Die Höhlenwelt-Saga: Der leuchtende Kristall
für PC (DOS)

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Anchantia:Mr Creosote:Gesamt:
1.5/6
Besucherwertung:
3/6
Firma: Weltenschmiede / Software 2000
Jahr: 1994
Genre: Adventure
Thema: Sonstige Fantasy / Science Fiction
Sprache: Deutsch
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 43427
Rezension von Mr Creosote, Anchantia (03.11.2010)
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[Mr Creosote] Die Höhlenweltsaga ist das erste Point & Click - Adventure des bayerischen Entwicklerteams „Weltenschmiede“. Dies war vorher durch drei illustrierte Textadventures bekannt geworden: Das Stundenglas, Die Kathedrale und Hexuma. Bereits bei jenen Spielen gab es jeweils Begleitromane oder zumindest -kurzgeschichten. Das gleiche passierte bei der Höhlenwelt sogar noch extensiver: Hauptautor Harald Evers schrieb später gleich acht Romane auf der Basis.

[Anchantia] Davon abgesehen lag der Spielepackung ein 60-seitiges Booklet mit vielen Illustrationen und Hintergrundinfos zur Höhlenwelt bei. Davon könnten sich heutige Spiele eine Scheibe von abschneiden. Harald Evers selbst ist am 22. September 1957 in München geboren und starb am 30. November 2006 überraschend an einem Herzinfarkt. Harald Evers war nicht nur als Autor tätig, sondern arbeitete auch bei der Übersetzung von Adventures wie Dreamfall und The Longest Journey mit. Übrigens gab es auch ein Roman zum Spiel „Die Kathedrale“. Ein ziemlich dicker Schinken, was nicht verwundert, da schon das Textadventure über 200 Buchseiten beinhaltete.

Story

[Mr Creosote] Die Weltenschmiede-Textadventures gelten als welche der besten deutschen Vertreter des Genres überhaupt. Ich habe sie auch im Regal stehen. Nun wollen wir mal schauen, wie sich das auf ein Grafikadventure überträgt. Fangen wir mit der Story an: Im Mittelpunkt steht Eric, genannt „Speedy“, ein Raumfahrer, der in eine Fantasywelt stolpert.

[Anchantia] Eigentlich ist dieser auf der Suche nach seiner Flamme Maomi. Diese hat ihn, ohne ein Wort zu sagen, verlassen und seitdem ist Eric, übrigens ein klassischer Anti-Held, auf der Suche nach ihr. Schon bald erfährt er, dass Maomi aus der Höhlenwelt stammt, die seit 1000 Jahren von den Drakken unterdrückt wird.

[Mr Creosote] Und in dieser Höhlenwelt beginnt dann das eigentliche Spiel: Kaum angekommen, gerät Eric auch schon mit den bösen Reptilien aneinander und spielt im Folgenden eine entscheidende Rolle in der Widerstandsbewegung der unterdrückten Menschen.

[Anchantia] Denn Eric hat am Anfang den Auftrag bekommen den leuchtenden Kristall zu finden, welcher die Macht hat, die Tyrannei der kriegerischen Echsen zu beenden.

[Mr Creosote] Zwischendurch trifft er natürlich diverse Charaktere, darunter auch Maomi. Wie hat dir die Geschichte Alles in Allem gefallen?

[Anchantia] Die Geschichte ist wohl eines der größten Stärken des Spiels. Sie ist wendungsreich und recht witzig gestaltet. Da das Spiel mit einem offenen Ende aufwartet, nehme ich an, dass es geplant war, noch einen zweiten Teil zu bringen.

[Mr Creosote] Interessant. Ich habe mir mehrmals angesichts des Blödsinns, der mir da vorgesetzt wurde, an den Kopf schlagen müssen. Vielleicht sollten wir da mal ein paar Einzelpunkte durchgehen?

[Anchantia] Hast Du ein paar Beispiele für den „Blödsinn“?

[Mr Creosote] Der Protagonist ist ja wohl ein schlechter Witz. Antiheld hin oder her, ich habe selten einen dermaßen flachen und gleichzeitig unsympathischen Charakter spielen müssen. Das schlimmste daran war jedoch, dass er offensichtlich gar nicht so unsympathisch gemeint war vom Spiel her.

