. Man belädt einfach seine Schiffe mit den vier Soldatengattungen, fährt zur gegnerischen Insel und landet dort. Dann geht die Prügelei los, und es gewinnt eh der, der aufgrund stärkerer Wirtschaft einfach mehr Masse aufbringen kann.

anno160205.png

[Tapuak] Die Wirtschaft gefällt mir auch besser als der Krieg. Aber auch der Angriff und die Verteidigung können ihren Reiz haben. Da der Krieg ja eher in einer späteren Phase des Spiels ausbricht, sind die Parteien meistens schon recht gut gerüstet. Die Computergegner bauen eigentlich immer recht früh Verteidigungsanlagen rund um ihre Inseln; deswegen ist es doch nicht so simpel. Ich schaffe es auch selten, ganze Inseln in einem Streich zu erobern. Meistens zieht es sich länger hin. Man muss deswegen auch Nachschub schicken: Man baut Kriegsschiffe um die Verteidigungsanlagen zu attackieren und die Truppen zur gegnerischen Insel zu transportieren. Das gefällt mir, weil man daher auch während des Krieges die Wirtschaft nicht aus den Augen verlieren darf.

[Mr Creosote] Was mich an den Kämpfen grundsätzlich stört, ist die extreme Unübersichtlichkeit. Sobald das Gewusel eigener und gegnerischer Soldaten losgeht, kann man kaum noch etwas gezielt tun.

[Tapuak] Das stimmt, besonders viel Taktik im Kampfgeschehen selbst gibt es nicht. Man muss sich eher um den Rahmen kümmern, sprich den Nachschub. Um tatsächlich eine Insel zu erobern, muss man alle Wachtürme, Marktplätze und das Kontor zerstören. Dadurch wird die Insel wieder freigegeben und man kann sie selbst besiedeln und für die eigenen Zwecke nutzen. Wenn ein Mitspieler alle seine Inseln verloren hat, scheidet er aus dem Spiel aus.

[Mr Creosote] Vielmehr gibt es zum Krieg eigentlich nicht zu sagen. Eher unspektakulär, was genrebedingt (abgesehen von den angesprochenen Details) angenehm auffällt.

Computergegner

[Mr Creosote] In einem Aspekt bin ich bei den Computergegnern sehr enttäuscht: Für sie gelten anscheinend nicht die selben Regeln wie für menschliche Spieler. Anders als mit Schummeln ist es nicht zu erklären, dass in computerkontrollierten Städten trotz sichtbaren Mangels diverser Produkte / Rohstoffe sehr gut ausgebaute Wohnhäuser gibt - sowas wäre bei Menschen nicht möglich.

[Tapuak] Ja, ich hatte auch manchmal das Gefühl, dass die Städte des Computers besser ausgebaut sind, als die Versorgung es eigentlich zulässt. Obwohl er manche Waren nicht selbst produziert, steigen seine Bewohner relativ schnell auf. Also müsste er alle Mangelwaren importieren, was aber auf Dauer sehr teuer ist.

[Mr Creosote] Ich habe teilweise isolierte Inseln gesehen, auf denen nur Woll- und Viehwirtschaft betrieben wurde, und trotzdem gab es dort Kaufleute in den Wohnhäusern. Soviel Geld kann niemand haben, dass er alle dafür notwendigen Luxusgüter importiert.

[Tapuak] Tja, um das Schummeln wirklich nachzuweisen, müsste man sich wohl den Code anschauen. Der Eindruck ist bei mir jedenfalls auch da. Obwohl das natürlich eine Notlösung ist, hat es den Vorteil, dass der Computergegner überhaupt eine Zeit lang mit den Menschen mithalten kann.

[Mr Creosote] Aber eben eine sehr traurige Methode für diesen Zweck. Sowas zu beobachten führt bei mir eher zu weiterem Frust, dass ich mich mit irgendwelchen Details rumärgern muss, während das für Konkurrenten nicht nötig zu sein scheint. Ist aber natürlich richtig, dass wir in der Hinsicht nichts beweisen können.

Bedienung

[Tapuak] Die Steuerung des Spiels erfordert etwas Eingewöhnung, klappt nach meiner Meinung ganz gut, sobald man sie gelernt hat. Es gibt aber einzelne Ausnahmen, auf die man intuitiv einfach nicht kommen kann.

