Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit macht trotz des einfachen Spielablaufes recht viel Spaß, und das liegt wohl an der erstklassigen Grafik, den witzigen, deutschen (!) Texten und der tollen Musik. […] Ansonsten hätte ich mir mehr Variabilität gewünscht, denn in der vorliegenden Form ist das Spiel zwar nette Unterhaltung, aber nichts, an dem man sich wochen- und nächtelang festbeißen kann.
Leider ist die Atmosphäre der Comics bei der Computer-Umsetzung verlorengegangen. Zugegeben, die Grafik ist wirklich toll und die Musik auch, aber das allein macht noch kein gutes Spiel. Denn spielerisch bietet Quest for the Time Bird unterstes Abenteuer-Niveau. Ab und an mal auf ein Menü klicken und eine vorgegebene Antwort aussuchen, ist einfach zu wenig, um mich länger an den Monitor zu fesseln. […] Wenn man sich hier in nicht ganz so engen Abmessungen bewegen und mit richtigen Texteingaben arbeiten könnte, sähe das Ganze schon anders aus.
Bericht von Mr Creosote (22.05.2021) – Amiga (OCS)
Nach ihrem ersten Versuch einer erzählenden Comicadaption (soll heißen kein Asterix oder Tim & Struppi Jump’n’Run und auch kein Actionspektakel wie North & South) kam Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit an die Reihe. Die französische Comicwelt ist ja recht eigen und auch über erwähnten Asterix hinaus sehr vielfältig. Den Vogel gab es auch in Deutschland, aber wie viele Menschen haben ihn wohl gelesen? Tja, sicherheitshalber: Es handelt sich um eine Fantasygeschichte rund um einen alternden, kampferprobten Krieger und eine oberweitenlastige junge Frau auf der Suche (ach!) nach einem Artefakt, mit dessen Hilfe ein böser Magier aufgehalten werden kann, der sonst die Welt unterjochen wird. Wie in französischen Comics nicht unüblich steckt die Geschichte voller zwielichtiger Charaktere, düsterer Themen, Pulp-Motiven und Handlungswendungen, und alles endet nicht unbedingt gut.
Mutig überlässt das Spiel einem weitgehende Freiheit, wie man die Aufgabe angehen möchte. Zahlreiche Orte können direkt in beliebiger Reihenfolge angepeilt werden, solange man innerhalb der vorgegebenen Frist von neun Tagen bleibt. Jeder Ort hat sein eigenes „Rätsel“ (dazu später mehr), aber es bestehen Abhängigkeiten zwischen ihnen. So kann man hier beispielsweise nur weiterkommen, nachdem man dort einen anderen Charakter oder ein bestimmtes Objekt mitgenommen hat. Alle möglichen Ereignisse unter Berücksichtigung weiterer Faktoren in die richtige Reihenfolge zu bringen, ist also der erste Grundpfeiler zum Erfolg. Ein Volk fordert die fliegenden Reittiere als Opfer für ihre Götter? Na dann viel Spaß, den Rest der Welt zu Fuß zu bereisen. Es sei denn, es findet sich wiederum woanders ein anderes Transportmittel.
Los geht das Abenteuer
Die gleiche Logik wird pro Ort auf kleinerer Ebene äquivalent angewandt. Aufgabe des Spielers ist es, die richtige Abfolge der möglichen Aktionen zu finden. Was Multiple-Choice-Unterhaltungen (wie beruhigt man den aufgebrachten Priester?) ebenso wie die Verwendung von Gegenständen und des Verbenmenüs im Adventurestil sowie sogar die Bewegung durch die kleinen sich öffnenden Bilder und die aktuelle Umgebung zeigen, betrifft.
