Robin & Orchid
für Interpreter (Glulx)

RobinOrchid.png
Mr Creosote:proc:Gesamt:
3.5/6
Besucherwertung:
3/6
Firma: Ryan Veeder / Emily Boegheim
Jahr: 2013
Genre: Adventure
Thema: Horror / Textbasiert
Sprache: English
Lizenz: Freeware
Aufrufe: 18399
Rezension von Mr Creosote, proc (05.11.2013)
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Robin & Orchid handelt von Geisterscheinungen in einer Kirche, der die Schülerin Robin im Auftrag ihrer Schülerzeitung „Warbler“ als Fotografin für einen Beitrag nachgehen muss. Robin kann dabei für ihre Recherchen mit Sharon und Orchid vor Ort ein Notizbuch ihres Redaktionschefs Casey konsultieren und mit einer Polaroid-Kamera Fotos machen, welche diese Erscheinungen belegen sollen.

Geisterbahn

[proc] Die Geistersichtungen passierten auf einem „lock-in“, in dem sich Teenager eine Nacht in Schulen oder Kirchen einschließen lassen und dann ohne Erwachsene tun und lassen können, was sie wollen. Weitere Akteure waren dabei, die sich über Objekte und Caseys Notizen darüber teilweise in kompletten Lebensgeschichten äußern. Die Geschichte spielt aber nicht auf einer solchen Slumber-Party, die Türen sind nicht abgeschlossen und Jungs dürfen nicht anwesend sein. Was machen die Mädels da, ist es einfach nur eine Recherche? Oder gar ein Einbruch?

[Mr Creosote] Es ist Recherche, so habe ich es aufgefasst (wenn auch der Einleitungstext sehr vage ist). Redaktionsleiter Casey hat den Auftrag erteilt, Kollegin Sharon musste in den sauren Apfel beißen und die Aufsichtsperson spielen, während die beiden Mädchen die Kirche nach Geistern absuchen.

[proc] Zwei Stellen machen mich stutzig: Zum einen sagt das Vorwort zu Caseys Notizbuch, „I am writing to you from the past. Back here in the past it is very dark“. Später lässt sich eine verbotene Tür öffnen, die Geschichte schaut dann kurz in einer düsteren Zukunft für Robin, um dann mit ungeöffneter Tür weiterzugehen. Viele Detailverweise rekurrieren auf eine „ferne Vergangenheit“, so hatte z.B. auch Jugendleiter Patrick eine Vorgängerin in einer „distant past“, die mit der Suiziden Jennie in Verbindung gebracht werden könnte, dem Geist. Gehen wir von einer journalistischen Geisterjagd aus oder habe ich da eine Erzählebene übersehen?

[Mr Creosote] Das ist eben die Doppeldeutigkeit, an der sich das Spiel stellenweise versucht. Die Ausgangssituation stellt sich für den Spieler erstmal so dar, als handelte es sich bei solchen Einträgen wie den von Casey über Casey um einen Scherz: Da Casey seine Notizen natürlich geschrieben hat, bevor Robin sie liest, „schreibt er aus der Vergangenheit“. Die „verbotene Tür“ (die des Büros) dagegen ist ja kein tatsächlicher Vorgriff in die Zukunft, sondern nur ein Ausdruck von Robins übervorsichtigem, gar änstlichem Charakter, der sie sich schreckliche Konsequenzen ausmalen lässt.

[proc] Ich bin auch mehr auf der Schiene, dass das Spiel inhaltlich eine Verwirrungstaktik verfolgt: Gemeint ist die vordergründige Geschichte, aber durch Einstreuen vieler Details, etwa die herzzerreißende Story der „homeschooled Gwen“, können Spieler in beliebige Tiefen hinabtauchen. Ist das nun ein Spiel mit beliebig einstellbaren Tiefenkanälen oder haben diese Anekdoten zusammen mit den NPCs einen tieferen Sinn?

[Mr Creosote] Tja, und damit sind wir natürlich bereits bei der entscheidenden Frage angekommen. Ich habe mich nach einigen Runden entschlossen, dass es alles herzlich wenig bedeutet. Das Spiel will die Spieler verunsichern, aber es ist eben doch nur ein Deckmantel für fehlende Aussagen. Je nachdem, welches Ende man erreicht, löst sich das Ganze ja auch ehrlich gesagt in Wohlgefallen auf: Bei dem meines Erachtens naheliegendsten Ende sitzt man am Ende mit Casey in einem Raum und die Geistergeschichte hat sich als menschlicher Schabernack herausgestellt. Soviel zum Thema Casey und seine „distant past“ sowie Geister-Jennie.

