Normality wirft den Spieler in eine ins psychedelisch abgleitende dystopische Metropole. Mittendrin verkörpert man eine überraschenderweise schon in die Mitvierziger gekommene Teenagerfigur namens Kent und findet sich in seiner im Chaos versunkenen Wohnung wieder, in der ich dank Altersfreigabe ab 6 Jahren weder Bierflaschen, noch Pornohefte oder gar eine riesige total verdreckte Bong finde. Stattdessen gibt es nur die Glotze, einen tropfenden Wasserhahn und einen ständig nickenden Stehauf-Vogel. Die Düsternis und Abgerissenheit von Neutropolis passt so gar nicht zum zutiefst gutmütigen und heiter-fröhlichen Gemüt unseres Protagonisten.
Der Winter ist in unseren Breitengeraden ja eine recht beliebte Jahreszeit. Erwachsene assoziieren damit häufig kitschige Vorstellungen davon, wie die ganze glückliche Familie vor dem warm flackernden Kamin sitzt oder sie denken an romantische Pferdeschlittenfahrten. Kinder träumen davon, Schneemänner zu bauen und sich Schneeballschlachten zu liefern. Winter ist dabei gleichzeitig Weihnachtszeit, und dadurch kommen weitere schmalzige Vorstellungen von Liebe und Frieden auf der ganzen Welt hinzu. Und natürlich Geschenke! Doch möchte man wirklich in einem permanenten Winter leben? Eher nicht.
Rein oberflächlich betrachtet ist Fallout 2 nichts besonderes: Es schaut aus wie ein typisches Computer-Rollenspiel um die Jahrhundertwende. Also isometrische Perspektive, kleine Figuren rennen herum, machen sich das Leben mit ihren Waffen schwer, irgendwo eine Gesundheitsanzeige… hmm… aber keine kitschig „epische“ Fantasy-Welt? Nein, genau genommen das genaue Gegenteil: Brutales Endzeitszenario. Da tanzt es schon mal ein wenig aus der Reihe. Doch das wirklich Besondere macht sich erst beim genaueren Hinsehen bemerkbar: Was Fallout 2 wahrhaft auszeichnet, ist ein hohes Maß an Freiheit und das damit verbundene Potential eine ganz eigene Geschichte mit einem ganz eigenen Charakter zu spielen. Dabei beschränkt sich das Darstellen seiner Rolle ausnahmsweise nicht nur darauf, auszusuchen wie man Schaden machen will, sondern man kann, je nach Stärken und Schwächen der Figur, seine Aufgaben sehr individuell lösen. Dadurch ist Fallout 2 eines der wenigen Spiele, das einer tatsächlichen Umsetzung eines Pen&Paper-Rollenspiels auf dem Computer so nahe kommt, wie es ohne echte menschliche Mitspieler eben nur geht. Die geniale Spielwelt, gestaltet mit viel Liebe zum Details, sorgt dann noch für das Tüpfelchen auf dem i.