Pushover
für PC (DOS)

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Herr M.:Besucherwertung:
5/6
Firma: Red Rat Software / Ocean
Jahr: 1992
Genre: Action, Denkspiel
Thema: Umsetzung eines anderen Mediums / Cartoon & Comic / Humor / Werbespiel
Sprache: English, Deutsch, Français, Castellano
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 18178
Rezension von Herr M. (18.10.2014)
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Wem auch immer schon einmal ein paar Dominosteine in die Hände gefallen sind, ist sicher aufgefallen, dass es grundsätzlich zwei Arten gibt damit zu spielen: Die grüblerische Variante, wo es gilt die Steine in bestimmten Mustern nach einem Regelsatz auszulegen, und die spaßige Variante, bei der man sie alle hintereinander in mehr oder weniger langen Reihen (je nach Geduld und Geschick) aufstellt, um dann einen umzukippen und ihnen zuzusehen wie sie in einer Kettenreaktion nacheinander umfallen. Pushover führt eine dritte Möglichkeit ein, die nicht nur voll der kindlichen Freude ist, ihnen beim stürzen zuzusehen, sondern auch einiges an anregendem Denksport bietet.

Rein mechanisch basiert das Spiel auf der zweiten Vorgehensweise, d.h. dem Umkippen. Man hat also Reihen von Dominosteinen und muss sie alle zu Fall bringen. Der Dreh bei der Sache ist allerdings, dass man das unter bestimmten Voraussetzungen tun muss, die das Ganze dann doch mehr im Bereich der Rätselspiele ansiedelt. Allem voran gibt es Sondersteine, die sich ein wenig anders verhalten, wenn sie geschubst werden. Während die normalen Dominos einfach nur umfallen, purzeln andere fröhlich weiter, wieder andere brauchen eine Weile bis sie endlich zu Boden gehen oder teilen sich in zwei Steine auf, wenn ein Stein von oben auf sie drauf fällt. Am wichtigsten ist aber der so genannte Auslöser, der als allerletzter umfallen muss, damit das Tor zur nächsten Eben aufgeht.

Zusätzlich kann man nicht einfach irgendeinen Stein nehmen und irgendwo anders hinstellen, sondern man muss den so genannten G.I. Ant (wie der Name schon andeutet handelt es sich hierbei um eine Ameise), durch die verwinkelten Ebenen steuern um ihn die Steine durch die Gegend tragen zu lassen. Da fast alle Ebenen Bereiche haben, die er nicht erreichen kann, muss man sich sehr gut überlegen wie man seine Steine aufstellt, weil man eben nicht immer die volle Kontrolle über alle von ihnen hat. Gelegentlich muss man auch Dominos umstellen, während andere bereits schon am Kippen sind, was die Sache natürlich eine Spur hektischer, aber eben auch umso spannender macht: Schafft man es noch die Kettenreaktion einzuholen um seinen Stein rasch davor hinzustellen, oder hört man wieder einmal dieses bemitleidenswerte Seufzen von Herrn Ant?

Abgesehen davon, dass man alle Steine umwerfen, den Auslöser als letzten, und dann noch den Ausgang erreichen muss, werden einem noch zwei Grenzen gesetzt: Erstens hat man nur einen Stoß pro Eben. Wenn man es nicht schaffen sollte alle Steine mit einem Schubs in eine horizontale Lage zu bringen, heißt es von vorne anfangen. Gleiches gilt für Nummer zwei, dem Zeitlimit: Selbst wenn man alles andere richtig gemacht hat muss man von vorne anfangen, wenn die Uhr von gelber zu roter Farbe wechselt, weil einem die kostbaren Sekunden ausgegangen sind. Außerdem sollte man es selbstverständlich vermeiden erschlagen zu werden oder durch einem Fall von zu großer Höhe (bzw. sogar vom Bildschirmrand) ums Leben zu kommen.

Was besagte Höhen anbelangt, oder besser gesagt, das worin sie vorkommen, nämlich die Umgebung: Außer den Dominosteinen gibt es nur Plattformen und ein paar Leitern, die sie verbinden. Man ist also alleine mit den Steinen unterwegs, keine Gegner oder (offensichtlichen) Fallen, die einem auf die Nerven gehen könnten. Um dennoch für ein wenig Abwechslung zu sorgen ändert sich der Stil der Ebenen alle 11 Rätsel, d.h. der Hintergrund wird ausgetauscht (z.B. von industriellen Gegenden zu etwas mittelalterlichen oder fernöstlichen) und man bekommt eine neues Lied zu dem man vor sich hinsummen kann, während man mit Umschichten beschäftigt ist. Die bunte Grafik und die heiteren Melodien lockern dabei die Stimmung ganz geschickt auf.

