Bei aller Vorliebe für flotte 3D-Grafik: Wenn die Steuerung träge und die Kollisionsabfrage stellenweise sehr dubios ist, greife ich lieber auf ein Autorennen zurück, das weniger futuristisch ist, dafür aber Spaß macht.
In Sachen Geschwindigkeit flutscht Delta V vielen Bildschirmkollegen um ein paar Dutzend Strafmandate vorbei – aber Geschwindigkeit ist leider nicht alles. […] Die Hatz nach den fremden Bytes wird ultraschnell langweilig.
Irgendwann gehen einem die Vorwände aus, warum ein Gleiter durch einen futuristischen Graben fliegt. Es sei denn, man hat die Krieg-der-Sterne-Lizenz zur Hand. Bethesda rechtfertigt dies als etwas abwegige Repräsentation davon, in fremde Computernetzwerke einzubrechen. Doch immerhin reihen sie sich damit nahtlos in eine lange Historie ebenso seltsamer wie unpassender spielerischer Umsetzungen dieses Themas ein. Delta V bietet zwischen den Missionen in diesem Sinne ein bisschen Gibson rund um böse, rivalisierende Mega-Firmen, die diese harsche Welt beherrschen, was aber alles für das Kernspiel irrelevant bleibt.
Interessante Formen ohne Funktion
Spielerisch handelt es sich vielmehr um eine Art Vorläufer zu wipEout, nur ohne all diejenigen Dinge, die jenes Spiel später zum Hit machten. Also das Marketing, den zeitgeistigen Soundtrack, die exakte, reaktive Steuerung, die interessanten Rennstrecken usw.
Hier schlägt man sich durch austauschbare Strecken, einzig und allein gegen die Stoppuhr. Verschiedenartige Hindernisse in unterschiedlichen Formen stellen sich in den Weg, einige davon durchaus einfallsreich. Das Schiff beschleunigt automatisch, je mehr, desto näher man dem Boden ist. Dadurch heizt sich jedoch der Motor auf, bis er schließlich Schaden nimmt. Auch Kollisionen beschädigen das insgesamt immerhin recht robuste Schiff.
Die ersten paar Rennen sind ganz spaßig. Letztlich geht es darum, an den richtigen Stellen kurz hochzuziehen, wo man nicht sofort von stationären Verteidigungsstellungen abgeballert wird, sowie Bewegungsmuster durch die sich wiederholenden Hindernisse auszumachen. Das motiviert initial.
Außerhalb des Grabens keine Texturen
Bis man feststellt, dass die Abwechslung nahe Null herumkrebst. Alle Strecken sind aus den gleichen paar Bausteinen zusammengesetzt. Einzig die Farbgebung wechselt pro Level. Die kleinen Pseudoaufgaben, beispielsweise triviale Ziele abzuschießen, bringen keinen zusätzlichen Reiz.
Dazu kommt das seltsame Leistungsverhalten der 3D-Engine. Etwa ab einem 486DX2/66 läuft das Spiel flüssig, aber damit dann auch viel zu schnell, um überhaupt noch nahenden Hindernissen auszuweichen, oder Power-Ups zu erwischen. Da liegt einiges Frustpotential begraben. Auf langsameren Computern wird es spielbarer, aber gleichzeitig ruckelig.
Aus der Sicht von 1994 muss man natürlich dankbar sein, dass Delta V kein Railshooter geworden ist. Jenes Genre war zu der Zeit in vollem Gange und zugegeben sind seine Highlights unterhaltsamer als dieses Spiel. Trotzdem war es echt an der Zeit, dieses sehr einschränkende Spielkonzept zu beerdigen. Delta V war diesbezüglich sicher noch nicht der große Wurf, aber immerhin ein Anfang. Insofern historisch relevant. Andererseits aber kaum spielenswert jenseits des kurzen Hineinschnupperns.
Railshooter:
Der Spieler schießt per Fadenkreuz Ziele auf dem Bildschirm ab, während sich sein (meist fliegendes) Gefährt komplett von alleine bewegt. ↩︎