[Anchantia] Da gebe ich Dir recht, Speedy hat, im Gegensatz zu den späteren Büchern, keinerlei Ecken und Kanten.

[Mr Creosote] Am besten zeigt sich das ganz konkret an den Dialogen: Speedy bedient sich ausschließlich dumpfesten Machosprüchen. Da trifft er gerade eine Frau zum ersten Mal, und wirft ihr ein „Na, Mieze? Alles easy?“ entgegen. Später trifft er sie in einem Gefängnis wieder. Hier hat man, auf die Frage, wie man es geschafft habe auszubrechen, folgende Antwortmöglichkeiten:
„Hab die Wand eingeschlagen. Mit der blanken Faust!“
„Das ist Betriebsgeheimnis, Schätzchen!“
„Mich hält kein Gefängnis der Welt, Baby!“
Ernsthaft: Davon will ich nichts sagen. Sowas ginge nur dann in Ordnung, wenn es eine deutliche ironische Note mit sich bringt, die hier aber völlig fehlt.

[Anchantia] So geht das übrigens im gesamten Spiel. Das schlimme dabei ist, dass man später durch ähnlich klingende Antworten das Gespräch in vollkommen andere Bahnen lenken kann. Mir ist zum Beispiel beim Wirt passiert, dass man durch eine falsche Äußerung kein Bierrezept an ihn verkaufen kann. Durch das fehlende Geld kann man auch nicht die fehlenden Utensilien beim Ramschhändler kaufen. Solche Stellen gibt es haufenweise im Spiel. Wenn wenigstens die Dialoge vernünftig ausgearbeitet wären. Mein Lob an die Geschichte ging auch eher im Gesamtkontext. Denn die Ideen sind sehr gut und es passiert eigentlich immer etwas. So dachte ich am Anfang, dass man Maomi erst ganz zum Schluss findet. Dies ist nicht der Fall, sondern die Hauptgeschichte besteht aus dem Kampf der Rebellengruppe gegen die Drakken. Seltsamerweise sind die Dialoge der anderen Charaktere lange nicht so dümmlich wie die von Speedy.

[Mr Creosote] Na ja. „Hilfe! Dieser Typ da hat mich gepieckst!“ ist auch nicht gerade das, wofür man einen Literaturnobelpreis bekommt. Was die Geschichte allgemein angeht, so setzt diese sich ja wohl ausschließlich aus altbekannten Clichés zusammen: Böse humanoide Reptilien unterdrücken arme Menschen. Ernsthaft? Schon tausendmal gesehen, gähn.

[Anchantia] Im Endeffekt ist es aber genau das, was ich von einer klassischen „Science Fantasy“ Geschichte erwarte. Vielleicht ist es ja auch einfach eine Hommage an die SF-Stories der 50er - 70er Jahre? Damals waren solche Geschichten gang und gäbe in der SF-Literatur.

Was mich beim Spielen viel mehr gestört hat, waren die physikalischen Ungereimtheiten. Wieso herrscht auf der Planetenoberfläche am Anfang Schwerkraft?

[Mr Creosote] Das mit der Schwerkraft könnte ja durchaus sein - die hängt ja von der Masse des Planeten ab. Aber die Richtung deiner Kritik ist schon richtig: In der (unterirdischen) Höhlenwelt gibt es blauen Himmel, schön viel Licht und Wolken! Von der Atmosphäre, die offensichtlich exakt der der Erde entspricht, will ich dabei gar nicht erst anfangen.

[Anchantia] Stimmt, eigentlich müsste diese Welt - ähnlich wie bei „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ - sehr düster, feucht, kalt und trocken sein. Aber da kommt wahrscheinlich das Fantasy-Element zum Tragen. Terry Pratchetts Ankh-Morpork liegt auch auf einer Schildkröte, die im All schwebt. Trotzdem gibt es dort Tag/Nacht-Wechsel. ;-)

[Mr Creosote] Nur ist es bei Pratchett eben bewusst und offensichtlich auf „absurd“ getrimmt. Die Höhlenwelt wirkt dagegen recht ernst, was der Geschichte überhaupt nicht gut zu Gesicht steht. Für mich war das auf jeden Fall schonmal eine große Enttäuschung.

