Der Forst der Finsternis

Andere Titel:
The Forest of Doom
Firma:
Puffin Books
Jahr:
1983
Systeme:
Spielbuch / C64
Genre:
Rollenspiel
Tags:
Kämpfen / Schwerter & Magie / Mythen und Sagen / Textbasiert
Sprachen:
Englisch / Deutsch
Mittlere Wertung:
3/5

Bericht von LostInSpace (19.05.2019) – Spielbuch

Auf dem Planeten Allansia wandert unser Held einsam durch die Northern Borderlands ohne eine Menschenseele anzutreffen. Doch eines Nachts wird er aus dem Schlaf gerissen und bekommt gerade noch die letzten Worte des sterbenden Zwerges Bigleg mit, der aufgrund ungünstiger Umstände die Kriegswaffe des Zwergenkönigs Gillibran im Darkwood nicht überbringen konnte. Sie wurde während eines Überfalls gestohlen. Doch ohne diese entscheidende Waffe besteht für das Zwergenreich in Stonebridge Gefahr vor den kriegslüsternen Trollen. Bigleg verspricht deshalb unserem namenlosen Helden eine reiche Belohnung für das Auffinden und Überbringen des Kriegshammers und stirbt vor seinen Augen.

Das dritte Buch in der bis heute populären Fighting-Fantasy-Reihe ist 1983 erschienen. Die Snapshots in der Review entstammen allerdings der englischen Neuauflage von 2017. Autor ist jedoch natürlich weiterhin der bekannte Ian Livingstone.

Erste Station nach dem anfänglichen Auswürfeln der Charakter-Stats ist der Turm des Zauberers Yaztromo. Der Magier wird hier das erste Mal erwähnt und taucht danach immer wieder in anderen Teilen der Reihe auf. Wie der Zufall so spielt, ist sein steinerner Turm nicht weit vom Darkwood entfernt. Dort wartet ein reichhaltiges Angebot an verzauberten Items auf unseren Recken. Mit dem Geld des dahingeschiedenen Bigleg kauft der Held nun ein, solange der mächtige Yaztromo ihn nicht schon vor Beginn seiner Quest in einen Frosch verwandelt.

Allein der Spieler entscheidet, was er für nützlich hält und schon beginnt im Abschnitt 177 das eigentliche Abenteuer. Früher oder später wird der eine oder andere Abenteurer vielleicht nach Hilfestellung suchen und daher folgt ein Zitat aus dem Hints On Play am Ende des Buches: „The one true way involves a minimum of risk and any player, no matter how weak on initial dice rolls, should be able to get through fairly easy“. Diese Beschreibung trifft ganz gut auf diesen Walkthrough zu, in dessen Verlauf nur insgesamt zwei Kämpfe bestanden werden müssen: mit einem sehr schwachen Goblin und mit den etwas schwierigeren Wild Hill Men. Ansonsten ist an zwei anderen Stellen nochmal leichtes Würfelglück gefordert.

Der Walkthrough leitet den Helden zielsicher durch abwechslungsreiche Action. Beim Begehen der Wege wird an einigen Kreuzungen auch eine kurze Landschaftsbeschreibung geboten, die das Setting plastisch macht. Das Geschehen findet im Wald, in Höhlen und vereinzelten kleinen Hütten statt: Der Weg führt grob gesagt durch den vorderen Teil des Darkwood Forest bis zum Catfish River. Nach der Überquerung kommt eine grasbewachsene Uferzone bevor der Held wieder zurück in den hinteren Abschnitt des Waldes gelangt, an den sich die Zwergen-Stadt Stonebridge anschließt.

Lässt sich der Spieler aber nur von seiner Intuition leiten, kreuzen immer wieder teilweise böse Kreaturen des Waldes seinen Weg. Im Ergebnis sind die Kämpfe zwar zahlreich, aber nicht unangenehm häufig: Eben eine typische Rollenspiel-Komponente. Die Kämpfe können zum Großteil auf Wunsch – zum Beispiel durch Verstecken – umgangen oder durch Wegrennen abgebrochen werden. Das Kampfsystem ist zwar dem Zufall überlassen, aber durch eine Mischung aus Berechnung und Erwürfelung der Angriffspunkte sind die Kämpfe unterschiedlich schwierig. Entscheidend dabei sind die eigenen Stats. Der Schwierigkeitsgrad nimmt bei schlechten Stats extrem zu. Man könnte die Charakter-Stats versuchsweise nicht dem Zufall überlassen, sondern selbst vorgeben. Dadurch kann man praktischerweise den Schwierigkeitsgrad selbst variieren. Entscheidend für den Kampf sind vor Allem zwei Größen: der Gewandtheits-Skill für die Angriffspunkte pro Wurf und Stärke für die Hitpoints.