[Mr Creosote] Ich fühle mich da ganz extrem an 1869 (von der selben Firma) erinnert: Irgendwelche Wirren Klick-/Tastenkombinationen, auf die man keinesfalls kommen kann. In den Trainingsmissionen wird die Steuerung nicht ernsthaft erklärt, und eine Menge Funktionen sind innerhalb des Spieles überhaupt nicht dokumentiert. Ich habe überhaupt nichts gegen Tastaturbefehle, die vielfach tatsächlich effizient sind, aber von einem Spiel dieses (relativ jungen) Alters erwarte ich doch, dass erstmal alles per Icons und Maus zu machen ist, und idealerweise dann per „Tooltipp“ bei den Icons auf alternative Tastaturkürzel aufmerksam gemacht wird.

[Tapuak] Na ja, eigentlich ist fast alles mausgesteuert. Grundlegend gilt die simple Regel: linke Taste zum aktivieren, rechte Taste zum deaktivieren. Das einzige richtig absurde Beispiel ist das Einladen von Truppen auf ein Schiff (Strg + Linke Maustaste).

anno160211.png

[Mr Creosote] Was ist denn z.B. mit dem Bestücken von Kriegsschiffen mit Kanonen? Erst muss man die in den Laderaum schaufeln, und dann nochmal von dort aus mehrere Klicks machen. Wie soll man denn bitte darauf kommen? Und selbst wenn man es weiß, ist es einfach nur unnötig umständlich. Siehe wiederum das Verschicken von Schiffen bei 1869, das ist ähnlich bescheuert.

[Tapuak] Man kann Kriegsschiffe auch als Handelsschiffe benutzen, was ich wegen den Piraten auch zeitweilig mache. Deswegen ist es richtig so, dass Kanonen erst in den Laderaum kommen, weil man sie manchmal auch tranportieren muss.

[Mr Creosote] Dass man sie AUCH in den Laderaum befördern kann, ist sicherlich nötig, aber diese Prozedur ist einfach krank. Da gibt es noch mehr Beispiele, und ich möchte nur noch ein letztes nennen: Einerseits gibt es diese verschiedenen Modi (Bauen, Kämpfen, Diplomatie), andererseits wechseln die sich auch bei Bedarf automatisch, wenn man z.B. auf Soldaten klickt. Warum dann überhaupt erst solche „Modi“ einführen? Das wirkt doch alles sehr zusammengestückelt und mit der heißen Nadel gestrickt.

[Tapuak] Okay, ich habe ja schon zugegeben, dass die Steuerung etwas gewöhnungsbedürtig ist. Sie ist nicht perfekt, aber mich hat sie im Spielverlauf nicht behindert. Sie ist zumindest so effizient, dass sie eine Konzentration auf das eigentliche Spielgeschehen zulässt. Wegen der Steuerung musste ich ein einziges Mal ins Handbuch gucken (in dem erwähnten Fall), womit ich sehr gut leben kann.

Spielmodi / Beschränkungen

[Tapuak] Von den Spielmodi gefällt mir das Endlosspiel besser als die Missionen. Das Endlosspiel bietet des größeren Freiraum und erfordert es, langfristig zu planen, womit dieser Modus dem Spielkonzept (behutsamer Aufbau) am ehesten gerecht wird. Die Missionen sind auf das Erreichen bestimmter Kriterien beschränkt, z.B. eine Bevölkerung von 200 Bürgern und eine positive Bilanz. Sie brechen meistens ab, wenn es interessant wird.

[Mr Creosote] Sehe ich genauso. Mit den Missionen habe ich mich nur sehr kurz beschäftigt, vor allem auch, weil das eigentlich doch nur arg konstruierte Pseudoaufgaben sind.

[Tapuak] Nach einer gewisssen Zeit wiederholen sich die Endlosspiele natürlich auch. Zwar sind die Karten immer unterschiedlich, aber sie ähneln sich grundsätzlich doch ziemlich stark.

[Mr Creosote] Was mir dabei weiterhin völlig unklar bleibt, ist, warum das zwangsläufig Inseln sind. Dadurch sieht jede „Welt“ völlig gleich aus. Keine „Landschaftsformen“, Kontinente usw.

[Tapuak] Die Inseln haben den Vorteil, dass die Einflussgebiete der einzelnen Spieler klarer umrissen sind. Die größte Rolle spielt das bei der Kriegsführung. Die Inseln erschweren einen Angriff. Man muss erst Kriegsschiffe bauen, der Nachschub ist schwieriger. Man kann also nicht einfach eine Armee auf einer flachen Landfläche zur Nachbarstadt schicken. Die Inseln haben zudem unterschiedliche Formen. Wichtig ist das auch beim Abbau von Rohstoffen. Die Fruchtbarkeit des Landes gilt jeweils für ganze Inseln.

