Black Crypt
für Amiga (OCS/ECS)

BlackCrypt1.jpg
Mr Creosote:Wandrell:Gesamt:
4/6
Firma: Raven Software / Electronic Arts
Jahr: 1992
Genre: Rollenspiel
Thema: Kämpfen / Schwerter & Magie
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 17073
Rezension von Mr Creosote, Wandrell (28.04.2012)
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[Mr Creosote] Black Crypt ist das erste Spiel von Raven Software, die später durch ihre actionreicheren Spiele (die sich aber immerhin ebenfalls dreidimensionaler „Ego“-Perspektive bedienten) recht bekannt wurden. Ihr Debütwerk ist jedoch noch ein recht konventionelles Rollenspiel in der Tradition von Dungeon Master.

[Wandrell] Und über DM hinaus versucht es auch kaum etwas zu erreichen. Ein paar kleine Verbesserungen hier und da, aber hauptsächlich ist es einfach eine Imitation. Abgesehen davon, dass es viel härter ist als sein Vorbild.

[Mr Creosote] Offensichtlich hat es auch bessere Grafiken. Doch räumen wir erstmal eine andere Sache vom Tisch: Es gibt einen Plot, aber… was denkt du darüber?

[Wandrell] Plot? Gute Frage. Soweit ich das verstanden habe, entschließen sich die Charaktere, den Dungeon zu erforschen, weil sie gerade zufällig in der Gegend sind. Typischer Hack'n'Slash-Plot und mehr braucht man ja auch eigentlich nicht; man tötet eben Monster und sammelt Schätze.

[Mr Creosote] Das stimmt so nicht ganz: Es gibt da so einen Bösewicht, der die Welt aus diesem Dungeon heraus zu erobern gedenkt; deshalb begeben sich die Helden dahin. „Böser Magier, der bereits einmal vor vielen Jahren verbannt wurde, baut seine Macht wieder aus“ usw.

[Wandrell] In der Anleitung gibt es eine kurze Einführung, die ich aber nicht gelesen habe. Stattdessen bin ich direkt zu den Zaubersprüchen gesprungen. Und das Intro verrät einem auch nicht gerade viel. Mir ist es wichtig, dass eine Geschichte auch direkt im Spiel erzählt wird, selbst wenn die üblichen Methoden dazu, d.h. Schriftrollen und Ähnliches zu finden, nicht unbedingt die Eleganteste ist.

[Mr Creosote] Soweit sind wir uns also einig: Die Hintergrundgeschichte ist kaum erwähnenswert. Der Durchschnitt des Durchschnittlichen. Spielerisch geht es dann damit los, dass man seine Party erstellt…

[Wandrell] …die aus einem Krieger, einem Kleriker, einem Druiden und einem Zauberer besteht. Viel Auswahl bleibt da nicht. Panzer, unterstützender Kämpfer, Offensivmagier und Unterstützungsmagier.

Nur der Krieger beherrscht wirklich keinerlei Magie. Und zwischen den Magiern sind die Unterschiede nicht weltbewegend, außer dass der Druide Pfeil und Bogen benutzen kann, während der Zauberer sich auf Wurfmesser beschränken muss, da Zaubersprüche erstmal auswendig gelernt werden müssen und auch eine Zeit brauchen, bis sie wiederholt verwendet werden können.

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Eine praktische Karte

[Mr Creosote] Die Beschränkung auf vorgegebene Charakterklassen ist gar nicht mal so schlimm. Ehrlich gesagt ist diese Vorauswahl ja doch genau das, was die meisten Spieler ohnehin wählen würden, und so werden Neueinsteiger nicht gleich mit zu vielen Wahlmöglichkeiten erschlagen.

Mit geringen Abweichungen bewegen wir uns also eigentlich auf D&D-Pfaden (allerdings ohne Lizenz). Magie spielt im gesamten Spielverlauf eine große Rolle und die drei Magier haben auch unterschiedliche Sprüche, von denen einige nicht nur zum Gewinnen absolut notwendig sind, sondern sogar, um das Spiel überhaupt richtig zu spielen – wie beispielsweise der „Automap“-Spruch.

[Wandrell] Oder auch der Druidenspruch zum Lesen von Runen. Doch insgesamt drehen sich die meisten Sprüche doch darum, im Kampf offensiv und defensiv mit den Gegnern mitzuhalten. Und da man nur begrenzt viele Sprüche überhaupt bereithalten kann, bleibt eigentlich kaum Platz für solche, die nichts direkt mit Kämpfen zu tun haben.

Ganz wie in D&D-Spielen gibt es zwei Voraussetzungen, um einen Zauberspruch zu erlernen: Erstens muss man ihn finden und ins Zauberbuch übertragen, zweitens muss man jedoch auch die benötigten Fertigkeiten mitbringen. So kann es passieren, dass einem einige gute Sprüche durch die Lappen gehen, weil man nicht alles genau genug durchsucht hat.