Auch das zweite Ende, das ich gesehen habe, deutet nicht auf irgendwelche übernatürlichen Vorkommnisse hin. Im Gegenteil, beide sind vollkommen weltlich orientiert. Wenn da mehr hintersteckt, ist es zu gut versteckt.

[proc] Ich denke, das Spiel ist als Geisterklamauk angelegt und will mit kryptischen Hintergrundinfos verunsichern. Wie man es dreht und wendet, da ist nichts Übernatürliches zu entdecken und wird nur hier und da suggeriert.

Dann können wir den inhaltlichen Teil schonmal in etwa zusammenfassen: Es geht um Schabernack in einer Kirche und um nichts sonst. Diese Meinung hat sich jedenfalls nach mehrfachem Durchspielen erhärtet, weil die Randgeschichten zu sehr eingestreut wirken, ohne die Story insgesamt zu berühren. Sie sind sozusagen Christbaumschmuck, es ist ja im Grunde eine Weihnachtsgeschichte.

Breite & Tiefe

[proc] Aber wenn schon vollkommen weltlich, entsteht eben durch diese Hintergrundinfos die Frage, ob es sich um ein geradezu antireligiöses Spiel handelt. Geht der Klamauk soweit, das Spiel auch dahingehend zweideutig zu halten?

[Mr Creosote] Inwiefern würdest du es als antireligiös bezeichnen?

[proc] Vor allem wegen der Hintergrundgeschichten: Jennie hat sich in ferner Vergangenheit wegen eines religiösen Liebesverbots vom Kirchturm gestürzt. Jugendleiter Patrick wird als Dumpfbacke dargestellt, der kitschige weiße Kreuze mag und Tammy liest während der Predigt lieber Bücher. Mir hat sich die Frage gestellt, ob nun Robin als bessere Christin dargestellt wird, wie das Casey am Ende interpretiert, oder ob diese Geschichte geradezu als Bible Retold-Satire gesehen werden kann.

[Mr Creosote] Also diese These könnte man erstmal schon rein extrinsisch zurückweisen: Ein Spiel, das eingangs gleich mal zwei Kirchengemeinden dankt, ist höchstwahrscheinlich nicht sonderlich kritisch gegen diese Religion eingestellt. Intrinsisch interpretiere ich die von dir vorgebrachten Dinge einfach so, dass es menschliche Geschichten und menschliche Schicksale sein sollen. So in dem Sinne: Überall findet man unangenehme, ziellose oder sogar fiese Menschen. Wobei sowas wie Tammys Geschichte ja ehrlich gesagt auch einfach als „Kinder sind halt Kinder“ interpretiert werden kann, da steckt doch nichts hinter!

[proc] Es geht noch weiter, am Rande kommt das Thema US-Mentalität und Religion vor. An einem Poster oben wird z.B. schon etwas sarkastisch sinniert, ob die Bibel etwa nur für das amerikanische Volk Anwendung findet, und die Gedanken des religiösen Casey mokieren sich über die Flaggen im Altarraum – eine christliche und ein Sternenbanner. Seine Urteile könnten in radikalen religiösen Kreisen durchaus blasphemisch rüberkommen. Also in den USA schlechthin.

[Mr Creosote] Nichts davon unterstützt ja aber eine antireligiöse Interpretation des Spiels. Der These der „besseren Christin“ würde ich dagegen nicht direkt widersprechen, auch wenn ich es selbst so nicht ausgedrückt hätte. Robin wird ja, wie Casey auch, als Person dargestellt, die das, was sie anfasst, auch mit einem großen Ernst verfolgt. Man könnte einige der Nebengeschichten so deuten, dass diese anderen Charaktere ihre Religion nicht ernst genug nehmen. Also könnte man das Spiel als Kritik an „unechtem Christentum“ interpretieren.

Allerdings sehe ich überhaupt keine besonders positive Charakterisierung Robins. Szenen wie die mit der Tür des Pastorenbüros sprechen doch Bände: Sie ist übermäßig pflichtbewusst, bis zur Selbstaufgabe übervorsichtig und gehemmt. Dazu kommt eine gewisse Obrigkeitshörigkeit. Wenn sie, wie du vermutest, die „bessere Christin“ ist, wäre meines Erachtens gerade das eine sehr negative Aussage übers Christentum! Die ich aber nicht sehe, da der einzige „wirkliche“ Christ der Geschichte, Casey, viel lockerer und damit positiver rüberkommt als sie.