[Mr Creosote] Optionen zur Landform für den Spieler hätten aber auf jeden Fall gerade neue Spieltaktiken ermöglicht, und das Spiel so abwechslungsreicher gemacht. So wie es ist, ist das Schema leider immer gleich. Die Unterschiede in den Inselformen und -größen sind völlig marginal und zu vernachlässigen meiner Meinung nach. Und das mit den Rohstoffen hätte man auch durch eine Art „Gegenden“-Modell lösen können. Gerade im Bezug auf die Fruchtbarkeit hätte ich mir ein realistischeres Modell als die doch sehr grobe Skala von nur drei Abstufungen (wächst gut, wächst mittelmäßig, wächst gar nicht), die dann für eine gesamte Insel gelten, gewünscht.

[Tapuak] Das stimmt. Ein Landschaftseditor, wie man ihn z.B. aus Sim City kennt, wäre eine Bereicherung gewesen und hätte auch andere Konstellationen erlaubt, etwa zwei große Landmassen getrennt von einem Fluss. Vielfältigere Möglichkeiten bei der Gestaltung der Karten wären vor allem auch für den Mehrspielermodus interessant gewesen, um bewusst bestimmte Einflussbereiche zu erschaffen.

Fazit

[Mr Creosote] Ich halte Anno 1602 für ein typisch deutsches Spiel, schon vom Thema her. Dass es sich auf den Aufbau einer funktionierenden Wirtschaft konzentriert, ist positiv hervorzuheben. Leider krankt es auch an den typisch deutschen (besonders firmentypischen) Phänomenen: ziemlich umständlich zu bedienen und jede Partie läuft immer nach dem selben Schema ab (also kaum Abwechslung), was das ganze auf lange Sicht sehr trocken werden lässt.

Dieses Schema ist viel zu leicht und schnell zu durchschauen, was langfristige Motivation ausschließt. Im Vergleich zur ähnlichen Konkurrenzspielen (besonders den vielzitierten Siedlern) wirkt es wie ein schwacher Abklatsch, dem es die jeweiligen Stärken der Vorbilder nachzubilden nicht gelingt. Alles in Allem ziemlich durchschnittlich, aufgrund der Peinlichkeiten wie der Schummelei der Computerspieler und der frustrierenden Handhabung sinkt es in meiner Wertschätzung aber nochmals, so dass ich ihm insgesamt eine Wertung von 2 gebe.

[Tapuak] Am besten gefällt mir an Anno 1602, dass der Schwerpunkt auf der langfristigen Entwicklung liegt, und gleichzeitig kurzfristige Probleme gelöst werden müssen. Die Bedürfnisse der Bewohner der verschiedenen Schichten sind klar strukturiert und bauen aufeinander auf. Diese Vereinfachung der wirtschaftlichen Notwendigkeiten bewirkt, dass man unmissverständlich weiß, mit was man seine Bürger als nächstes versorgen muss, damit sie weiter aufsteigen und sich damit die Stadt weiterentwickelt. Dadurch entsteht eine gute Spielbalance - einerseits muss man bauen, um die Nachfrage unmittelbar zu erfüllen, andererseits muss man stets die langfristige Perspektive im Auge behalten und über den Moment hinausplanen.

Durch die anderen Mitspieler wird man unter Druck gesetzt, sich nicht auf seinen Lorbeeren auszuruhen und eine gewinnträchtige Stadt einfach laufen zu lassen. Man muss sich im Hinblick auf die Zukunft weiterentwickeln. Dieser Aspekt unterscheidet Anno 1602 z.B. von Sim City, wo Expansion reiner Selbstzweck ist.

Negativ ist anzumerken, dass sich die Abwechslung auf Dauer doch in Grenzen hält. Die Karten ähneln sich zu stark, als dass man in einem neuen Spiel auch völlig neue Konzepte entwickeln müsste. Wenn man den Dreh einmal raus hat, verliert das Spiel etwas an Reiz. Wertung: 5/6.

Kommentare (2) [Kommentar schreiben]

Nebros:
Im Vergleich zu den neueren Anno, ist dies noch gut zu spielen. Die Übersicht bleibt gut erhalten, weil noch nicht zu viele verschiedene Güter gefordert werden. Dies bringt den Fokus besser auf Schlacht und Krieg. Der einzige kleine Nachteil ist die Begrenzung der Anzahl Schiffe, welche man bauen kann. Sobald man eine Insel stark bevölkert hat, braucht man mehrere Inseln mit Handelsrouten um die Hauptinsel zu versorgen. Danach fehlt eim die Kapazität für Kriegsschiffe.
[Antworten]

Quiz