[Mr Creosote] Gewissenhaftes Durchsuchen eines jeden Winkels ist jedoch ein zweischneidiges Schwert. Man findet Gegenstände (Waffen, Nahrung usw.) und Zaubersprüche, aber man stirbt eben auch häufig. Sehr häufig. Was mir niemals klar geworden ist, ist der Grund, warum typischerweise böse Möchtegernweltbeherrscher ihre schwächsten Wächter am Eingang ihrer Festungen oder Dungeons platzieren, so dass die Abenteurer/Helden erstmal eben auf jene einfacheren Gegner treffen und so Erfahrung sammeln können, die sie dann, wenn sie auf die wirklichen Brocken treffen, dringend brauchen. Dieser Bösewicht ist da viel klüger: Schon die allerersten Monster, auf die man trifft, können mit nur wenigen Treffern die gesamte Gruppe des Spielers auslöschen!

[Wandrell] Ich weiß schon nicht mehr, wie oft ich gestorben bin, bis mir klar wurde, dass schon die ersten Gegner, die man überhaupt trifft – die fliegenden Augen –, selbst über magische Fähigkeiten verfügen. Ich glaube, es gibt schwächere und stärkere Varianten der Gegner, aber das erkennt man leider erst, wenn man bereits tot ist.

[Mr Creosote] Ein ganz tyisches Genreproblem macht sich bei so schlagkräftigen Gegnern natürlich besonders bemerkbar: Obwohl man ja eigentlich immerhin vier Personen zur Verfügung hat, kann man keine Wachen aufstellen. Ist man also beispielsweise gerade damit beschäftigt, die Wasserschläuche frisch aufzufüllen, kann einen ein Monster ohne weiteres von hinten überraschen und die ersten Toten gibt es bereits, bevor man sich überhaupt umzudrehen schafft. Das ergibt überhaupt keinen Sinn, denn warum können denn nicht beispielsweise zwei der vier die anderen Richtungen im Auge behalten?

[Wandrell] In einem der Ishar-Spiele gibt es glaube ich eine Option, die schwächeren Charaktere von den anderen bewachen zu lassen. Doch ein solch komplexes Gruppenmanagement gibt es hier nicht, man muss einfach permanent wachsam sein und die Ecken und Winkel der Gänge zu seinem Vorteil nutzen, also beispielsweise eben mit dem Rücken zur Wand stehen, um so Überraschungsattacken auszuschließen. Wobei man natürlich später auch noch auf Gegner trifft, die um einen herumschleichen können, was dann noch wieder für weitere Probleme sorgt.

Glaubt man der Zauberspruchliste in der Anleitung, kann man auch Wände erschaffen und Runen verwenden, die einem hierbei helfen sollen.

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Das letzte Bild, das unbedarfte Spieler sehen werden

[Mr Creosote] Man muss also wirklich immer gut aufpassen. Das gilt auch, damit man keine Hinweise übersieht; geht man beispielsweise blauäugig einfach die erste Treppe hinunter ins zweite Level, wird man sofort von dem berüchtigten zweiköpfigen Oger abgeschlachtet. Egal, wie geschickt man auch kämpft – ohne das versteckte magische Schwert kann man ihn nicht verwunden.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass nach den impliziten einsteigerfreundlichen Versprechungen der Charaktergenerierung dann das eigentliche Spiel genau das Gegenteil ist. Black Crypt ist eines der schwierigsten Spiele aller Zeiten!

[Wandrell] Dieses Schwert zu finden, ist wirklich ein Erfolgserlebnis. Doch noch besser wäre es, wenn der Krieger dann damit auch mal einen Gegner träfe. Dabei, diesen Oger zu töten, ist die Hälfte meiner Gruppe draufgegangen. Und eigentlich ist er ja auch nur dazu da, den Fortschritt des Spielers einzuschränken/zu kontrollieren, ohne sich Rätsel einfallen zu lassen. Denn genau das vermisse ich in dem Spiel: gute Rätsel. Es gibt natürlich jede Menge Geheimgänge, aber letztendlich beschränkt sich das ja doch nur darauf, sich alle Wände genau anzugucken und vielleicht auch einfach mal auszuprobieren, ob man einfach durchgehen kann.

[Mr Creosote] Ein hoher Schwierigkeitsgrad kann ja aber auch entsprechend motivieren. Wenn man eben ein solches Monster, das einen schon so oft geschlagen hat, endlich tötet, dann ist das ein riesiges Erfolgserlebnis.

[Wandrell] Ja, vielleicht klingt das ein bisschen masochistisch, aber selbst als ich dauernd umgebracht wurde, hatte ich trotzdem Spaß. Das Spiel schafft es trotzdem, die Balance zu halten.

[Mr Creosote] Natürlich muss ich zugeben, dass ich nicht bis zum Ende gekommen bin, doch ich stelle mal die Vermutung auf, dass das allein mir nicht als Motivationsfaktor reichen würde. Die Aufgaben und Herausforderungen sind dann doch recht einseitig; die eigenen Charaktere werden stärker, aber im gleichen Maße eben auch die Gegner. Große oder kleine Plotentwicklungen (oder überhaupt welche) gibt es nicht. Man kämpft sich einfach nur durch immer mehr und mehr Monster, benutzt dabei ein wachsendes Arsenal von Zaubersprüchen, bedient sich immer schwererer Waffen und findet immer noch einen weiteren Geheimgang.

