Damit hätten wie unter dem Strich ein Western-Adventure, das zwar nur für relativ kurze Zeit, dafür aber um so heftiger unterhalten vermag: Selbst wenn erfahrene Abenteurer den smarten Fennimore binnen eines Wochenendes zum Happy-End führen können, so wird es wegen den humorvollen Dialogen und der packenden Story doch ein sehr kurzweiliges Wochenende gewesen sein!
Die Suche nach den goldenen Schädeln gehört zu den erfreulichen Neulingen im Genre. Die Comicgrafiken sind sauber und die Trickfilmanimationen witzig. Hervorzuheben ist zudem die wirklich gute deutsche Sprachausgabe, die mit ihrem harten, aber herzlichen Ton einige biedere Konkurrenzprodukte locker in die Tasche steckt. Da mag verzeihlich sein, daß oft sehr viel geredet wird. […] Was die Puzzles anbelangt, ist weitgehend solide Kost geboten. Revolutionäre Neuheiten fehlen zwar, dafür geht es ziemlich fair zu.
Noch nie habe ich mir bei einem Adventure dermaßen schwachsinnige Dialoge anhören müssen. Sie legen den Schluß nahe, daß die reichlich konsumierten Zigarren zur Gänze aus Koks bestehen. […] Selbst logischste Aktionen wie das Anzünden einer Kerze mit einem Streichholz würgt unser Held mit erheiternden Kommentaren à la „das paßt nicht zusammen“ ab, wenn es ihm momentan nicht ins Konzept paßt. […] Die in einer gut durchkonstruierten Story eingebetteten Puzzles sind größtenteils nachvollziehbar, driften aber teilweise fast schon ins Banale ab. Dieser Schuß ging zwar nicht nach hinten los, ein Volltreffer ist 3 Skulls aber beileibe nicht.
1866. Fenimore Fillmore, einsamer Cowboy weit weg von Zuhaus', stolpert über das Geheimnis der namensgebenden toltekischen Schädel, für die gewisse Bösewichte zu töten bereit sind. 1996. Das Adventuregenre wird von den Herstellern immer noch breit bedient und die fiktiven Abenteuer Fenimores gehören dazu. 2020. Viele Jahre nach der Veröffentlichung spiele ich dieses Spiel nochmal, mit all dem Wissen, was seitdem auf dem Markt geschehen ist.
Denn heute ist uns natürlich bekannt, dass es sich Mitte der 90er Jahre bereits um den Anfang vom Ende für das Genre handelte. 3 Skulls war auch seinerzeit kein großer Erfolg, aber irgendwie ist es einigermaßen im kollektiven Gedächtnis geblieben. Heute kann man es als geradezu repräsentativ dafür sehen, wie Spiele dieser Ära waren. Im Guten wie Schlechten.
Das große Duopol der späten 80er und frühen 90er Jahre, also die Rivalität zwischen Genreveteran Sierra und den finanziell gut gestellten Neulingen von Lucasfilm, hatte ein Ende gefunden – und der Herausforderer hatte gesiegt. Sorgenfreie, humorige Adventures ohne Todesgefahr, Sackgassen usw. waren zum Standard geworden – auf Basis der Lucasfilm-Blaupause. So wirkte es zumindest auf den ersten Blick.
Auf diesen ersten Blick erfüllt dann auch 3 Skulls alle Erwartungen. Bis einem aufgeht, wie wenig Aufwand die Designer betrieben haben, die Lücken zu füllen, die das Weglassen all der Dinge, die mittlerweile als Designsünden galten, gerissen hatten. Warum hatten ältere Adventures denn Labyrinthe und Sackgassen gehabt? Damit konnte man sehr einfach die Spielzeit erhöhen. Was machten die Designer der typischen Adventures der 90er Jahre stattdessen? Sie füllten die endlose Kapazität einer CD mit riesigen Mengen Dialog (alles natürlich professionell eingesprochen). Sie ersetzten also interaktive Spielzeit mit passivem Zuhören, in der Hoffnung, dass ihre „Spieler“ sich trotzdem unterhalten fühlen werden.
