Jake Stonebender ist einer der Stammbesucher der Bar, in der Leute aus der Vergangenheit, der Zukunft und diversen mythologischen Dimensionen zusammenkommen. Ein paar gute Bekannte teilen ihre persönlichen Sorgen mit dem Protagonisten - und ziehen ihn damit direkt mit rein, da Jake sich gleich verpflichtet fühlt, selbst Hand anzulegen. Wie verwandelt man eine Kurzgeschichtensammlung in ein Computerspiel? Natürlich, indem man letzteres episodisch aufbaut. Jede dieser Episoden kann unabhängig von den anderen gespielt werden und die Bar agiert als zentraler Anlaufpunkt für kurzes Zwischengeplänkel. Spannenderweise ist jede Episode schon für sich recht lang, so dass das Spiel insgesamt extreme Ausmaße annimmt.
Was dieses Gefühl der Größe noch unterstützt ist, dass jeder Bildschirm vollgestopft mit Objekten ist. Und damit sind wir auch schon beim inhärenten Anachronismus des Spiels: Mindestens seit Beginn der 1990er Jahre hatte sich das Adventuregenre deutlich in Richtung „einfach“ und „lösungsorientiert“ bewegt. Der klassische Ansatz, den Spieler auch auf Irrwegen und durch Ablenkung vom eigentlichen Geschehen zu unterhalten, war am Aussterben. Callahan's Crosstime Saloon geht dagegen ins andere Extrem: Es gibt dermaßen viel anzusehen und so viele Leute auszufragen, dass es manchen Spielern auch durchaus zu viel werden könnte. Für Adventureveteranen ist es aber deshalb natürlich ein Fest.
Zumindest grafisch versucht das Spiel dagegen, eine neue Richtung einzuschlagen, indem es auf eine vorher (und meines Wissens auf nachher) unkannte frei skalierende, sich um 360° drehende Perspektive setzt. Perspektivik soll dadurch entstehen, dass gerade Linien sich, wenn sie sich dem Rand des Bildschirms nähern, biegen. Das wirkt manchmal gelungen und manchmal nicht - spielerisch ist es sicherlich unpraktischer als statische Blickwinkel.
Auf jeden Fall erwähnt werden muss noch der Humor. Alles strahlt „Bizarrheit“ aus, jeder Dialog verwandelt sich schnell in ein Wortspielduell. Die Wortspiele finden auch stellenweise ihren Weg in die Rätsel und diese Fälle sind die Höhepunkte des Spiels. Ein solides Grundwissen über Rockmusik der 1970er Jahre und über Horrorfilme der 1940er Jahre ist ebenfalls Voraussetzung.
Doch zurück zum Humor: Hier gibt es leider auch nicht nur Positives zu vermelden. So witzig das Spiel streckenweise ist, ist es insgesamt einfach zu viel. Und zu „amerikanisch“. Einerseits muss man die Konsistenz und den Mut des Spiels, sich um nichts zu schehren und einfach das zu sein, was es ist, bewundern. Andererseits kann es schon etwas nervig werden, wenn das eigene Denken und der eigene Blick auf die Welt nur etwas weitläufiger und offener ist. Dazu ist natürlich noch ehrlich anzumerken, dass ich keine der gedruckten Callahan-Stories gelesen habe - das Spiel könnte für Fans die Erfüllung ihrer Träume sein, und ich würde das nicht erkennen. Was jedoch deutlich ist, ist, dass es sich um einen polarisierenden Humor handelt: Entweder man liebt ihn oder hasst ihn.
Trotz aller Einschränkungen ist das Spiel zu empfehlen. Jedoch muss man sich bewusst sein, dass seine Zielgruppe durch Spielprinzip und Inhalt sehr beschränkt ist. Ihr kennt diese Diagramme mit zwei sich überschneidenden Kreisen? Diese Schnittfläche wird hier recht klein sein. Befindet man sich selbst außerhalb, merkt man das schnell, aber es besteht trotzdem noch eine kleine Chance, dass man dem Spiel etwas abgewinnen kann - was bei mir der Fall ist.
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