Software Manager
für Amiga (OCS/ECS)

sm_box0001.jpg
Mr Creosote:
Firma: Kaiko
Jahr: 1994
Genre: Strategie
Thema: Geschäftswelt / Multiplayer
Sprache: Deutsch
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 10837
Rezension von Mr Creosote (09.07.2011)
Avatar

Ein passionierter Computerspieler träumt, wie wahrscheinlich viele seiner Gesinnungsgenossen, von einer Karriere in der Spielebranche – nur versucht dieser es wahrzumachen. Dieser Spieler ist der Spieler von Software Manager. Na, schon verwirrt?

Man übernimmt also die Leitung einer Softwarefirma im Jahr 1993. Seltsam ist dabei allerdings, dass das Spiel die Entwicklerwelt simuliert, die zu der Zeit eigentlich gerade vorbeigegangen war: Einzelentwickler konnten mit den professionellen Produkten ganzer Firmen nicht mehr mithalten, da der Umfang neuer Spiele zu groß geworden war. Software Manager fängt dagegen an, als wäre es noch die „gute alte Zeit“, in der Spiele sich noch jahrelang in den Verkaufscharts halten konnten.

Soll heißen: Man stellt einen Entwickler ein, schnappt sich eines der verfügbaren Spielkonzepte und setzt ihn daran. Programmierung, Grafik, Sound – alles aus einer Hand. Spezialisten für diese Bereiche kann man sich finanziell noch nicht leisten. Entsprechend durchwachsen mag das erste Produkt der frisch gegründeten Firma ausfallen; die internen Tester und die Spielepresse werden bald genug darüber richten. Trotzdem hofft man natürlich durch Werbung und vielleicht nicht allzu schlechte Kritiken genug Käufer zu finden. Der Profit kann dann in die nächste Produktion gesteckt werden usw.

Irgendwann kann man es sich dann auch leisten, mehrere Leute an einem Projekt arbeiten zu lassen, besser zu zahlen und vielleicht kleine Beigaben für die Käufer mit in die Packung zu legen – ob nun ein Poster oder ein T-Shirt. Gleichzeitig expandiert man in weitere internationale Märkte usw. usf. Das gleiche versuchen drei andere Firmen; das Spiel endet, sobald nur noch eine Firma übrig ist.

Damit ist fast das gesamte Spiel jedoch bereits beschrieben. Das Spielprinzip ist erstmal motivierend und schnell durchschaubar. Die ersten eigenen Produktionen bieten einem kleine Überraschungen: So kann man beispielsweise das eigenproduzierte Werk in einer lustigen Animation bewundern. Die ersten Rezensionen und Verkaufszahlen trudeln ein. Wie steht man im Vergleich zu den Produkten der Mitbewerber dar?

Mit der Zeit wird das Schema jedoch zu simpel: Jede Produktion läuft gleich ab, die Freiheitsgrade sind gering und schnell verkommen die Schritte zur Routine. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist man dann hauptsächlich mit langwierigen Personalverhandlungen und Abwerbegesprächen beschäftigt. Diese laufen telefonisch ab: Man schmiert Entwicklern Honig ums Maul und bietet ihnen Geld an, bis sie bereit sind, für einen zu arbeiten. Besonders viel Spaß macht dieser Teil des Spiels jedoch nicht.

Langfristig vermisst man also naheliegende Spieloptionen. Wieso kann man beispielsweise keine Serien produzieren? Wenn man einen Hit hat, läge das doch nahe. Wieso kann man nicht aktiv in andere Länder expandieren, sondern muss auf die automatische Erweiterung der Spielwelt warten? Wieso muss man sich nicht um Bugs, Patches und Kundensupport kümmern? Neuveröffentlichungen der eigenen Spielen in Budgetversionen oder Sammlungen sind ebensowenig vorgesehen. Weitere interessante Spieloptionen hätten die Spielezeitschriften bieten können: Man hätte auf unterschiedliche Wege versuchen können, mit diesen ein gutes Verhältnis aufzubauen – ob es nun durch bevorzugte Informationen, Interviews, direkte Bestechung oder sonstige Gefälligkeiten sei. Stattdessen gibt es exakt eine Zeitschrift pro Land und interagieren kann man mit ihnen nur auf eine Weise: unkommentiert Testmuster hinschicken. Zuguterletzt hätte man auch einen ganz neuen wirtschaftlichen Strang dadurch eröffnen können, indem man dem Spieler die Möglichkeit gegeben hätte, Spiele auch selbst zu veröffentlichen. Das geht ebenfalls nicht: Man muss immer über eine andere Firma gehen. So muss man sich nie um Vertriebswege usw. kümmern. Gut, dass man es nicht muss, schlecht, dass man es nicht kann. Entwickler sind auch nur eindimensional auf „Programm“, „Grafik“ oder „Musik“ spezialisiert – warum nicht auch auf bestimmte Genres? Sogar beim eigentlich guten Komfort hätte man noch etwas verbessern können: Verkaufsgraphen der einzelnen Spiele hätten die Nachbestellpolitik deutlich vereinfacht.

Es hätte also viel mehr im Konzept dringesteckt. So spielt man es einmal durch (und das geht schneller als man glaubt) und legt es dann weg. Zumindest bis es einen ein paar Jahre später dann doch mal wieder packt. Die Basis ist grundsolide und unterhaltsam – nur hätte man mit einer längeren Entwicklungszeit noch deutlich mehr herausholen können. Kaiko war zu dieser Zeit jedoch ironischerweise bereits selbst in finanziellen Schwierigkeiten... und so musste das Spiel wohl schnell raus.

Kommentare (3) [Kommentar schreiben]

Mr Creosote:

Na, also das ist dann doch etwas zu hart. Das Spiel ist sehr einfach, ja. Aber hauptsaechlich, weil die Computergegner inkompetent sind und sich selbst in den Ruin treiben. Die Spielebewertungen sind alles andere als zufaellig. Sie sind das Resultat des Einsatzes von begabten Spezialisten an einem tragfaehigen Konzept und entsprechender Entwicklungszeit.

Es ist eben "Wirtschaft light".

AKK:

Die Umsetzung ist allerdings derart gruselig, dass man nur schwerlich dem inneren Drang wiederstehen kann, die Disc wieder aus dem Computer zu holen und sie in 1000 Stücke zu hacken.
Null Abwechslung, keine bis gaaaanz wenig innovative Ideen, Langeweile pur, kein Witz, super leicht und einfach nur schlecht umgesetzt.
Das Spiel könnte man noch mit 110 Jahren spielen weil man so wenig dabei machen muss, dass ein oder zwei Klicks alle 134 Minuten ausreichen, um etwas zu "tun".
Und noch wichtiger: Der Erfolg der einzelnen Spiele war fast nur vom absoluten Zufall abhängig und die Bewertungen waren völlig wahllos gegeben.

[Antworten]

Quiz