[Anchantia] Selbst in den Perry Rhodan Geschichten, die nicht auf absurd getrimmt sind, gibt es solche Planeten. Außenrum sieht alles aus wie eine Steinwüste, innendrin das reinste Leben. Übrigens hat sich auch das LucasArts Spiel The Dig genau diesen Stilmittel bedient. Aber lassen wir das.

Gameplay

[Anchantia] Wie fandest Du denn das Gameplay an sich und das Rätseldesign?

[Mr Creosote] Bzgl. der Rätsel hatte das Spiel bei mir bereits im ersten Raum verloren: Als ich einen Knopf drücken wollte, um das Raumschiff zu verlassen, teilte mir Speedy folgendes mit: „Bevor ich da drauf drücke, sollte ich lieber noch was anderes tun...!“ Sowas geht einfach nicht! Entweder, er sagt mir, was ich vorher noch tun muss, oder aber er soll es mich machen lassen - selbst, wenn es den Tod bedeuten würde. Solche Formulierungen sind einfach nur dumm und zeugen von schlechtem Design.

[Anchantia] Das ist auch mein größter Kritikpunkt. Vieles scheint in dem Spiel auch einfach nur willkürlich zu sein. Z.B. gibt es an einen See einen Baum mit Nüssen. Solch eine Nuss braucht man, um diese gegen den Drachen Susi zu werfen, damit sie bewusstlos (von einer Nuss!) wird. Dabei liegt diese Nuss mal auf dem Boden, mal nicht. Auch die Dialogrätsel sind, durch die ähnlichen Alternativen im Dialogmenü, eine einzige Katastrophe.

[Mr Creosote] Ja, mit steigender Spielzeit dreht sich alles immer mehr um die Dialoge. Was ohnehin aufgrund derer schlechter inhaltlicher Qualität schon schlimm ist, aber eben auch rätseltechnisch. Ein Beispiel hast du ja bereits gebracht (das mit dem Bier), da bin ich natürlich auch drauf reingefallen und durfte dann nach einer Stunde feststellen, dass ich in einer unkommunizierten Sackgasse hänge. Ist mir an mehreren Stellen ähnlich immer wieder passiert. Der größte Witz dabei ist, dass das sogar noch inkonsistent ist: Meist läuft man durch die Auswahl falscher Dialogzweige zwar in Sackgassen, manchmal wird man jedoch auch solange im Kreis geleitet in der Unterhaltung, bis man das „richtige“ sagt. So kann man niemals auf etwas verlassen. Und zu den zufällig auftauchenden Objekten: Irgendwann habe ich aus Verzweiflung eine Lösung konsultiert. Ich brauchte eine Wurzel - nur war die nicht dagewesen, als ich am entsprechenden Ort war.

[Anchantia] Solche Dinge sollten in einem Spiel einfach nicht vorkommen. Vor allem bei einem Adventure, wo man ja schon vom Genre her alle Dialoge ausprobiert.

[Mr Creosote] Oh, ich habe noch mehr auf meinem Zettel: Da werden einem ernsthaft Labyrinthe vorgesetzt! Und an anderen Stellen muss man einfach die gleiche Aktion mehrfach probieren, bis sie irgendwann klappt - ohne Hinweis beim ersten Mal, dass sich Wiederholen lohnt. Nicht zu vergessen der Klassiker des Bildabsuchens. Der wird auf die Spitze getrieben, als man auf einem ganzen Bildschirm voller Steine jeden einzelnen umdrehen muss, um ein verstecktes Objekt zu finden!

[Anchantia] Oder am Anfang, als man die Batterie in das Mondauto einbauen muss. Man muss den Schacht schon pixelgenau suchen, damit das klappt. Sowas ist einfach nur nervtötend.

[Mr Creosote] Abgerundet wurde das Bild dann, als sich das Spiel nachher so weit öffnete, dass man zwischen verschiedenen Städten reisen durfte. Die Reisen selbst waren kostenlos, aber: Man musste an jedem Flughafen Jemanden beauftragen, auf dem Drachen aufzupassen - für Geld. Geld ist eine begrenzte Ressource. Das heißt also faktisch, dass man immer erst speichert, bevor man irgendwo hinreist, dann dort guckt, ob es sich lohnt, und wenn nicht, wieder lädt. Sowas macht echt Spaß!

