Mean Streets
für Amiga (OCS/ECS)
Auch verfügbar für: PC (DOS)

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Mr Creosote:Besucherwertung:
4/6
Firma: Access Software
Jahr: 1990
Genre: Adventure, Action
Thema: Krimi / Science Fiction
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 24749
Rezension von Mr Creosote (30.06.2003)
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Einstein hatte unrecht: Die Menschen, die nach dem dritten Weltkrieg (der 1998 stattfand) leben, kämpfen nicht mit spitzen Stöcken und Steinen. Sie haben immer noch Schusswaffen. Die ganze Welt ist eigentlich noch genau so, wie wir sie kennen. Nur ein paar Details haben sich geringfügig geändert: Die Hälfte der Bevölkerung ist durch die starke Strahlung mutiert und das Hauptfortbewegungsmittel sind fliegende „Speeder“ statt Autos.

Tex Murphy ist kein Mutant, aber einen Speeder hat er. Das ist allerdings auch schon das einzig moderne an ihm. Sein Trenchcoat, sein gesamtes Erscheinungsbild passt eher in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts als in die Gegenwart (2037). Um das Cliché komplett zu machen: Er ist ein Privatdetektiv in San Francisco (Los Angeles wäre wohl zu offensichtlich gewesen...). Wer sonst, wenn nicht eine gutaussehende, junge Frau könnte sein Auftraggeber sein?

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Der Vater der Frau, Professor Carl Linsky, ist von der Golden Gate Bridge gesprungen. Die Polizei hält es für Selbstmord, und alle Beweise scheinen das zu unterstützen: Es gibt einen Abschiedsbrief und einen Zeugen, der aussagt, dass niemand anders in der Nähe war, als der alte Mann sprang. Sylvia, seine Tochter, will das aber nicht wahrhaben. Sie ist davon überzeugt, dass es Mord war. Doch was sind eigentlich ihre Motive? Der eigentliche Tod ihres Vaters scheint sie nicht groß zu beeindrucken, die Versicherungssumme von 1000000$, die bei Selbstmord natürlich nicht ausgezahlt wird, aber bei Mord schon, schon eher.

Also... war es die Tochter selbst, die ihren Vater wegen des Geldes um die Ecke gebracht, Selbstmord vorgetäuscht, aber nicht die Klausel der Police bedacht hat? War es eine der Liebesaffären des Professors? Hat es etwas mit seinem Beruf zu tun? Oder war es doch auch nur Selbstmord?

Klingt nacht einem normalen Krimiadventure. Mean Streets kann man als Adventure bezeichnen, aber normal ist es nicht. Statt dem üblichen „Point & Click“ oder IF bekommt man eine Mixtur aus Adventureelementen (z.B. das Befragen von Verdächtigen und Zeugen oder das Durchsuchen von Räumen), Action (Schusswechsel) und Flugsimulation (reisen per Speeder).

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Wenn es ein vergleichbares Spiel gibt, ist es Mercenary. Wie dort geht alles im eigenen „Fluggefährt“ los, man schaut in eine dreidimensionale Spielwelt und reist durch diese mit Hilfe von Navigationscodes. Am jeweiligen Ziel angekommen unterhält man sich mit Personen und schnappt sich rumliegende Dinge. Hier enden die Gemeinsamkeiten jedoch. Leute zu befragen und Beweise zu suchen spielt in Mean Streets eine viel größere Rolle. Die Flüge können per Autopilot sogar ganz übersprungen werden. Und darüber wird wohl jeder froh sein, denn das Fliegen ist...... langweilig. Kein anderes Wort beschreibt es treffender.

Doch dann ist da immer noch das Schießen, und diese Szenen können nicht umgangen oder abgestellt werden. Im stumpfen Arcadestil läuft man von links nach rechts, während einem eine unbegrenzte Anzahl schießwütiger Gegner entgegenkommt. Gehirn ausschalten und durchballern. Gut, dass es so einfach ist, so dass es zumindest nicht frustriert - denn Spaß macht das wirklich nicht.

Der Adventureteil ist zum Glück der Kern des Spiels. Es gibt grundsätzlich drei Arten von Orten: Gespräche, durchsuchbare und Sackgassen. Bei Befragungen erscheint ein digitalisiertes Foto der Person auf dem Bildschirm (einer der Designer des Spiels taucht übrigens als Tex Murphy auf). Man kann nach allem fragen - so man denn weiß, was man überhaupt fragen könnte, denn man bekommt keine Möglichkeiten vorgesetzt, sondern muss die Themen mit der Tastatur eintippen. wenn man die gewünschte Information nicht bekommt, kann man die Leute bedrohen oder bestechen, doch auch das ist kein Allheilmittel. Wenn irgendwo niemand da sein sollte, kann man die Ortschaften durchsuchen. In diesen Szenen sieht man Tex in klassischer Adventureperspektive, läuft durch den Raum und stellt alles auf den Kopf. Letztlich gibt es noch Orte, an denen es nur etwas Text zu lesen gibt, und keine Möglichkeit der Interaktion. Das ist dann normalerweise eine Sackgasse.

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Die Technik des Spiels wird häufig als „revolutionär“ bezeichnet. Das ist stark übertrieben. Die Benutzung von Fotos war ungewöhnlich, aber nicht neu. Es gibt ein paar Zeilen Sprachausgabe, aber diese sind von sehr niedriger technischer Qualität (verrauscht), wenn man die Soundfähigkeiten des Amiga bedenkt. Die Musik ist gut, kommt aber nur sehr selten zum Einsatz. Insgesamt waren die technischen Grundideen des Spiels sicher ihrer Zeit voraus, aber die Umsetzung ist höchstens mittelmäßig.

Was wirklich zählt ist allerdings der Inhalt. Wenn man das Fliegen überspringt und das Ballern übersteht, bekommt man ein Adventure mit sich interessant entwickelnder Story. Es ist lang genug, um einen eine Zeit zu beschäftigen, aber das liegt wirklich nur an der tatsächlichen Länge. Der Schwierigkeitsgrad ist nämlich ziemlich niedrig, man muss sich nur immer von einem Ort zum nächsten bewegen und alle Leute über alles ausquetschen. Die wenigen Rätsel (im ganzen Spiel weniger als 5) wären extrem einfach, aber man bekommt die jeweiligen Lösungen auch noch verraten (Beispiel: „Ich brauche einen mindestens 9 Fuß langen Stock, um da heranzukommen“; nächster Raum: Man findet einen 10 Fuß langen Stock). Wenn man allerdings zu faul ist, sich ein paar Notizen zu machen, verliert man schnell den Überblick. Genauso ginge es natürlich auch einem wirklichen Detektiv.

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