Die Krux des ganzen liegt darin, dass sich diese Aufgabe eigentlich nur durch geduldiges Ausprobieren lösen lässt, d.h. ein systematisches Erkunden aller möglicher Kombinationen der komplex verästelten Struktur. Man stelle sich einen riesigen Irrgarten mit zwei oder drei Ausgängen in jedem Raum vor. Hinter jeder Tür folgt ein weiterer Raum mit wiederum zwei oder drei Wegen. Usw. usf. Dabei gibt es jedoch praktisch keinerlei Hinweise, welcher Pfad der richtige sein könnte. Alles sieht gleich aus.
Genau so spielt sich Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit. Beim blinden Klicken auf Ausgänge innerhalb der Comicbilder sogar im direkten Wortsinne. Im Übertragenen ist es auch nicht unähnlich, wenn man entscheidet, eine andere Person zu bezirzen oder zu bedrohen. Insbesondere, wenn man ohnehin keine Ahnung hat, was man von diesen Leuten überhaupt will.
Es bleibt also nur die Möglichkeit, wirklich alles auszuprobieren. Die Lösung liegt in einer exakten Kombination der Optionen, alles andere führt zum Scheitern. In gnädigeren Momenten sofort. Meist darf man jedoch weiterspielen, ohne dass man sich der Sackgasse bewusst ist. Selbst das Lernen durch Scheitern wird einem somit schwierig gemacht, da die Kausalität nicht immer klar erkennbar ist.
Ups…
Überhaupt ist die Kommunikation in Richtung Spieler nicht gerade eine Stärke des Spiels. Orte, Objekte und Charaktere tauchen ohne wirkliche Einführung auf. Charakterisierung oder Motivation findet kaum statt. Zumindest nicht rechtzeitig. Leser der Vorlage mögen mit den präsentierten Situationen und Personen vertraut sein, doch das ist dann auch wirklich die einzig denkbare Entschuldigung. Immanent wird das nicht aufgefangen und so steht man schnell stirnrunzelnd vor Szenen wie die mit dem Muskelmann, der erst einige Zeit stumm im Hintergrund herumsteht, bis schließlich aus ihm herausbricht: „Er hätte uns nicht allein lassen dürfen. Jetzt wird unsere alte Rivalität wieder aufflammen!“ Hä? Habe ich da ein voriges Bild mit einer Nahperspektive auf den Typen verpasst, in dem der Protagonist einen erklärenden inneren Monolog über frühere Begegnungen und dadurch negative, unbeherrschbare Emotionen hält? In diesem Zusammenhang passt es nahtlos ins Gesamtbild, dass auch der erfolgreiche Pfad durchs Spiel nicht gerade stark erzählt ist, sondern maximal skizzenhaft und mechanisch bleibt. Selbst die originale Endwendung hat es nicht ins Spiel geschafft.
Auf der Habenseite verbucht das Spiel natürlich seine hervorragende Grafik. Die Bilder wurden aus den Vorlagen digitalisiert und sind somit der Fantasyatmosphäre sehr angemessen. Zwar sind nie mehr als 16 Faben gleichzeitig auf dem Bildschirm, aber intelligente Palettenwahl und Farbinterpolation lassen das glatt wie mehr wirken. Selbst die Animationen sind auf dem damals üblichen Niveau und verderben immerhin nichts (meist bleiben die Bilder ohnehin unbeweglich).
Doch was bringt diese Fassade, wenn das Spiel dahinter nicht besonders gut ist? Im Vergleich zu Reisende im Wind ist es immerhin insofern eine Verbesserung, dass dem Spieler eindeutige Protagonisten zugeordnet und ein bisschen spielerische Freiheit zugestanden werden. Doch das Spielprinzip bedingt wiederholtes Scheitern, Scheitern und nochmals Scheitern, während man im Dunkeln stochert und – die schlimmste Sünde in einem erzählenden Spiel – dabei nicht einmal eine gute Geschichte erlebt. Man trifft auf irgendwie spannend aussehende Charaktere, die aber – soweit es das Spiel betrifft – keinerlei Charakter zeigen. Leere, schön gestaltete Hüllen. Von einem wirklich interaktiven Comic sind wir hier immer noch weit entfernt.