Der Spielemechanismus bleibt also recht überschaubar, dafür aber eben auch sehr gut auf die eigentlichen Rätsel fokussiert, mit gelegentlichen Action-Einlagen, wo Zeitgefühl und Geschick auf die Probe gestellt werden. So harmlos das Konzept auch scheinen mag, so ist es doch recht wirkungsvoll: Wie oben schon angedeutet bereitet es eine Menge entropischer Freude den Steinen nach und nach beim Fallen zuzusehen, besonders wenn man dabei auch noch ein Ziel verfolgt. Es kann auch recht fesselnd sein den perfekten Plan zu entwickeln… um dann schließlich festzustellen, dass er doch noch ein wenig Optimierungspotential hat. Und dieses süße Gefühl des Triumphs, wenn einem, nach einer Reihe von erfolglosen Testläufen, G.I. Ant endlich zuwinkt und seine fröhliche Siegesfanfare trällert, ist einfach unvergleichlich.

Das Spiel ist mit seinen 100 Rätseln wohl als eher lang zu bezeichnen, man wird auf alle Fälle etwas längere Zeit damit beschäftigt sein. Dennoch ist das gut so, weil die meisten von ihnen nur eine Lösung haben, und die Wiederbespielbarkeit eher gering ist. Zum Glück gibt es auch ein Passwort-System, so dass man nicht die ganzen Anfangsebenen tausende mal wiederholen muss, um endlich einmal diejenigen zu knacken, die dann doch recht gnadenlos schwer sind, und ein wenig Querdenken erfordern. Lustigerweise scheinen letztere ein wenig zufällig verteilt zu sein. Manche von ihnen tauchen schon in den frühen 30ern auf. Dafür sind dann fast alle von den letzten Ebenen überraschend leicht.

Bei dieser großen Zahl an Ebenen fragt sich der eine oder andere vielleicht, ob man überhaupt so weit kommen wird, ob die Sache spannend genug bleibt, wo die Zahl der Möglichkeiten ein paar Steine aufzustellen doch recht beschränkt scheint. Doch kein Grund zur Sorge: Die Entwickler haben eine nette Sammlung an Rätseln zusammengestellt, die durchaus einiges an Abwechslung zu bieten hat. Natürlich gibt es ein paar Schmähs, die man ein wenig zu oft zu Gesicht bekommt (wie etwa vervielfachende Kettenreaktionen oder den unaufhaltsamen Stolperstein), aber für jeden Standardlevel gibt es mindestens einen der mit einer besonderen Aufgabe für Geist und Geschick aufwarten kann… oder dessen Auflösung zumindest recht unterhaltsam anzusehen ist.

Zu guter Letzt gibt es noch einen Aspekt des Spiels, der mir in all den Jahren, in denen ich es nun schon gespielt habe, nie aufgefallen ist, bis ich meine Nachforschungen für diese Rezension angestellt habe: Es wurde von einem Knabbergebäck-Hersteller gesponsert. Einer der beiden Charaktere des Spiels ist ein Hund, der das Maskottchen von besagten Chipsfabrikanten ist. Die Geschichte dreht sich darum, dass er die Päckchen seiner Lieblingskanbberei verliert, so dass man eben nun den Ameisenhügel hinunterklettern darf um sie zurück zu bringen. Was das mit Dominosteinen zu tun hat? Keine Ahnung, aber immerhin sorgt es für ein paar nette Zeichentrick-Zwischensequenzen in denen die beiden vor Freude herumspringen, wenn man eine der Packungen (am Ende bestimmter Ebenen) gefunden hat. Da das dann auch schon alles punkto „Werbung“ ist, was einem vorgesetzt wird, scheint das vergleichsweise unaufdringlich.

Zusammengefasst kann ich Pushover nur voll und ganz empfehlen. Es ist ein origineller Rätselspiel, das nicht nur den kleinen grauen Zellen etwas zu tun gibt, sondern auch das typische Problem seines Genres, nämlich etwas zu trocken zu sein, geschickt umschifft, indem es die Mechanismen in ein sehr unterhaltsames Szenario verpackt. Es ist zudem sehr leicht zu verstehen und braucht nicht lange um gemeistert zu werden. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind die Herausforderungen auch recht fair gehalten und in all den Jahren, in denen ich es nun schon gespielt habe, habe ich keinen einzigen Bug entdecken können. Jeder Rätselfan, der vielleicht schon ein wenig müde ist vom x-ten Tetris oder Soko-Ban Klon, sollte dieses Spiel auf alle Fälle einmal versuchen.

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