Operation Cleaner
für PC (DOS)

Herr M.:
Firma: Jan Nyman
Jahr: 1998
Genre: Denkspiel
Thema: Humor / Einzigartig
Sprache: English
Lizenz: Freeware
Aufrufe: 8941
Rezension von Herr M. (29.06.2013)
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Operation Cleaner ist ein kostenloses Homebrew-Spiel, das von einem gewissen Jan Nyman (einem unabhängigen finnischen Programmierer) Ende der 90er geschrieben wurde. Das Spiel, welches einen in die Rolle eines Sprengmeisters versetzt, besteht hauptsächlich aus vertikalen Querschnitten von Gebäuden, in welchen man mehrere Arten von Sprengstoff platziert, diese verkabelt und dann den roten Knopf drückt, um das darauf folgende Spektakel zu beobachten. Noch ein paar Leute anstellen, die das Durcheinander aufräumen, und das war's.

Das klingt jetzt ein wenig schlicht, und gewiss ist es das auch, aber es macht trotzdem einen Heidenspaß den ganzen Holzhütten, Ex-Hotels, Türmen und Sendemasten beim Zusammenstürzen zuzusehen. Auch wenn die Möglichkeiten ein wenig eingeschränkt und die Spielmechanismen nicht gerade ultrakompliziert sind, gibt es doch ein paar nette Pluspunkte, die dem Spiel einen gewissen Reiz verleihen. Wie etwa, dass man seinen Stresspegel senken kann (indem man sich einen Rennwagen kauft, ein gutes Essen genießt usw.) oder auch manche von den Aufgabenbeschreibungen. Zudem sind viele von den größeren Gebäuden in den dichter besiedelten Gegenden durchaus herausfordernd genug, dass das ganze nicht zu einem Kinderspiel verkommt.

Trotzdem ist das Spiel im großen und ganzen eher einfach, hauptsächlich weil die „Simulation“ auf der Realitätsskala definitiv im phantastischen Bereich liegt. Neben den rudimentären wirtschaftlichen Aspekten (nicht mehr Geld ausgeben, als der Job hergibt; versuchen, keine Versicherung in Anspruch nehmen zu müssen), ist vor allem die Physik völlig daneben. Das überrascht aber nur wenig: Bedenkt man die Rechenleistung eines typischen MS-DOS-Rechners und die Komplexität von Bewegungsgleichungen von mehreren Objekten in einem Schwerefeld, so muss man seine Erwartungen wohl doch ein wenig zurückschrauben. Allein das „Wissenschaftliche“ an diesem Spiel ist entweder sehr unterhaltsam oder extrem störend. Ich denke jeder weiß so ungefähr wie die typische Sprengung eines Gebäudes aussieht: Zuerst kommt die Explosion worauf das Gebäude einstürzt und sich in sich selbst zusammenfaltet. So wird das in diesem Spiel allerdings nie passieren, wofür es gleich mehrere Gründe gibt.

Ein Punkt, der einem gleich bei den ersten Aufträgen auffallen wird, ist, dass ein einfacher Block einen ganzen Wolkenkratzer tragen kann. Die Gebäude krachen nicht zusammen, ja sie bewegen sich nicht das kleinste bisschen, solange man keine ungebrochene Verbindung von Links nach Rechts frei gesprengt hat. Ich denke, man braucht keinen Abschluss in einer Ingenieurswissenschaft, um instinktiv zu wissen, dass das nicht stimmen kann. Und wenn sie dann endlich einzustürzen beginnen, kippen sie niemals um. Man mag sich noch so viel Mühe geben, das Ganze fällt schlicht gerade nach unten, wobei jegliche Überlegungen bezüglich der Gesamtstabilität vernachlässigt wird. Im echten Leben wäre das eigentlich sehr praktisch, da ein instabiles Gebäude zu den größten Problemen einer schief gegangenen Sprengung zählt.

Die Art und Weise wie die Trümmer zu Boden fallen ist außerdem auch ein wenig merkwürdig. Es sollte inzwischen zum Allgemeinwissen gehören, dass alle Körper mit der gleichen Geschwindigkeit nach unten fallen (wenn man Reibungseffekte vernachlässigt, was man in diesem Fall ruhigen Gewissens tun kann). In der Wirklichkeit führt das zu dem netten Effekt, dass ein gesprengtes Bauwerk wie ein riesiger Aufzug zu Boden fährt. Alle Bruchstücke fallen simultan. Allerdings nicht in diesem Spiel: Da die Bewegung jedes Teils einzeln berechnet wird und nur eine Form der Wechselwirkung kennt (bewege dich nach links oder nach rechts, wenn du auf einem anderen, still stehenden, Teil stehst), kommt es zu so bemerkenswerten Ergebnissen wie dass höher gelegene Fragmente jene weiter unten überholen oder mit ihnen zusammenstoßen oder dass sich ein Stück von links unter ein rechts gelegenes schiebt. Das Endergebnis ist vielleicht nicht so viel anders wie jenes einer ausgefeilteren Berechnung, aber der Schutt türmt sich schon zu verdächtig symmetrischen Haufen auf.



