Scenario: Theatre of War
für C64

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Mr Creosote:
Firma: Starbyte
Jahr: 1992
Genre: Action, Strategie
Thema: Multiplayer / Krieg
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 6921
Rezension von Mr Creosote (19.07.2014)
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Scenario, formell im 1. Weltkrieg angesiedelt, hetzt vier Mächte im Kampf um die Vorherrschaft über den europäischen Kontinent aufeinander. Jeder Spieler beginnt mit einem wählbaren Territorium und einer kleinen Armee und von dort aus beginnt die aggressive Expansion – zuerst in neutrale Gebiete und dann direkt ins Herz der Gegenspieler.

Das Spiel gibt sich nur wenig Mühe, sich in diesem bestimmten Krieg anzusiedeln. Die Spieler übernehmen nicht etwa in ihren geographischen Ausmaßen, ihres Wirtschaftsvolumens, ihrer politischen Gegebenheiten oder ihrer Armeestärke historische Staaten. Stattdessen gibt es einfach den Abstraktionsgrad eines Risiko: Würfel entscheiden Schlachten (die so meist durch Quantität entschieden werden) und der Kontinent ist sogar in Unterbereiche aufgeteilt – entsprechend der Kontinente Risikos – die, sobald ein Spieler sie vollständig unter Kontrolle bekommt, Bonusressourcen zur Verfügung stellen.

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Die gnadenlosen Supermächten teilen das vormals neutrale Europa unter sich auf

Risikos Reiz liegt zum größten Teil an seiner Einfachheit; es ist trivial verständlich. Scenario versucht stattdessen die Möglichkeiten eines teilautomatisierten Managements durch den Computer zu nutzen, indem es vorsichtige Konzepterweiterungen einführt. Beispielsweise wird das Einkommen der Spieler nur im ersten Schritt von Steuern bestritten. Dieses Geld kann dann nämlich in den Abbau von Bodenschätzen in den eigenen Provinzen investiert werden, die dann auf dem Weltmarkt zu wechselnden Preisen vertickert werden. Das Geld wird dann in Fabriken für die drei Armeetypen oder in die Armeen selbst, die dann als Kanonenfutter auf den Schlachtfeldern verheizt werden, gesteckt. Nein, Moment, Kanonen gibt es ja gar nicht – nur Panzer, Flugzeuge und Schiffe, womit dann wohl endgültig klar wäre, dass dies ursprünglich nie als im 1. Weltkrieg angesiedeltes Spiel gemeint war, da jener ja immer noch hauptsächlich von Infanterie und Artillerie bestimmt wurde.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Dinge, in die man Geld stecken kann. Der Bodenschatzabbau kann mittels geologischer Untersuchungen, die die Menge der Vorkommen an Kohle, Kupfer und Eisen feststellen, optimiert werden. Festungen können den Verteidigungswert einer Provinz erhöhen, lokale Widerstandsbewegungen bestimmter Provinzen können finanziell bei ihren Umsturzbemügungen unterstützt werden und Schiffe können auf Überseeexpeditionen geschickt werden, um dadurch noch weiteren Profit zu erwirtschaften. Doch all dies hat hohe Einstiegsinvestitionshürden, so dass es erst im späteren Spielverlauf realistisch wird, wo es andererseits schon gar nicht mehr so entscheidend wichtig ist.

Durch nichts davon wird Scenario sonderlich komplex. Prinzipiell bleibt es beim simplen Hin- und Herschieben von Armeesymbolen auf einer statischen Landkarte, begleitet von der Hoffnung auf ein paar glückliche Würfelwürfe. Letzteres insbesondere in der ersten Spielphase, denn das Prinzip führt zum üblichen Lawineneffekt: Ein glücklicher Zufall am Anfang potenziert sich über die Zeit, so dass man später selbst von einer Allianz aller anderen Spieler kaum mehr aufgehalten werden kann.

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Sabotage!

Zufallsereignisse können jedoch immerhin noch dazwischenfunken. Manchmal sind sie kaum erwähnenswert, wie beispielsweise ein Streik der Minenarbeiter in einer Provinz. Andere Effekte sind jedoch recht beachtlich, wie die Explosion einer Fabrik – schlimm genug, bereits in der Anfangsphase die Siegchancen eines ganzen Imperiums praktisch zu eliminieren. Manche Ereignisse führen auch zu kurzweiligen Abwechslungen in der Form von kleinen Actionsequenzen, wie die Fabriksabotageschießerei. Nicht unbedingt spektakulär, aber nett.

Die Hauptsache ist jedoch: Selbst wenn man gegen ein paar Freunde spielt, bleibt Scenario recht unspektakulär und dadurch eine eher trockene Geschichte. Zwischen den Zahlenwüsten und Eingabefeldern kommt nur wenig Spannung auf und die Action ist qualitativ Welten entfernt und nichtmal ansatzweise so gut integriert wie beispielsweise bei North & South. Der leichtgewichtigen strategischen Ebene fehlt ebenfalls die Verfeinerung. Alles für sich Kleinigkeiten, aber in der Summe kann es mit der Zeit nerven. Beispielsweise, dass auf der Karte essentielle Informationen (die man entweder immer wieder aufwändig aus Untermenüs heraussuchen muss oder, wie die Gruppierungen der Provinzen, überhaupt nicht im Spiel vorhanden ist) vermissen lässt und dass manche Menüpunkte bei Anwahl überhaupt keine Rückmeldung zu Erfolg oder Misserfolg (geschweige denn eine Begründung) liefern.

Die kleinen Erweiterungen des trivialen Kriegsspielmodells (Risiko) machen nichts kaputt (abgesehen von ein paar doch sehr fatal geratenen Ereignissen), aber sie geben dem Spiel auch nichts. Der Handel mit den Rohstoffen ist dafür das Paradebeispiel: Warum macht man die Geldgenerierung indirekt (Steuern --> Rohstoffe --> Geld), wenn es doch nur ein weiterer langweiliger Routineschritt, den jeder Spieler in jeder Runde auf die gleiche Weise durchzuführen hat, ist? Zwar nicht so langweilig, dass es einem das ganze Spiel verdirbt, aber eben auch sinnlos. Ein Prädikat, das die meisten zusätzlichen Spielelemente beschreibt; sie wirken allesamt drangeflanscht, anstatt dass sie das Spiel wirklich erweitern.

Kann man sie also einfach ignorieren? Kann man Scenario auch als normale Risiko-Version spielen? Weitgehend schon. Erzabbau und Produktion sind sicherlich verpflichtende Aktivitäten, wenn man gewinnen will. Wenn man an den Actionsequenzen scheitert, verliert man dagegen nichts, denn wenn man an ihnen scheitert, bleibt das Spiel einfach in dem Zustand, als würden sie gar nicht existieren (d.h. man kann positive Boni erspielen, aber niemals etwas Entscheidendes einbüßen). Und wenn man die anderen Menüoptionen einfach nie anwählt, dann kann man immer noch genausogut mithalten. Was vielleicht nicht das beste Zeichen ist, wenn man auf der Suche nach einem gut verwobenen, ganzheitlichen Spielkonzept ist; zur Sicherstellung des Grundspaßfaktors ist es andererseits positiv.

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