Durch die Bewegung in der labyrinthartig verzweigte Karte erscheinen auch die Monsterbegegnungen auf den ersten Blick zufällig. Man versucht natürlich, an die Schätze und Items der Monster zu kommen, um hoffentlich den Hammer des Gillibran zu finden. Dabei streben die einzelnen Stationen der Karte aber unbemerkt weiter und weiter bis nach Stonebridge. Dort sollte man sich sinnvollerweise nicht ohne das gesuchte Kriegsgerät sehen lassen. Daher bleibt in diesem Fall nichts anderes übrig, als von vorne zu beginnen.

Die vier möglichen Hauptrouten sind nämlich nicht gleichberechtigt: Nur über einen einzigen bestimmten Weg findet man sowohl den Stiel als auch den Kopf des Hammers. Diesen zu finden, erfordert nicht nur das berühmte Quentchen Glück und den richtigen Riecher, sondern gegebenenfalls auch mehrere Anläufe. Dabei bleibt das Spiebuch aber durchaus fair: Um an das letzte Teil des Hammers in der Krypta des toten Goblins zu gelangen, braucht man für die Tür nicht unbedingt den Silver Key. Man kann auch durch entsprechendes Glück beim Würfeln die Tür mit Gewalt einrennen.

Der Aufbau der einzelnen Wegstationen ist zwar vom Prinzip her gleich: Man kann erstens den Wegepunkt genauer betrachten oder betreten bzw. dortige Gegner bekämpfen. Oder zweitens einfach vorbei gehen bzw. vor dem Gegner fliehen. Diese eintönige Spielmechanik wird aber durch die sehr plakative und abwechslungsreiche Beschreibung der einzelnen Stationen aufgelockert. Ein Brunnen entpuppt sich beispielsweise als dungeonartige Behausung mehrerer Goblins. Ein dahergelaufener Gnom lässt sich gut bezahlen, um einen Hinweis auf das Goblin-Skellett in der Krypta mit dem Kriegshammer in Verbindung zu bringen. Immer wieder entspinnen sich aus Entdeckungen am Wegesrand auch kleine Nebenquests. Dadurch wird die Spielewelt nachvollziehbar und lebendig.

Ob die Motivation reicht, um das Abenteuer erfolgreich zu beenden ist dennoch fraglich. Denn das hauptsächliche Spielelement Trial-and-Error ist nur sinnvoll, solange sich auch Erfolgserlebnisse einstellen. Wie zum Beispiel in Videogames: First Level Done. Ein glückloser Spieler kommt zwar bis zum vorletzten Abschnitt, wird aber ohne den Hammer wieder an den Anfang zurückgeschickt. Da legt man doch lieber gleich das ganze Buch zur Seite. Andererseits kann ein Spieler mit viel Glück schon im ersten Anlauf den Hammer entdecken und mag das Buch deswegen vielleicht sehr. Aber ein Spielebuch mit einem Rollenspiel-Aspekt wie dieses, vermutet berechtigterweise beim Leser auch einen gewissen Entdecker-Trieb. Und diesem wird The Forest of Doom auf jeden Fall gerecht. Nicht zuletzt auch aufgrund seines reichhaltigen Bestinariums: vom Wurm, über den Forest Giant bis zum Wyvern ist fast jedes stereotype Monsterbild vertreten. Mein persönliches Highlight ist die Catwoman im Abschnitt 130. Sie ist schon über 40 Jahre vor dem Erscheinen dieses Buches in einigen Batman-Comics aufgetaucht, aber ihr Auftritt im Darkwood kommt mir reichlich deplatziert vor. Vielleicht ein skurriler Scherz des Autors.

Über 30 Jahre nach dem Erscheinen dieses Buches hat man sich in England beim Scholastic-Children’s-Book-Verlag im Jahr 2017 zu einer Neuauflage entschieden. Kinder sind eine überraschende Zielgruppe, wie ich finde. Der Grafikstil und die Aufmachung mit dem original Slogan You Are The Hero deuten aber wohl eher auf Teenager hin. Damit bin ich einverstanden. Denn waren nicht auch Teenager schon ab der ersten Ausgabe die Hauptabnehmer und Leser? Für mich ist diese aktuelle Neuauflage auch ein Hinweis auf die allgemeine literarische Anerkennung und Qualität von Spiebüchern dieser Art.