[proc] Okay, das Spiel sehe ich unter dem Strich auch als zu weich an, als blasphemisch wirken zu können. Ich denke eher, das Religions-Thema gehört mit zur Verwirrungstaktik. Und da habe ich noch ein anderes: Casey als Mittler, Patrick als christliche Dumpfbacke, Jennies Dad als zerstörerischer Moralapostel, Aiden als schauspielernder Sunnyboy ohne christlichen Wurzeln. Die tragischen Gestalten sind Mädels, die innerhalb eines männlichen christlichen Machtsystems scheitern. Die agierenden Mädels nutzten das System aber für ihre Zwecke. Fährt das Spiel auch auf einer feministischen Schiene oder gehört das auch zur Verwirrungstaktik eines Autorenteams, das den Markt und die Diskussionen kennt?

[Mr Creosote] Auch hier glaube ich, dass du dir mehr Gedanken machst als die Autoren selbst. Für mich geht es in diesem Spiel weder um Religion noch um Feminismus. Es findet nur vor einem religiös geprägten gesellschaftlichen Hintergrund (der damit automatisch patriarchalisch ist) statt. Auch wenn man sich die früheren Spiele von Veeder & Boegheim anguckt, gab es niemals ein solch globales Thema. Vielmehr schreiben die beiden über Menschen, und zwar ganz normale Menschen, mit allen ihren Stärken und Schwächen.

[proc] Die negativen Aussagen über diese methodistische Kirche, über die US-politische Vereinnahmung oder das moralische und gar männlich dominierte Machtsystem sind für mich schon vorhanden, mit denen das Autorenteam aber meiner Ansicht nach spielt. Diese ganzen möglichen Aussagen und Randgeschichten sind weder spielerisch noch erzählerisch entscheidend, können aber in nahezu beliebiger Tiefe verfolgt werden. Das muss gewollt gewesen sein, sonst hätten wir z.B. keine siebenseitige Hintergrundgeschichte über „homeschooled Gwen“ oder die herzzerreißenden Mutmaßungen über die Gründe des Suizids von Jennie Bancroft in ferner Vergangenheit in dieser Kirche.

[Mr Creosote] All diese Geschichten würde ich eben nicht im Sinne einer Kritik an Religionsgemeinschaften lesen, sondern einfach als leicht kitschig angehauchte Storys über Menschen.

Du hast jetzt aber schon zweimal die „beliebige Tiefe“ erwähnt. Da haben wir wohl deutlich unterschiedliche Definitionen von Tiefe. Ich würde dem Spiel beliebige Breite attestieren, in dem Sinne, dass es immer mehr und mehr kleine Geschichten zu entdecken gibt. Tiefe hat für mich jedoch keine davon.

Vom Plaudern & Erzählen

[proc] Aber Hand aufs Herz: Robin & Orchid ist unterm Strich ein Geisterklamauk, der intelligent mit Brennpunktthemen umsäumt wurde. Ich vermute, das kommt bei Juroren an.

[Mr Creosote] Wie gut es ankommen wird, halte ich trotz beliebter Themen für fraglich. Das liegt aber weniger an der Anzahl oder den Inhalten der kleinen Geschichten, sondern daran, dass sie spielerisch überhaupt nicht eingebunden sind. Die Gegenwartsebene (ich scheue mich, Geschichte zu sagen, weil die Autoren eventuell diesen ganzen Hintergrund als die eigentliche Geschichte sehen) besteht ja letztlich nur daraus, eine versteckte Geheimtür zu finden und dann noch eine weitere verschlossene Tür zu öffnen. Das ist spielerisch trivial und was man rein dadurch erfährt, ist erzählerisch uninteressant.

Der ganze Kram, den wie jetzt bisher beackert haben, stammt einzig und allein aus dem Notizbuch. Da das optional ist, werden die meisten Spieler diese Geschichtchen, in denen man vielleicht zumindest etwas sehen kann (mit gutem Willen), niemals sehen. Das halte ich designtechnisch für eine ganz schlechte Entscheidung. Die Dinge, die man interessant finden könnte, werden nicht interaktiv erzählt. Sie geschehen in länglichen Textdumps, die der Spieler manuell aufrufen muss. Die Stichworte für dieses Abrufen liefert die Gegenwart, sonst hat sie aber keine Funktion – sie ist ein reiner Stichwortgeber.