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Finde die Fehler!

Etwas, was erst bei den wirklich großen Gebäuden auffällt, ist, dass sie während des Einsturzes nicht zusammenklappen. Das kommt daher, dass der Querschnitt beim Volumen nicht zwischen einer Wand, die parallel (viele „Teile“) und einer die senkrecht (wenig „Teile“) zur Blickrichtung verläuft, unterscheidet. Jeder Block nimmt genau den selben Raum ein. Das Bauwerk ist also ein massiver Festkörper[1] anstatt eines Hohlkörpers. Um es ein wenig anschaulicher darzustellen: Wenn man in diesem Spiel einen Milchkarton flachdrücken müsste, würde es einem die unmögliche Aufgabe stellen, das zu tun, während dieser noch randvoll ist. Und das ist ein schwerwiegender Fehler, denn warum sollte man sich die Mühe machen, ein Gebäude zu sprengen, wenn man dadurch nichts weiter erreicht, als dass man die Einzelteile in der Gegend verstreut?

Und wo wir schon beim Thema verstreuen sind: Die Explosionen machen nicht mehr als dass sie ein paar Stückchen des Gebäudes in Luft auflösen und willkürlich ein paar Blöcke beschädigen. Weder gibt es Druckwellen, noch Hitzewirkung oder gar die Notwendigkeit, irgendetwas zu synchronisieren. Für ein Spiel, dass sich fast nur um Explosionen dreht, werden diese ziemlich stiefmütterlich behandelt, was ihre Simulation anbelangt.

Trotzdem: Es ist eben ein Spiel, und noch dazu ein sehr unterhaltsames, auch wenn ein Großteil des Spaßes von den köstlich bizarren „Naturgesetzen“ stammt. Und wesentlich schlimmer als die groben Näherungsrechnungen ist die Tatsache, dass es eine Taktik gibt, die fast nie fehlschlägt. In den seltenen Fällen wo sie das tut braucht es nur ein Minimum an Anpassung. Ich werde hier mal nichts weiter verraten, weil das Spiel, sobald man weiß, wie man es anstellt, nur noch eine Endlos-Wiederholung der immer gleichen Schritte wird.

Sich an unterschiedlichen Vorgehensweisen zu versuchen, die Sprengladungen zu optimieren um diese „beste“ Methode herauszufinden, zusammen mit dem Kuriositäts-Faktor machen das Spiel sicher interessant genug, sich mit mehr als den ersten paar Leveln auseinanderzusetzen. Allerdings wird es nicht ganz für die Unzahl an Bauwerken reichen, die das Spiel zu bieten hat. Sollte es doch, oder wenn einem ein ganz spezieller Aufbau für eine „Operation“ vorschwebt, gibt es auch noch einen sehr komfortablen Level-Editor.

Angesichts der Tatsache, dass es sich hier um ein Einmannprojekt handelt, denke ich, dass es ein sehr annehmbares Werk ist. Obwohl die recht unspektakuläre Ausführung furchtbar gealtert ist und es dem Spiel ein wenig an ausgefeilteren Mechanismen mangelt, ist es überraschend spielbar. Ich kann es nur wärmstens empfehlen, wenn man sich zumindest für eines der folgenden drei Dinge begeistern kann: selbstgemachte Spiele, ungewöhnliche Spielideen oder Sachen in die Luft zu sprengen. In den folgenden Fällen würde ich hingegen auf alle Fälle dazu raten, die Finger davon zu lassen: Verwendung des neusten Spielerechners, hohe Ansprüche an eine möglichst verschachtelte Handlung oder Planung einer tatsächlichen Gebäudesprengung.

PS: Und ja, es gibt eine Mission mit zwei sehr nah beieinander stehenden, hohen Gebäuden, die deshalb auch ein „twin" im Namen tragen… und sie stehen in New York. Nun, dieses Spiel stammt definitiv aus wesentlich harmloseren Zeiten.

[1] Da das Spiel in einer 2D-Welt abläuft, werden die Gebäude genau genommen wie eine ebene Fläche behandelt, obwohl ein „normales“ Gebäude sich wie dessen Rand verhalten sollte. Da wir aber auch annehmen müssen, dass die Gebilde eine Tiefe haben (z.B. gibt es eine Schattierung, und, ein wenig bodenständiger, niemand könnte in einem 2D-Haus wohnen), kann man auch weiterhin von obigen Annahmen ausgehen.

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