Terraria
für PC (Windows)

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Herr M.:
Firma: Re-Logic
Jahr: 2011
Genre: Action, Rollenspiel
Thema: Geschäftswelt / Sonstige Fantasy / Kämpfen / Multiplayer / Piraten
Sprache: English, German, Castellano, Français, Italiano
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 10040
Rezension von Herr M. (08.03.2014)
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Man stelle sich den Beginn eines großen Abenteuers vor: Man steht im Wald, unter einem blauen Himmel. Die Sonne lacht, Tiere laufen durch die Gegend. Neben einem steht ein Typ namens Jack, Steve oder Brat, der sich bald als unbezahlbare Informationsquelle herausstellen wird, da er Der Guide ist. In weiser Voraussicht hat man seine Werkzeuge mitgebracht, also kann man man gleich loslegen. Wie fangen wir an? Gleich los buddeln um nach wertvollen Erzen und Schatzhöhlen zu suchen? Oder diesen Schleimklumpen der stetig näher kommt angreifen? Vielleicht lässt er ja was fallen? Oder doch lieber erst eine Basis einrichten, eine Blockhütte zum Beispiel? Alles kein Problem bei Terraria, einem 2D Jump‘N‘Run Spiel mit einer völlig offenen Welt, das den ganzen Spaß von Forschen, Kämpfen und Basteln in einem Spiel zusammen bringt.

Und offene Welt ist keine hohle Phrase: Terraria hat keine Level oder Aufgaben im herkömmlichen Sinn, sondern besteht aus riesigen Welten, in denen man tun und lassen kann was man will. Die so genannten Biome, Gegenden die eine gleiche Landschaft teilen, kommen dabei Leveln noch am nächsten. Und es gibt zwar ein paar Bosse die man bekämpfen kann, man muss dass aber nicht machen um zur nächsten Stufe zu kommen. Fast alles ist sofort in einer nahtlosen Welt erreichbar. Die einzige wirkliche Beschränkung stellt die Ausrüstung des eigenen Charakters dar: Die etwas zäheren Monster gleich am Anfang anzugreifen ist so gut wie Selbstmord, wenn auch mit etwas Glück bzw. Geschick machbar. Außerdem wird einem früher oder später auffallen, dass es etwas härtere Blöcke gibt, die man nicht ohne das entsprechende Werkzeug abbauen kann. Natürlich sind dem eigenen Handeln auch gewisse technische Grenzen gesetzt, aber nachdem es so viel zu tun gibt, möchte man fast meinen alle Freiheit der Welt zu haben.

Was kann man nun aber tatsächlich machen? Naheliegenderweise kann man sich bewegen. Größtenteils geschieht das auf die altbekannte Art und Weise: Links/rechts laufen und springen. Durch die Fähigkeit jederzeit Blöcke zu entfernen und zu platzieren wird die Bewegungsfreiheit aber ungemein erweitert, so dass man mit ein wenig Kreativität und Geduld beinahe jeden beliebigen Ort erreichen kann. Später kommen dann noch ein paar besondere Bewegungsmöglichkeiten hinzu, wie ein Wurfhaken zum Klettern oder Flügel zum (kurzzeitigen) Fliegen.

Genretypisch gilt es auch einige Kämpfe zu bestehen. Die typische Mario Sprungattacke gibt es zwar nicht, dafür aber eine Unzahl an sonstigen Waffen. Diese reichen vom bescheidenen Holzschwert, über den guten alten Feuerball bis hin zum hochmodernen Schafschützengewehr. Dabei gibt es grob drei Kategorien: Nahkampf, Fernkampf und Magie. Nach dem bewährten Stein-Schere-Papier Prinzip hat jede davon ihre Stärken und Schwächen.

Was für diese Art von Spiel aber doch recht neu und ungewöhnlich ist, ist das hinzufügen von Handwerken. Damit sind jetzt nicht, wie sonst üblich, einfach nur ein paar Einwegdinger gemeint, sondern es gibt ein sehr weitverzweigtes System mit dem man so gut wie alles was man braucht selbst basteln kann. Es gibt zwar ein paar Gegenstände, die man nur in zufälligen Schatzkisten findet, aber für den Großteil der wirklich wichtigen Sachen muss ein wenig getüftelt werden. Und dafür muss man Ressourcen sammeln. Ein paar Beispiele dazu: Wenn man Bäume umschneidet kann man Holz gewinnen, mit dem man Häuser und Möbel bauen kann. Beim Graben stößt man immer wieder auf Erze, die einem Metalle für Rüstungen und Waffen liefern. Und so gut wie jedes Monster lässt bei seinem Ableben schon mal etwas fallen, was man auf die ein oder andere Art verwenden kann (wie beispielsweise die Schleimmonster die Gel hergeben, das man für Fackeln benötigt).

Die unvorstellbar große Zahl an solchen Materialien – es gibt allein 20 Sorten Erz – sorgt für eine noch größere Zahl an Gegenständen. Insgesamt gibt es rund 2000 Gegenstände die man finden oder basteln kann. Sie alle zu bekommen und herauszufinden wie man sie verwenden kann ist wohl eine der Hauptmotivationen des Spiels. Dazu reist man zu den entferntesten Orten der Welt: Zu Wüsten, unterirdischen Grotten, der mysteriösen Korruption, hinauf in den Himmel oder bis ins tiefste Erdinnere (wo eine ganz eigene Überraschung auf einem wartet). Und manche der mächtigsten Zutaten erhält man nur wenn man sich den Boss Monstern stellt, wofür man gut vorbereitet sein sollte.