[Wandrell] So kann man eigentlich jedes Dungeon-Master-ähnliche Spiel zusammenfassen. Aber in diesem Spiel trifft es den Nagel wirklich auf den Kopf; um mehr, als alles zu töten, was sich bewegt, geht es wirklich nicht.

Als Problem sehe ich es eher, dass der hohe Schwierigkeitsgrad manchmal doch ein recht billiger Weg ist, den Spieler aufzuhalten. Ich bin gerade mal ins vierte Untergeschoss (von 28) gekommen und schon die ersten beiden Level haben einfach zu viel Zeit gekostet. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass die Automapping-Funktion ein Verlaufen verhindert.

[Mr Creosote] An mangelndem Bedienungskomfort liegt es definitiv nicht: Die Handhabung funktioniert prinzipiell gut genug (auf die drei Kleidungsebenen und rekursive Behälter in Behältern hätte man jedoch verzichten können) und das Automapping ist sogar hervorragend, da signifikante Orientierungspunkte klar erkennbar eingezeichnet werden. Das Spiel ist nicht unfair und betrügt auch nicht – es ist einfach nur scheißschwierig!

[Wandrell] Dass man die Wurfmesser und Pfeile immer wieder neu aufsammeln muss, ist noch etwas nervig. Doch mir ist kein ähnliches Spiel aus der Zeit bekannt, der dieses Problem gelöst hätte, und diese Beobachtung ist auch kein prinzipieller Einwand gegen das einfache Bedienungskonzept. Nett wäre jedoch ein Weg gewesen zu erfahren, wie viel besser die neue Waffe, die man gerade aufgesammelt hat, denn nun gegenüber der alten ist.

[Mr Creosote] Das ist schon richtig, das ist nicht sichtbar. Wobei es natürlich in gewisser Weise realistisch ist, dass ein Schwert nicht „+3“ auf dem Griff eingraviert hat. ;)

[Wandrell] Na ja, ein „+1 Wurfmesser“ gibt es ja sehr wohl. Doch das unterscheidet es ja nur von anderen Wurfmessern, doch eine Relation zu anderen Waffen ist das nicht. Wo ist beispielsweise der Unterschied zwischen Streitkolben und einem Hammer?

[Mr Creosote] Wie haben dir Grafik und Sound gefallen?

[Wandrell] Wie eigentlich von einem Amiga-Spiel zu erwarten – gut. Nicht so abwechslungsreich wie beispielsweise Dungeon Master 2 oder Eye of the Beholder, aber die Gegner sind klar zu erkennen (und zu unterscheiden) und die Gänge sind, obwohl sie ja nur aus wenigen Elementen bestehen (Wand, Pfeiler und Türen), nicht allzu eintönig.

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Ein Zauberspruch soll gegen dieses Monster helfen

[Mr Creosote] Die grafischen Magiespielereien fang ich besonders nett anzusehen. Für die Techniker sei darauf hingewiesen, dass es sich um eines der ganz wenigen Spiele handelt, die einen Halfbrite-Modus benutzen, und so doppelt so viele Farben wie sonst üblich gleichzeitig auf dem Bildschirm darstellen können.

[Wandrell] Hauptsächlich sind die Zaubersprüche ja einfach bunt, was einen guten Kontrast zum Dungeon selbst bietet.

[Mr Creosote] Ja, und sie sind eben ganz nett animiert. Wenig Aufwand, aber großer Nutzen.

[Wandrell] Fassen wir es mal zusammen. Wir haben hier letztendlich eine Dungeon-Master-Version streng nach Vorschrift, die ein paar Neuerungen, wie beispielsweise Automapping, bietet, aber eigentlich nur das Altbekannte zeigt. Doch diese bekannten Versatzstücke setzt es gut um, so dass es Spaß macht. Allerdings ist es dermaßen schwierig, dass man eine Menge Zeit braucht.

[Mr Creosote] Letzteres kann man nicht häufig und deutlich genug betonen: Black Crypt bietet keinen „geschützten Raum“, wie man ihn in der Anfangsphase so vieler neuerer Spiele findet – es lässt einen direkt ins Verderben rennen! Es gibt weder Regeln noch sonstige Hindernisse, die es verhindern, dass man sich zum Deppen macht. Macht einem das nichts aus und hat man die Zeit – und damit ist viel Zeit gemeint – ist es sehr gut umgesetzt. Wenn einem Eye of the Beholder beispielsweise zu einfach ist (oder die fehlende Automappingfunktion nervt), dann könnte Black Crypt die richtige Wahl sein!

Ich persönlich werde es allerdings wohl niemals durchspielen.

[Wandrell] Ich werde es vielleicht nochmal später weiterspielen, aber es ist eben schon so, dass man hier für vier Level genausoviel Zeit benötigt, wie sonst für ein halbes Spiel.

[Mr Creosote] Also, liebe Experten, wenn ihr mal ein freies Jahr habt…

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