Bericht von Mr Creosote (21.01.2003) – Amiga
Wenn’s beim ersten Versuch nicht klappt… Lure of the Temptress war kein wirklich gutes Spiel, doch trotzdem heimste es viele positive Stimmen ein – man könnte wohl sagen, es gibt Spiele, die noch mehr überbewertet sind. Danach nahm Revolution Software sich die Zeit, die nötig war, und heraus kam ein wirklich gelungenes Spiel!
Robert Foster (nach der Biermarke benannt – kein Witz!) kam als kleines Kind in den „Gap“ (das verseuchte Land außerhalbd er Städte, wo nur Außenseiter und Freaks leben) – sein Helikopter stürzte ab und seine Mutter starb. Ein Stamm adoptierte ihn und nun, da er zum erwachsenen Mann herangewachsen ist, ist seine Erinnerung an sein früheres Leben verblasst. Er hat gelernt, wie man in der Wildnis überlebt und sein bester Freund ist ein Roboter namens Joey.
Eines Tages nähert sich wieder ein Helikopter, diesmal voller Soldaten. Sie wollen Robert wieder „nach Hause“ holen, und zögern auch nicht, dafür jeden im Dorf umzubringen. Wieder über der Stadt kreisend bekommt das Fluggerät allerdings wieder Probleme und stürzt ab… und gibt Robert die Möglichkeit zu fliehen. Doch jetzt ist er in der Stadt, einem modernen Metropolis (nicht die Stadt Supermans, sondern die aus Langs gleichnamigem Film), unbekanntes Gebiet für ihn!
Wie kann er den Sicherheitsbeamten entfliehen? Was wollen diese eigentlich von ihm? Wer ist dieser „Overmann“? Und welche Rolle spielt der alles verbindende Supercomputer „LINC“? Vielleicht stecken auch noch Saboteure aus Hobart, einer konkurrierenden Stadt, dahinter?
Es ist mir leider unmöglich, objektiv über dieses Spiel zu urteilen, da Dave Gibbons daran mitgewirkt hat. Es gibt wohl kaum etwas, das einen größeren Bonus bei mir hervorriefe! Für die armen Seelen, denen der Name nichts sagt: Gibbons hat an einigen der besten Comics aller Zeiten mitgewirkt, sowohl als Autor als auch natürlich als Zeichner. Als erstes muss da natürlich Watchmen genannt werden, weitere sind 2000 A.D., Green Lantern und aktuell hat er das Logo von Oni Comics designed und er schreibt The Originals.
Für dieses Spiel hat Gibbons nicht nur die Hintergrundgrafiken gezeichnet und die Charaktere mitgestaltet, sondern auch einen achtseitigen kompletten Comic, der das Intro ersetzt, gemacht. Sicherlich nicht seine beste Arbeit, aber für Computerspielstandards ist es natürlich über alle Maßen gelungen! Witzigerweise kommen die Zeichnungen im Spiel selbst besser rüber als im Comic.
Beneath A Steel Sky präsentiert sich als erfrischend konservatives Point & Click – Adventure. Es gehört zur letzten Generation dieses Genres, also gibt es keinerlei Verben, sondern nur die linke („anschauen“) und rechte Maustaste („benutzen“). Durch dieses übermäßig vereinfachte System ist Steckenbleiben beinahe unmöglich, da auch die Rätsel weitestgehend logisch sind. Außer an den paar Stellen, an denen man Pixelsuche betreiben muss.
Die Story entwickelt sich ganz gut und ohne größere Klopser, Joey versorgt einem immer wieder mit einer gehörigen Portion Sarkasmus, die meisten Orte und Personen passen sich natürlich ein. Doch natürlich ist auch das nicht alles perfekt. Ein paar Szenen scheinen einfach völlig in der Luft zu hängen, ohne Verbindung zum sonstigen Geschehen. Z.B. die Gerichtsszene, die nur für ein paar billige Lacher gut ist, keinerlei Einfluss auf die Story hat und überhaupt nicht zur Grundstimmung des Spiels passt. Das selbe mit den ziemlich öden „Virtual Reality“ – Sequenzen. Manchmal ist gerade das Weglassen einer an sich vielleicht guten Grundidee, wenn man sie nicht in den natürlichen Handlungsfluss einbauen kann, eine Gabe.
Beneath A Steel Sky ist mit Abstand Revolution Softwares bestes Spiel. Weder vorher noch danach haben sie es jemals wieder geschafft, ein sowohl einigermaßen forderndes (alle späteren Spiele sind nur noch Abfolgen von Bildern, durch die man durchlaufen muss, ohne etwas zu tun) als auch interessantes Spiel herzustellen. Nicht nur einen Blick wert, sondern es sollte in jedermanns Sammlung vorhanden sein.
Technisches: Die Diskettenversion besteht aus 15 Disketten, also ist vom Spielen ohne Festplatte stark abzuraten. Wenn man diese Version hat, sollte man sich nicht auf das mitgelieferte Installationsprogramm verlassen, da es einen Bug hat, der die Installation nach den ersten Disketten scheitern lässt! Also muss man den Inhalt der restlichen Disketten manuell auf die Festplatte kopieren.
Die einfachere Alternative ist die CD-Version (für das CD32 hergestellt, läuft aber auch problemlos auf einem A1200 oder A4000 mit CD-Laufwerk), die zusätzlich auch vollständig vertont ist. Die Stimmen sind eigentlich alle gut, nur der vorherrschende schottische Akzent mag dem einen oder anderen sauer aufstoßen. Ob allerdings der übliche US-Akzent viel besser ist? Einen Nachteil hat die CD-Version: Man kann keine Spielstände auf Festplatte speichern. Stattdessen bekommt man von Zeit zu Zeit „Abschnittscodes“, die einem das Weiterspielen an der entsprechenden Stelle ermöglichen.
Einige Internetseiten erwähnen die Existenz einer zweiten CD-Version, die den AGA-Chipsatz voll ausnutzen soll, aber ich konnte niemals einen Beweis bekommen – niemand konnte mir je einen Screenshot mit mehr als 32 Farben zeigen. Deshalb gehe ich davon aus, dass diese Leute einfach über die CD32-Version gestolpert sind, und automatisch angenommen haben, dass es dann wohl auch automatisch AGA ist. Falls allerdings jemand diese Version tatsächlich hat, würde ich gerne mehr darüber erfahren!