Obwohl das ganze Kämpfen, Forschen und Bauen schon für sich genommen recht unterhaltsam ist, liegt der größte Reiz wohl darin, wie sehr man die Welt formen kann: Man kann buchstäblich Berge versetzen! Wie wäre es etwa mit einer eigenen Stadt, einem Schloss oder einem selbst gebauten Dungeon? Oder vielleicht einen Tunnel von einem Ende der Welt zum anderen graben? Wie klingt ein Aufzug von den höchsten Höhen der Atmosphäre bis hinab zum Erdmittelpunkt? Oder darf es doch eher die Sprengung der weltgrößten Grube sein? Vielleicht eine Arena für die Kämpfe gegen die etwas größeren Gegner vorbereiten? Oder mal schnell die Lavaseen mit den Meeren fluten? Fast alles was einfallen mag ist auch irgendwie möglich.

Und was wäre wohl besser, als diese ganzen Freiheiten mit ein paar Freunden zu teilen? Deshalb kommt Terraria auch mit einem vollwertigen Multiplayer-Modus. Und es ist eindeutig, dass das Spiel mit diesem Gedanken im Hinterkopf entwickelt wurde. Einen Server zum Spielen über das LAN oder Internet aufzusetzen ist denkbar schnell gemacht, und es gibt genug Optionen um allen Ansprüchen gerecht zu werden. Im Prinzip bleibt das Spiel ziemlich gleich, außer dass man eben mit ein paar Mitspieler gleichzeitig in der selben Welt spielt.

Man kann zwar auch alleine ziemlich viel erreichen, aber jemanden dabei zu haben, der einem mal rasch unterstützt oder dem man seine neuesten Kreationen zeigen kann sorgt für noch mehr Unterhaltung. Ob man nun aufeinander aufpasst, während man in den etwas gefährlicheren Gegenden schürft, größere Gebäude zusammen schneller aufstellt oder Seite an Seite gegen die zähsten Monster antritt: Vereint mit menschlichen Mitspielern erreicht man nicht nur seine Ziele ein wenig eher, sondern es kommt auch eine völlig neue Ebene der Interaktion mit der Spielwelt selbst hinzu. Es haucht dieser ein wenig Leben ein, das einem sonst im Einzelspieler-Modus ein wenig abgehen mag. Denn trotzdem man mit ein paar NPCs ein wenig plaudern kann, so ist es doch um einiges spannender wenn man seine Aufgaben mit ein paar menschlichen Kumpeln koordinieren kann.

Zugegebenermaßen muss es bei all dem bisherigen Lob auch ein paar (kleinere) Beschwerden geben: Erstens wird das viele Schürfen mit der Zeit doch ein wenig monoton, insbesondere da die besseren Metalle (und damit die entsprechenden Ausrüstung) sehr viel (sehr seltenes) Erz benötigen. Zweitens sind die Kämpfe gegen die Boss-Gegner doch recht lang und schwierig. Wer nicht entsprechend vorbereitet ist, scheitert mit ziemlicher Sicherheit. Das wäre an und für sich kein Problem, wenn man diese Kämpfe etwas leichter auslösen könnte. Drittens gibt es eine spezielle (aggressive) Art von Landschaft, die sich auszubreiten beginnt und die andere, normale zu ersetzen beginnt. Im späteren Verlauf des Spiels nimmt sie fast die ganze Welt ein, und man muss seine Gebäude entsprechend schützen, damit sie davon nicht zerstört werden.

Trotzdem bietet sich hier, ob man es nun allein oder mit ein paar Freunden spielt, ein einmaliges Spielerlebnis. Die Spielmechanik ist einfach genug um schnell begriffen zu werden, das darum aufgebaute Spiel bietet aber genug Abwechslung um einem recht lange bei Laune zu halten. Es nimmt die recht simple Prämisse der Jump‘N‘Run-Spiele, geht aber weit über die Grenzen ihrer normalerweise recht linearen Struktur hinaus. Damit könnte man Terraria als die nächste Evolutionsstufe dieser Art von Spiel bezeichnen. All die Dinge die einem bei diesem Genre schon von Anbeginn einfach Spass machten sind aber immer noch vorhanden. Passenderweise präsentiert sich das Spiel in einem Stil, der sich stark an jenem der Nintendo Spiele aus den 80er Jahren anlehnt, d.h. mit sauberer 2D Pixel-Grafik und schmissiger 8-bit Musik. Für manch einen gehört das immer noch zum besten.

Was ich persönlich an Terraria am meisten mag ist, wie sehr hier die Grenzen zwischen Spieler und Designer verschwimmen. Man kann die Welt so nehmen wie sie ist, sie einfach nur erforschen bzw. ein wenig plündern, oder man reißt alles ein und baut sie nach eigenen Vorstellungen neu auf. Für mich ist es zudem der eindeutige Beweise dafür, dass es für ein großartiges Spiel keine letzter-Schrei Grafik oder eine übermäßig ausschweifende Geschichte braucht, sondern eigentlich eine gut durchdachte und mit viel Hingabe umgesetzte Idee völlig ausreicht.

Da es die Stimmung der guten alten Zeiten so hervorragend einfängt, dabei aber gleichzeitig ein paar großartige Neuerungen einbringt, was es zu einem der bemerkenswertesten Spiele der letzten paar Jahre macht, kann ich es nur voll und ganz empfehlen. Also: Auf zur Spitzhacke und brav den Minenhelm aufgesetzt, es ist Zeit zu Buddeln!

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