Storm Master
für Amiga (OCS/ECS)

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Mr Creosote:
Firma: Silmarils
Jahr: 1992
Genre: Action, Strategie
Thema: Sonstige Fantasy / Fliegen / Krieg
Sprache: Français, English, Deutsch
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 9682
Rezension von Mr Creosote (09.06.2012)
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Silmarils war immer für interessante Veröffentlichungen gut. Viele ihrer Spiele scherten sich nicht um die Gesetze und Grenzen traditioneller Genres, viele hatten einen einprägsamen audiovisuellen Stil und viele hatten Geschichten, die faszinierend-seltsam waren. Auf dem Höhepunkt ihrer produktivsten Zeit veröffentlichten sie Storm Master, das leider nach erster Begeisterung schnell wieder zugunsten der konservativeren (und eben auch erfolgreicheren) Ishar-Reihe in der Versenkung verschwand.

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Ein neues Schiff wird entworfen…

Storm Master kann man am besten als Silmarils' Versuch beschreiben, ein Spiel im Stil Cinemawares (primär natürlich Defender of the Crown) zu machen, dabei jedoch komplexitätstechnisch tieferzugehen. Der Spieler übernimmt die Kontrolle über den Inselstaat Eolia, der sich im permanenten Konflikt mit seinem Nachbar Shaarkania befindet. Obwohl die beiden Inseln nur durch einen kleinen Kanal getrennt sind, ist der Seeweg aufgrund eines dort lebenden allesfressenden Monsters nicht befahrbar. Deshalb haben die vorindustriellen Staaten Flugschiffe entwickelt, um ihre Schlachten zu schlagen.

Eine Gruppe Berater unterstützt den Spieler bei seinen Aufgaben. Die vielleicht wichtigste davon, da die Grundlage aller anderen Aktivitäten, ist das wirtschaftliche Management des Staates: Korn muss zur Ernährung der Bevölkerung angebaut und verarbeitet werden, eine besondere Honigsorte erhöht die Intelligenz der Leute und aus einer speziellen Wolle werden Segel für die Flugschiffe hergestellt. Zuguterletzt muss die Wirtschaft natürlich auch noch die Rechnungen für die militärischen Aktivitäten zahlen. Ebenfalls wichtig, und auch immerhin für das Spiel titelgebend, ist die Kontrolle der Winde. Durch religiöse Zeremonien (die sich unerwartet als kleine Actionszenen entpuppen) können die Windrichtungen und -stärken entweder vorhergesagt oder sogar beeinflusst werden. Da Wind die einzige Energiequelle der Länder ist, stellt sich dies als essentiell heraus.

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…in den Kampf geschickt…

Im militärischen Kontext dient ein Leonardo-Verschnitt als Kontaktperson zur Entwicklung und Konstruktion neuer Schiffe. Der Spieler kann diese erstmal auf dem Reißbrett nach seinen Vorstellungen auf Basis grundlegender Modelle ausstatten. Wie dies am besten geschieht hängt von den strategischen Plänen des Spielers ab. Manche Schiffe können zahlreiche Soldaten transportieren (die zwecks Plünderung in feindlichen Städten abgesetzt werden), andere sind dagegen wendig oder stark bewaffnet und so in Luftkämpfen durchsetzungsfähiger. Letztere werden in schnellen, dreidimensional dargestellten Actionszenen ausgefochten, die sogar noch mehr als der Rest des Spiels die zugrundeliegende originelle Technologie dieser Welt zeigen: Während seltsame Heißluftballons und hölzerne Schiffe in Sicht kommen, steuert der Spieler nicht nur sein eigenes Schiff, sondern löst auch dessen Waffen aus – mehrere Pfeile sowie eine überdimensionierte Steinschleuder! Ein typisches Problem einer solchen Genremixtur wird jedoch vermieden: Die strategische und die Actionebene sind durch eine taktische Zwischenebene, die ebenfalls in Echtzeit abläuft, aber auf der normalen strategischen Landkarte stattfindet, spielerisch miteinander verbunden.

Doch natürlich besteht die Staatsverwaltung aus noch weiteren Aspekten, wie beispielsweise zerstreuende Maßnahmen für den gemeinen Pöbel und Warenhandel. Herzstück des militärischen Vorgehens sind sicherlich die bereits beschriebenen Überfälle auf die gegnerische Insel (Eroberung ist nicht vorgesehen – nur Zerstörung), doch auch weniger offene Agressionen wie beispielsweise Spionage (mit Hilfe trainierter Vögel) oder Attentate (auf die gegnerischen Minister, was diesen Bereich des Gegners eine Zeit lang völlig außer Gefecht setzt) sind vorgesehen.

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…und schon bald ist die erste Stadt zerstört.

Grafisch und musikalisch ist Storm Master wirklich eindrucksvoll. Die an sich winzige einführende Animation ist bereits extremst effektiv, den Tonfall des gesamten Spiels zu definieren. Was natürlich nicht ausreicht, ein Spiel bereits als „gut“ zu bezeichnen. Doch in einem Spiel, das eben doch einen guten Teil seines Anreizes aus seinem Stil zieht, ist es schon wichtig. Die audiovisuelle Seite des Spiels kommuniziert die Gesetze dieser seltsamen Welt sehr gut zum Spieler. Und das macht dann auch die kleinen Interfaceproblemchen gleich viel erträglicher: Auf manchen Bildern ist es leider nicht direkt ersichtlich, wo sich die klickbaren Hotspots befinden, aber das macht lange nicht so viel aus, wenn jene Bilder immerhin schön (und interessant) anzusehen ist.

Spielerisch befindet sich das Spiel vielleicht nicht in der höchsten Klasse, doch es ist komplex und logisch genug, um diese Welt ausreichend mit Leben zu füllen, so dass das Gesamtpaket sehr unterhaltsam ist. Klar, ohne diese spezielle Welt wäre Storm Master alles andere als spektakulär. Nach ein paar Stunden Spielzeit werden vor allem die Beschränkungen der Actionszenen sehr deutlich: Die religiöse im Besonderen wiederholt sich immer exakt gleich. Und warum gibt es eigentlich überhaupt keine eigene Actionszene zum Überfall auf Städte oder andere Infrastruktur? Vielleicht sogar eine, die man dann von beiden Seiten spielen könnte (d.h. wenn man selbst angegriffen wird als Verteidiger)? Genauso ist auch die „beste“ (im Sinne von „effizienteste“) strategische Variante in den meisten Szenarien (die eigentlich nur die initialen Machtverhältnisse zwischen den beiden Kontrahenten definieren, dies aber wiederum in Form einer Pseudo-Geschichtsschreibung nett aufbereiten) recht durchschaubar der sofortige, kompromisslose Angriff auf den Gegner, was natürlich die anderen Spieloptionen recht nutzlos erscheinen lässt.

Doch es zählt eben das Gesamtpaket und diesbezüglich kann Storm Master punkten. Dass es kürzere Wege zum reinen Gewinnen einer Partie gibt, muss einen ja nicht stören, wenn man eine längere, epischere Partie spielen möchte!

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