Ohne jeden Zweifel ist Civilization das bedeutendste Spiel mit dem größten Suchtpotenzial, das jemals einen Computerbildschirm geziert hat. Von Sid Meier gestaltet, der seinerzeit unter Spielern schon ein Begriff war, führt das Spiel vom Besiedeln ganzer Kontinente über die Erforschung neuer Technologien bis hin zur Aufstellung militärischer Einheiten, Stadtentwicklungen oder sogar Weltwunder zu einer neue Stufe der Weltherrschaft. Es hatte mehrere Nachfolgespiele und Kopien angestoßen, wovon ihm nur ein einziges hinsichtlich Gameplay und Spielspaß nahekommt (Alpha Centauri). Civilization hat meine Festplatte nie verlassen und wird es wahrscheinlich auch nie, nur dafür bewahre ich noch MS-DOS auf einer separaten Partition meiner Festplatte.
In Civilization spielt man den Anführer eines Volkes. Nachdem anfangs die Oberfläche und Eigenschaften ausgewählt wurden, kann man eine von vierzehn Nationen zur Führung auswählen. Zwischen den Nationen gibt es keine großen Unterschiede und der Computer wählt immer dieselben Gegner, so dass man nach etwas Spielpraxis herausfindet, welche Nationen im Spiel einfacher handzuhaben sind. Nach der Wahl eines der fünf Schwierigkeitsgrade wird man mit einem einzelnen Siedler irgendwo in der Welt ausgesetzt, ab da liegt der weitere Verlauf in der Hand des Spielers.
Die erste Aufgabe ist es, eine Stadt zu errichten. Jede Stadt lebt auch von den acht umgebenden Planquadraten, weshalb die Anordnung sehr wichtig ist. Einige Terrains wie Berge oder Wüsten bieten wenig Möglichkeiten für Nahrung oder Produktion, andere, wie Grasflächen, sind bestens für die Getreidewirtschaft geeignet. Flüsse bekommen einen Handelsbonus, genauso wie Straßen, die später gebaut werden können. Für den Anfang ist eine stetige Versorgung mit Nahrungsmitteln wichtig, um die Bevölkerung wachsen zu sehen. Nicht zuletzt auch die Versorgung mit Produktionsmöglichkeiten (aus unerfindlichen Gründen durch Schilder repräsentiert), die dem Spieler überhaupt erlaubt, die Stadt zu entwickeln und militärische Einheiten zu gründen. Später werden diese Produktionsschilder zur Versorgung der gebauten Einheiten benötigt.
Nach dem Bau der ersten Stadt wird man nach einer Technologie gefragt, die erforscht werden soll. Die Entwicklungsgeschwindigkeit hängt dabei von den Einnahmen und vom Haushaltsanteil für die Forschung ab. Nach der Entdeckung neuer Technologien können dann die Stadt und die Einheiten weiterentwickelt werden. Die Stadterweiterungen können in sechs Kategorien eingeteilt werden: Verteidigung (Baracken, Stadtmauer), Stadtwachstum (Kornkammern, Aquädukte), Forschung (Bibliothek, Universität), Produktion (Fabrik, Kraftwerk), Glückseligkeit (Tempel, Kathedrale) und Handel (Marktplatz, Bank). Für jede Verbesserung muss Geld aufgebracht werden, weshalb ein ausgeglichener Haushalt wichtig ist. Dann können auch Unikate wie Weltwunder gebaut werden, die später einige Vorteile bringen.
Um die Dinge etwas komplizierter zu gestalten, ist das Volk mit einigen der Spielerentscheidungen unglücklich und man muss es zumindest zufriedenstellen. Dies erreicht man mit einigen dieser Bauwerke oder man investiert einen Teil der Einnahmen in Luxusgüter. Daher sind die Steuereinnahmen in drei Kategorien eingeteilt, die sorgfältig ausgewogen sein müssen: Einnahmen, Forschung und Luxusgüter.