So macht man aber kein motivierendes Spiel, wenn die Interaktionen nur daraus bestehen, Stichworte für die eigentlichen Inhalte herauszufinden! Insbesondere, da diese Beschränkung der Stichworte ja nicht logisch begründet wird, sondern ausschließlich am Medium liegt: Wenn man in der Realität ein Notizbuch hätte, könnte man es von vorne bis hinten einfach durchlesen und wüsste dann alles was drinsteht. In diesem Textadventure wird der entsprechende Befehl dafür aber einfach abgefangen, mit der lahmen Begründung, man habe jetzt keine Zeit, alles zu lesen. Hätte man jedoch eine vollständige Liste aller Themen/Stichwörter, dann hätte man plötzlich sehr wohl „die Zeit, alles zu lesen“. Es handelt sich also um ein rein künstliches Hindernis. Das ist ganz, ganz schlechtes Design!

[proc] Das deckt sich mit meinem Eindruck, die automatisch ablaufenden Dialoge (also mit jedem Turn ein paar Gesprächsfetzen, ohne sich mit einem NPC unterhalten zu können) wirken tendenziell als unnützes Beiwerk. Erschwerend kommt die grandios umgesetzte Polaroid-Kamera ins Spiel, die für mich erzählerisch absolut keinen Sinn ergibt, außer dass Robin eben Fotografin ist. Ich will die Geschichte mal mit einer Wurzel vergleichen, die am Stamm beginnt und irgendwo im Schlamm endet: Sie verästelt sich hier und da, mal nach unten, mal zur Seite, aber am Ende kann sie geometrisch als Linie beschrieben werden. Alles, aber auch absolut alles, empfinde ich als Beiwerk. Als nettes Beiwerk, wohlgemerkt, aber spielerisch überflüssig.

[Mr Creosote] Ja, die Kamera ist eine Spielmechanik, die wahrscheinlich in stundenlanger Kleinarbeit implementiert wurde, die einfach überhaupt keine spielerische Funktion hat. Als Charakterisierungspuzzlestück ist sie immerhin brauchbar: Es passt insofern, dass das Fotografieren ja die Pseudoobjektivität (das Festhalten der Situation in scheinbar echten Bildern) und auch die Distanziertheit Robins (sie scheut sich, Dinge unmittelbar zu erfahren) ausdrückt.

Überhaupt ist Robin ja praktisch die einzige Person, die ungefiltert mit dem Spieler kommuniziert. Alle Bilder, die man von anderen Charakteren bekommt, ob nun Patrick oder Aiden, sind ja keine objektiven. Es sind die Sichtweisen einer anderen Figur, nämlich Caseys. Robins Charakterisierung läuft nicht über stumpfe Meinungsäußerungen in einem Buch, die man vorgelesen bekommt, sondern eben durch ihre Interaktion mit der Welt. Man könnte also sagen: Robins Charakterisierung ist die einzige wirklich interaktiv erarbeitete des gesamten Spiels!

Überhaupt strotzt das Spiel nur so vor Verliebtheit in die Erzähltechnik, ohne dass man jedoch als Rezipient das Gefühl bekommt, dass eine solche wirklich erfolgreich angewendet wird. Die große Crux der Entkopplung der spielerischen und erzählerischen Ebene kann man gar nicht häufig genug betonen. Diese Dialoge mit den scheinbar willkürlich auftauchenden und wieder verschwindenden NPCs sind auch eine solche Sache – ich habe in diesem Spiel niemals das Gefühl bekommen, wirklich interaktiv in die Geschichte eingebunden gewesen zu sein. Sehr schlechtes Zeichen!

Fazit

[proc] Okay, dann will ich abschließend fragen: Funktioniert die Geschichte?