Die Qualität der Unterhaltung hängt damit sehr direkt von der Qualität der Autoren ab. In diesem Spiel bewegen sich die Dialoge zwischen unglaublich öde und unglaublich dümmlich. Und es erlaubt dem Spieler selbstverständlich nicht, Dialogzeilen einfach zu überspringen. Selbst wenn das möglich wäre, müsste man sich immer noch entscheiden dazwischen, den faden Äußerungen entweder zuzuhören oder ihre geschriebenen Varianten in dieser beinahe unlesbaren, da sich wild hin- und herbiegenden Schriftart zu lesen. Unter solchen Vorzeichen ist es nicht hilfreich, dass Dialoge die Hauptbeschäftigung des Spielers darstellen. Ein Großteil der Rätsel lösen sich dadurch, alle Äste der Multiple-Choice-Bäume geduldig durchzugehen, und dann den einen kleinen relevanten Informationsschnippsel zu einer anderen Person zu tragen.
Apropos Personen: Die Spielwelt wird anscheinend ausschließlich von Genrekarikaturen bewohnt, deren Gestaltung sich nicht immer als geschmacks- und treffsicher erweist. Da trifft man den „faulen Mexikaner“, als ob man noch in Zeiten von Speedy Gonzales wäre – autsch! Der glückspielbesessene Sheriff funktioniert einigermaßen, aber sein debiler Stellvertreter nervt wiederum innerhalb von Sekunden. Der Pfarrer ohne Herde, der keine Predigt zusammenbekommt? Man fällt nicht gerade vom Stuhl vor Lachen, aber in Ordnung. Über Geschmack lässt sich im Einzelfall wie immer streiten, aber die Gesamtbetrachtung führt so oder so zu einer klaren Überdosis. Dass wirklich jeder irgendwie „total verrückt“ sein muss, wirkt gezwungen und ermüdend.
Die Objekträtsel machen sich insgesamt etwas besser. Ihre Lösungen ergeben sich aus nachvollziehbarer Logik und hier und da ein wenig Cartoonlogik. Allerdings wird dem Spieler das Experimentieren – ein großer Unterhaltungsfaktor in denjenigen Spielen, die wir heute als Klassiker ansehen – schnell verleidet. Das Spiel weist praktisch jegliche Versuche jenseits des engen vorgesehenen Lösungspfades direkt zurück. Ob es nun Sinn ergeben hätte oder nicht. Womit breites Gagpotential verschenkt und Frust beim Spieler riskiert wird. Auch bei der exakten Verwendung jedes Objekts für den genau vom Spiel gedachten Einsatzzweck (keinerlei alternative Lösungen werden zugelassen) sowie bei den zu verwendenden Verben (die Kurbel des Brunnens muss benutzt werden, nicht bewegt) will keine Freude aufkommen.
Grafisch gibt es ebenfalls Licht und Schatten. Der hochauflösende Cartoonstil ist auf den ersten Blick nicht schlecht gealtert. Allerdings sind manche Teile des Bildes in seltsame Farben getüncht. Und dann sind da die Animationen. Einige davon wurden mit augenscheinlich viel Liebe zum Detail erstellt, wie beispielsweise der flüssige Gang des Protagonisten, die im Wind wehenden Pferdeschwänze usw. Nur dass es so wenige sind, dass sie mit lachhafter Frequenz wiederverwendet werden. Man will eine Leiter hochklettern? Tut uns leid, dafür gibt es keine Animation. Also „läuft“ man halt hoch. Zwischen den Ortschaften reitet man auf seinem zuverlässigen Esel hin und her. Dafür gibt es ebenfalls keine richtige Animation; das Spielersprite wackelt einfach ein bisschen hoch und runter. Das große Werbeversprechen, ein professionelles Animationsfilmstudio stecke hinter dem Spiel, wirkt geradezu lächerlich.