[Anchantia] Wenn man in jeder Stadt eine Art Minispiel zum Geld verdienen eingebaut hätte, wäre das ja vollkommen in Ordnung. Alles im allem ist das gesamte Spieldesign extrem mies. Da dachte man, dass all die Sterbevarianten à la Sierra schon das Höchste der Gefühle sind und dann muss man sowas Unausgegorenes spielen.

Technik

[Anchantia] Immerhin hat man sich bei der Weltenschmiede Mühe mit der Grafik gegeben. Das war damals genauso wie heute. Wenn alles andere nicht passt, aber die Grafik muss gut sein. Dabei zeugen vor Allem die Hintergrundbilder von Fantasie und Kreativität.

[Mr Creosote] Ja, gerade die Panoramen gefielen mir sehr gut. Die Innenräume sind dagegen „nur“ gut. Die einzige Beschwerde die ich bzgl. grafischer Aspekte habe: „Speedy“ schleicht in lahmster Sierra-Tradition über den Bildschirm.

[Anchantia] Etwas schade finde ich aber, dass es keine Animationen in den Hintergründen wie Wasserfall oder vorbeiziehende Wolken gibt. Das hätte dem Ganzen nicht solch einen statischen Eindruck gegeben. Gibt es was Interessantes zum Sound zu sagen? Manche Stücke finde ich in der avantgardistischen Herangehensweise richtig gut. Die meisten Stücke sind aber nur Mittelmaß.

[Mr Creosote] War in Ordnung. Die Musik hat nicht gestört, stach aber ebensowenig positiv heraus. Was denkst du über die Bedienung?

[Anchantia] Diese ging für mich ebenfalls in Ordnung. Mit der rechten Maustaste öffnet man einen Kontextmenü, in der man die Symbole zu „schau“, „rede“ oder „nimm“ wählt. Das Inventar kommt zum Vorschein, wenn man mit dem Mauszeiger zum oberen Bildschirmrand fährt.

Fazit

[Mr Creosote] Die Höhlenwelt ist für mich so ziemlich unterste Schublade. Ich musste mich regelrecht zwingen, dem Spiel mehr als zehn Minuten meiner Lebenszeit zu widmen. Eigentlich wäre selbst das noch zu viel gewesen. Die Story ist dümmlich und ironiefrei, die Charaktere könnten nicht flacher sein und spielerisch wirkt es wie eine sehr trockene Realsatire, die die schlechtesten Aspekte des Genres auf engstem Raum verbindet. Ich kann nur abraten: Finger weg!

[Anchantia] Eigentlich wollte ich, als großer Fan der Bücher, das Spiel besser bewerten. In meinen Erinnerungen war es auch relativ gut. Aber das neuerliche Anspielen hat mich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Das Spiel finde ich zwar nicht ganz so schrecklich wie Du, aber es hat einfach viel zu viele Fehler im Gameplay, als das es richtig Spaß machen könnte. Ich kann nur sagen: Spielt lieber die eingangs erwähnten Textadventures und lest die 8 Bände der Höhlenwelt-Saga. Diese sind wirklich gut geschrieben und bieten eine reichhaltige Fantasy-Welt, etwas was in dem Spiel nur ab und an zum Vorschein kam. 2 Punkte.

[Mr Creosote] Da ich sie nicht gelesen habe (und das auch nicht vorhabe), kann ich nur hoffen, dass die Bücher besser geschrieben sind. Ansonsten würfe das ein katastrophales Licht auf den Verlag, der diesen Unsinn herausgebracht hätte. Tja, das war's dann wohl mal wieder für heute.

[Anchantia] Ich verabschiede mich auch. Bis zum nächsten mal.

Kommentare (3) [Kommentar schreiben]

Axel:
Hallo grays, das spielt Lohnt sich wirklich zu spielen. Ich würde es sehr gern wieder mal Spielen
grays:
Noch nie gespielt. Lohnt sich das?
[Antworten]

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