[Mr Creosote] Na, das ist ja sehr breit gefragt, und da wir nicht so richtig geklärt haben, was „die Geschichte“ eigentlich ist, ist es so auch nicht zu beantworten. Über die ganzen Geschichten aus dem Notizbuch haben wir, denke ich, ausreichend gesprochen. Bezüglich der Geschichte der Gegenwartsebene muss ich die Frage aber klar verneinen. Das liegt für mich daran, dass das Spiel selbst keinerlei Interesse an ihr zeigt. An jeder Ecke kam es mir so vor, als schreibe das Spiel selbst in großen Lettern an die Wand: „Das, was du hier tust, ist doch alles egal!“

[proc] Nicht ganz: Es gilt, eine Falltür zu behandeln und den ganzen Schmarrn dann erzählt zu kriegen. Das wirklich Interessante an der Geschichte ist eben diese dreidimensionale Anlage, und ich denke, das war auch der konzeptionelle Punkt: beliebig in Breite im Sinne erzählerisch irrelevanter Anekdoten und Tiefe im Sinne von Hintergründen zu dieser Party, obwohl sie extrem simpel angelegt ist. Die Interaktion erschöpft sich in der Vielzahl von Objekten, über welche Caseys Notizbuch eine Anekdote zu erzählen weiß. Es ist keine neue Idee, kann aber spielerisch eine durchaus interessante Erfahrung darstellen. Nur gibt es schon so viel davon, und die Ergründung von Seitenzweigen ist Geschmackssache. Ich finde: Die Geschichte funktioniert teilweise. Ich finde auch, der Wurzelstamm ist – wenn auch kurz – durchaus interaktiv. Was soll ich sagen: Eine nette Geschichte, die niemand braucht, die aber technisch sehr gut umgesetzt ist.

[Mr Creosote] Jetzt wiederholst du ja aber nur das, was ich bereits sagte (außer deinem Lieblingsmantra der Tiefe, die ich weiterhin verneine): Die Spielerinteraktionen dienen nur dazu, eine andere erzählerische Ebene zu füttern, die völlig von der Gegenwart entkoppelt ist. Robin & Orchid verbindet diese Ebenen nicht und gibt seiner Interaktion somit keine eigene Funktion. Was bleibt, ist also diese völlig entkoppelten Erzählung, die zu allem Überfluss dann auch noch durch einen dritten Charakter wiedergegeben wird, ohne diese Subjektivität zu reflektieren. In guten Spielen, die erfolgreich interaktiv erzählen, müssen alle vorhandenen Ebenen ineinandergreifen. Hier hat der Spieler keinerlei Einfluss auf den Großteil dessen, was erzählt wird. Außer, dass er entscheiden kann, wann er die nächste Seite aufschlägt.

[proc] Du vergisst die netten Rätselchen mit dem Sicherungskasten und dem Hirtenstab, als kleine Geschichte mit interaktivem Spaß kann man sie erstmal durchgehen lassen. Das Generalproblem an diesem Spiel ist das idiotische Nichtmüssen und Allesdürfen. Erzählerisch wie spielerisch.

[Mr Creosote] Welches Rätsel mit dem Sicherungskasten? Ich habe den Sicherungsschalter eingestellt und das war's. Und die Falltür? Habe ich bereits gefühlte hundert Mal in anderen Spielen gesehen. Sogar im gleichen Wettbewerb gibt es mit Cardew House und Tex Bonaventure gleich zwei Spiele, in denen praktisch das gleiche Rätsel vorkommt!

[proc] Rätselchen, nicht Rätsel. Wir wollen doch mal ernst bleiben.

Ich will mal die These wagen, dieses ausgezeichnet implementierte Spiel bewegt sich in einer IF-Erfahrung, in der technische Rafinessen und erzählerische Tiefe notwendig sein sollen, um Aufmerksamkeit zu generieren. Beides liefert das Spiel quasi als Dienstleistung an die Community. Es zeigt aber auch die Gefahren, auf ein solches Gleis zu wechseln: Ich persönlich kann weder eine interessante Geschichte noch erzählerischen Chilli darin entdecken. Beides nett gemacht, nicht mehr und nicht weniger. Ein schönes Spiel, kurz oder lang, wie der Spieler halt will.

[Mr Creosote] Derart berechnende Motive (die ich gar nicht unterstellen möchte) sind allerdings kein guter Grund, sich an einem kreativen Medium zu versuchen. Sowohl ein kluges Spiel zu machen als auch eine spannende Geschichte erzählen zu wollen wären gute Gründe dafür. Dies hat Robin & Orchid beides nicht. Es ist eben viel Tamm-Tamm, aber es steckt nichts dahinter. Eben tatsächlich eher das, was man von einer Auftragsarbeit erwarten würde, anstatt von intrinsisch motivierten Autoren.

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