Im weiteren Verlauf werden neue Städte errichtet und das Umland entwickelt. Spezielle Einheiten können fast alle Planquadrate bewässern, dort Minen graben und Straßen bauen (oder später Eisenbahnstrecken). Andere Einheiten (Karawanen) können Handelswege zwischen den Städten errichten und dadurch die Einnahmen erhöhen. Außerdem gibt es von einfachen Milizen bis hin zur Nuklearbewaffnung militärische Einheiten. Wem Spionagethriller besser gefallen, der kann Diplomaten losschicken um feindliche Einheiten zu bestechen, gegnerische Stadtentwicklungen zu zerstören oder mit anderen gemeinen Tricks den Gegner zu schwächen.
Alle diese Einheiten werden noch sehr wichtig, denn früher oder später wird der Spieler auf andere Nationen mit ähnlichen Absichten treffen: Alle Gegner zu zerstören oder der erste zu sein, der ein Raumschiff baut und Alpha Centauri kolonisiert. Von der ersten Begegnung an können unter anderem diplomatische Verbindungen geknüpft, Kriege erklärt, Zölle erhoben oder Technologien ausgetauscht werden. Der Einfallsreichtum der Spieldesigner ging so weit, bei den Begegnungen von der anderen Zivilisation lernen zu können: Die Zahl der Personen auf dem Bildschirm beschreibt deren Größe, und ihr Erscheinungsbild deutet die Regierungsform an. Selbst diese lässt sich ändern, und alle haben ihre Vor- und Nachteile: Abhängig vom Spielstand (und dem technologischen Stand) kann man selbst auswählen, welche Regierungsform man nutzen will.
Das klingt alles nach einem ziemlich komplizierten Spiel, es fällt aber Dank der detaillierten Anleitung (das einen neuen, bislang unübertroffenen Standard für Anleitungen gesetzt hat) und der vergleichsweise langsamen Einführung in schon fortgeschrittene Spielprinzipien leicht, das Spiel zu erlernen. Es zu meistern ist der wirklich harte Teil.
Während das Spielkonzept absolut perfekt ist, erscheint der technologische Aspekt etwas schwächer ausgeprägt. Ich kann nichts Schlechtes über das Interface sagen. Nach heutigen Standards ist es ziemlich schlecht, aber 1991 war es sehr einfach, indem der Spieler beispielsweise ein Drop-Down-Menü benutzen kann, wenn er sich an verschiedene Shortcuts nicht mehr erinnert. Auch die Grafik ist simpel, aber gut sichtbar und sie erlaubt absolut keine Verwirrung. Tatsächlich mag ich sie lieber als die flache und leblose Grafik aus Civilization II. Allerdings fällt das Spiel im Bereich der künstlichen Intelligenz völlig durch. Die Gegner sind nicht nur dumm und vorausschaubar, höhere Schwierigkeitsgrade machen das Spiel auch einfach nur härter, ohne die Intelligenz der Gegner zu erhöhen. Die Dummheit der vom Computer kontrollierten Nationen ist in der Diplomatie am offensichtlichsten: Sie hat kein Gedächtnis und erlaubt es dem Spieler, immer wieder dieselben Tricks anzuwenden und immer wieder neue Friedensverträge zu unterzeichnen.
Trotz dieser Defizite ist Civilization immer noch das Spiel, das jeder Spieler, der etwas auf sich hält, kennen sollte. Selbst nach all den Jahren und diversen Nachfolgespielen bleibt es in höchstem Maße spielbar, und zwar wegen jener zarten Balance, die darin wie sonst in keinem anderen Spiel erreicht wurde. Das Spiel simplifiziert stärker als seine Nachfolger und doch ist es gerade diese Einfachheit, die es so leicht erlernbar macht und doch so hart zu meistern. Das erlaubt den Spieldesignern, diese Balance so straff durch das ganze Spiel hindurch zu kontrollieren. Es wurde von vielen Magazinen mit Fug und Recht das beste Computerspiel aller Zeiten genannt und wird zum Glück noch verkauft. Worauf noch warten? Geh und hol es dir jetzt.
Übersetzt von proc
Kommentare (4) [Kommentar schreiben]
Civ war damals mein erstes Game auf meinem 25MHz 486er :-)
Ein geniales Spiel, das ich bis heute noch sehr gern spiele (Dosbox sei dank :-) )