Was ging also Alles in Allem zu der Zeit im Genre schief? Warum konnte das Genre seine Erfolge mit der bewährten Formel nicht fortsetzen? Eine Antwort steckt schon in der Frage. Unterhaltung sollte keinem festen Schema folgen. Sie braucht Kreativität, doch an solcher mangelt es 3 Skulls. Weder die Abziehbildcharaktere, noch die Schreibqualität oder die einfallslosen Rätsel lassen irgendwo einen Funken erkennen. Die nächste Zutat ist Sorgfalt und der Wille, seine Spieler auch dann zu unterhalten, wenn sie gerade nach einer Lösung suchen oder sogar komplett im Dunkeln tappen. 3 Skulls tut solcherlei Versuche des Spielers mit einem Schulterzucken des Protagonistensprites ab.
Die Sache mit diesen Spielen war also gar nicht mal, dass sie irgendwie intrinsisch kaputt waren. Sie waren sogar einigermaßen spielbar. Was fehlte, waren allerdings positiv herausstechende Merkmale. All diese kleinkarierte Kritik hier und da mal hintenangestellt. Selbst die komplette Abwesenheit negativer Merkmale wäre zwar schön, würde allein aber noch lange nicht reichen. Die Abwesenheit positiver Merkmale ist es, die dieses abgrundtief biedere Spiel so vergessenswert macht.
Archivierte Berichte
Bericht von Mr Creosote (26.02.2005) – PC (DOS)
Arizona, 1866. Finemore Fillmore, der junge (um genau zu sein sieht er aus, als wäre er etwa 12 Jahre alt) Held unserer Geschichte, stolpert zufällig über das Geheimnis dreier goldener Schädel, die der Schlüssel zum Schatz der Tolteken ist. Einen der Schädel hat er bereits. Die anderen beiden befinden sich auch in der Gegend, und zumindest weiß er schonmal wer sie hat.
Mit Hilfe eines SCUMM – inspirierten Interfaces steuert der Spieler den Protagonisten durch eine Comicversion des „Wilden Westen“. Leider handelt es sich um einige ziemlich hässliche Version. Obwohl einige Szenerien durchaus gute Ansätze bieten, hinterlässt vor allem die Farbgebung einen sehr amateurhaften Eindruck.
Entsprechend kurz können auch die Animationen nur die Fassade wahren. Es bewegt sich immer viel, auch im Hintergrund, doch bereits im Intro wiederholen sich die selben wenigen Gesten des Protagonisten gnadenlos immer und immer wieder. Offensichtlich eine sehr beschränkte Persönlichkeit.
Passend seltsam ist seine nervige Art zu laufen. Nein, es sieht nicht witzig aus. Es ist einfach nur schrecklich, ihn von einen Ende des Bildschirms zur anderen schleichen zu sehen. Wieviele Monitore Wutanfällen wegen dieser gemächlichsten Schrittgeschwindigkeit seit King’s Quest zum Opfer gefallen sind, ist unbekannt. Selbst der Doppelklick zum „Springen“ an eine Stelle kann da nicht mehr helfen, weil dieses „Feature“ anscheinend nur bei Türen und anderen Ausgängen aus dem Bild funktioniert, sonst aber nicht. Argh!
Völlig indiskutabel auch die Schrift, die bei Unterhaltungen benutzt wird. Das mag nun wie absolutes Erbsenzählen wirken, aber eine leicht lesbare Schrift ist besser als Aneinanderreihungen sich völlig chaotisch vor- und zurückbiegender Buchstaben ohne erkennbares Muster! Auch das ist einfach nicht witzig, wie es wahrscheinlich gemeint war.
Wenn man einen Blick hinter die geschmacklose Fassade wirft, kann 3 Skulls sich ein paar Punkte bei den Rätseln verdienen. Alles ist zeittypisch einfach, aber immerhin noch nicht zu offensichtlich – abgestimmt auf Anfänger. Das ist aber auch schon alles. Für erfahrene Spieler ist es ziemlich langweilig und unspektakulär. Erträglich, aber meist unwitzig (die Witze entsprechen in etwa dem, was man sich von einem Brainstorming mit einem 10-jährigen über Westernclichés vorstellt) und das dünne Gameplay geht hinter sinnlosen Dialogen unter.
3 Skulls konnte mich zwar nicht überzeugen, aber das macht es noch nicht automatisch schlecht. Gelegenheitsspieler mögen ihm durchaus etwas abgewinnen können. Und wenn nicht… was hat man schon zu verlieren, wenn man es einfach selbst ausprobiert?