Fascination
für Amiga (OCS/ECS)

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Mr Creosote:
Firma: Coktel Vision
Jahr: 1992
Genre: Adventure
Thema: Krimi
Sprache: Français, English, Deutsch, Italiano
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 17651
Rezension von Mr Creosote (22.12.2012)
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Ein „erotisches“ Adventure aus Frankreich, dass sie Fascination nennt? Nein, mit Jean Rollins Vampir-Lesbenfilm des gleichen Namens aus den späten 70er Jahren hat das Spiel rein gar nichts zu tun. Schade, denn es wäre schon interessant gewesen, mal zu sehen, wie Jemand diese… surreale ganzheitliche Erfahrung versucht hätte zu adaptieren…

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Oha, welch ein „Wortspiel“

Trotzdem ist das Spiel tatsächlich deutlich von einem allseits bekannten Filmgenre beeinflusst. Das erste Spiel aus Coktels inoffizieller „Erotiktrilogie“ war eine Adaption von Emmanuelle gewesen, die jedoch weniger dem Roman, als vielmehr den 70er-Jahre-Softcore-Filmen mit Sylvia Kristel in der Hauptrolle schuldete. Selbst diese ersten Filmchen haben keinen besonders guten Ruf (durchaus zu Recht), aber im Vergleich, was im Filmgenre dann in den nächsten Jahren folgte, sind sie doch ehrlich gesagt schon fast anspruchsvolle Kunstwerke. Fascination hängt sich inhaltlich wie stilistisch dagegen an eben jene billig produzierten „Erotikfilme“ an, die in den 70ern und 80ern förmlich am Fließband produziert wurden. Es könnte schon fast eine Satire sein, jedoch wäre es eine extremst trockene, weil eben keine Distanz zu erkennen ist; man scheint genau auf die typischen hormonellen Probleme heranwachsender Männer abzielen zu wollen, ohne sich jedoch verpflichtet zu fühlen, wirklich diesbezüglich abzuliefern: An jedem Zeitungskiosk bekommt man auf der offenen Auslage mehr zu sehen!

Da das soweit geklärt ist: Um was für ein harmloses Spielchen handelt es sich also bei Fascination? Die Geschichte dreht sich um Doralice, die – wie sie es selbst ausdrückt – „attraktivste Pilotin auf dem Flug Paris-Miami“. Während des Fluges stirbt ein Passagier und ihr fällt eine Aktentasche in die Hand, in dem sich ein kleines Gläschen voller MacGuffin befindet. Wem kann sie in einer Welt voller Karikaturen noch trauen? Sicherlich dem Polizeiinspektor, der in einem elektrischen Rollstuhl sitzt, niemals seine verspiegelte Sonnenbrille abnimmt und permanent seine unbewegliche Katze streichelt…

Wie in Coktels Adventures üblich geschieht die Interaktion auf recht statischen Szenen, die einem durch die Augen der Protagonistin gezeigt werden. Mittels der intuitiven Mausinterfaces, inklusive eines Cursors, der klug auf die Berührung relevanter Objekte reagiert, nimmt man die vom Spiel vorgesehenen Aktionen vor.

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Das ist ja sicher jedem sofort ins Auge gefallen.

Dabei wird es jedoch leider sehr hässlich. Das Spiel ist an sich sehr kurz, und wohl um die Spielzeit zumindest in einem einigermaßen erträglichen Rahmen zu halten, wählte man seitens der Designer den für sie einfachsten Weg: Anstatt mit mehr Inhalt oder zumindest einfallsreichen Rätseln zu glänzen, versteckte man einfach jedes zweite Objekt auf den Bildschirmen. „Pixelsuche“ ist dabei wirklich wörtlich zu nehmen, denn diverse Objekte sind tatsächlich nicht größer als ein oder zwei Bildschirmpunkte! Und selbst wenn man sich darauf einlässt und alles genauestens durchsucht, halten einen immer noch die unmotivierten Todesszenen und (sogar noch schlimmer) die unkommunizierten Sackgassen, die man selbstverständlich immer erst eine Stunde später bemerkt, auf. Alles scheint darauf hinauszulaufen, die Spieler von einer der lächerlichsten Auflösungen der Spielegeschichte fernzuhalten!

Alles stellt sich also genauso dar, wie eben diese „Softcore“-Filme: Inhalt und Produktionsqualität befinden sich auf der niedrigstmöglichen Stufe, die die Produzenten wohl noch gerade für akzeptabel hielten, um gewalttätige Proteste zu vermeiden. Stattdessen verlässt man sich eben ganz auf den „verruchten“ Ruf, den man fast automatisch zugesprochen bekam in diesem Medium, das ja noch nicht viel gesehen hatte im Bereich „Erwachsenenunterhaltung“, wenn man ein paar „sexy“ Szenen aus Selbstzweck einbaute. Die allerdings, wie ja bereits erwähnt, tatsächlich lächerlich zahm ausfallen.

Trotzdem war es Ehrensache, das Spiel nochmal komplett durchzuspielen für diese Rezension. Deshalb bekommt es auch eine eigentlich unverdient hohe Wertung, doch das hängt wirklich nur mit den nostalgischen Gefühlen zusammen, die die beinahe perfekte Authentizität der Machart im Vergleich zu diesen blöden „Softcore“-Streifen mit ähnlich lächerlichen Handlungen und albernen Dialogen, die man sich früher spätabends im Fernsehen angeguckt hat, obwohl einem bereits vorher völlig klar war, dass die eine Duschszene der Haupt-„Darstellerin“ dadurch verdorben würde, dass irgendein haariger, übergewichtiger Typ mit zu ihr in die Duschkabine steigen würde und, während er sie im Zeitlupe abgrabbelt, natürlich im Vordergrund stehen, also den Blick verdecken würde, mit sich bringt. Ja, lacht nur aber das waren nun mal Zeiten lange bevor das Internet echte Pornographie in unendlichen Mengen jederzeit auf Abruf verfügbar gemacht hat. Ob es wirklich nötig war, dieses Genre auch ins Computerspielmedium zu übersetzen? Da könnte man sich selbst eine Meinung bilden. Doch objektiv gesehen ist die Antwort offensichtlich nein!

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