Ist das Buch also auch heute noch lesenswert und vielleicht sogar ein Highlight der Reihe? Durch die Zeitlosigkeit der Fantasy-Thematik konnte der Zahn der Zeit dem Buch wenig anhaben. Auch in heutigen Rollenspielen reist der Held durch Wälder auf der Suche nach Ruhm und Ehre und muss sich gegenüber den zahlreichen ansässigen Kreaturen behaupten. Ob das Buch allerdings ein Highlight der kompletten Reihe ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Dazu müsste ich jedes Buch der Reihe kennen. Aber für besonders erwähnenswert gilt dieser Titel in Hinsicht auf die einfache Zugänglichkeit. Kein langer Vorlauf, keine komplizierte Handlung, keine umständlich erklärte Magie: Einfach mit seinem Helden drauflosholzen. Mit guten Charakter-Stats werden die meisten Gegner zu einem Piece of Cake und der Spieler kann nach Herzenslust den geheimnisvollen Darkwood erkunden. Für einen schnellen Einstieg in die Reihe ist dieses Gamebook daher sicherlich ein heißer Kandidat.

Bericht von Mr Creosote (21.06.2019) – C64

Das zweite und dritte Abenteuerspielbuch wurden praktisch eins zu eins ins Computerspielmedium umgesetzt. Diese beiden wurden in kurzer zeitlicher Abfolge veröffentlicht, so dass die allgemeinen Bemerkungen bezüglich The Citadel of Chaos ebenso auf The Forest of Doom zutreffen.

Den Inhalt dieses Abenteuers sowie besondere Spielmechaniken hat LostInSpace bereits in seiner Besprechung des Buches im Detail wiedergegeben. Dieser Plot sowie jene Spielmechaniken sind jedoch einigermaßen kontrovers zwischen uns. Deshalb nutze ich die Gelegenheit der Vorstellung dieser Computerumsetzung, um einen diesbezüglichen Kontrapunkt zu setzen.

Bedeutungslose Entscheidung
Bedeutungslose Entscheidung

Nachdem das erste Buch der Reihe, Der Hexenmeister vom flammenden Berg, von den beiden Gründern der Firma Games Workshop (Steve Jackson und Ian Livingstone) gemeinsam verfasst worden war, setzten sie sich für die beiden Folgewerke jeweils einzeln an die Schreibmaschine. Von Jackson kam Die Zitadelle des Zauberers, das – auch wenn sicher nicht in allen Belangen erfolgreich – versuchte, eine einigermaßen kohärente Geschichte zu erzählen und dabei die zentrale Spielmechanik vorsichtig zu erweitern. Livingstone verfasste den Forst; ein Buch, das aus heutiger Sicht als sehr repräsentativ für die gesamten frühen Abenteuerspielbücher angesehen werden kann – dermaßen durchschnittlich ist es.

Das Spielziel: irgendwo in der Wildnis verstreute Artefakte finden. Der Spieler wird gezwungen, gleich am Anfang langfristige Entscheidungen zu treffen (welche Ausrüstungsgegenstände mitzunehmen), ohne irgendeine Entscheidungsbasis dafür zu haben. (Immerhin halten die negativen Auswirkungen schlechter Entscheidungen ausnahmsweise einigermaßen in Grenzen.) Das Abenteuer besteht zu einen Gutteil aus Abschnitten, die eine kurze Ortsbeschreibung geben und dem Spieler dann eine bedeutungslose „weiter-links-oder-rechts“-Entscheidung abverlangt. Im Forst lebt eine chaotische Ansammlung von Kreaturen aus völlig unterschiedlichen Mythologien, und die Art und Weise, wie und wann der Spieler ihnen begegnet, wirkt rein zufällig und stellenweise sogar unlogisch.

Zur Verteidigung des Abenteuers wird nun üblicherweise angeführt, dies sei eines der wenigen der Serie, das tatsächlich auch von schwach ausgewürfelten Charakteren gewonnen werden kann. Auch wenn das prinzipiell nicht falsch ist, da die optimale Lösung wirklich nur ein Minimum an Kämpfen und Fallen bereithält, so stellt sich doch die Frage der Wahrscheinlichkeit, diesen einen Pfad intuitiv zu finden. Jene kann man als nahe Null betrachten. Nur ein einziger kleiner Schritt weg von diesem Pfad und schon sieht man sich Gefahren gegenüber, die selbst starke Charaktere ins Wanken bringen und ein Scheitern ist wahrscheinlich.

Nicht auf Augenhöhe mit den Buchillustrationen
Nicht auf Augenhöhe mit den Buchillustrationen

Die eine Innovation, die das Abenteuer versucht, ist auch absolut erwähnenswert. Die große Frage in sehr vielen solcher Bücher ist doch, warum der Protagonist sich niemals umdrehen und einfach zurückgehen darf. Klar, es mag gute Gründe geben, wie ein Steinschlag, der den Höhleneingang verschüttet hat, aber wie viele weitere solche Vorwände fallen einem noch ein? In diesem Fall kann man die Stadt der Zwerge ohne die essentiellen Teile des Hammers erreichen. Also warum nicht umdrehen und weitersuchen?

Der Versuch, dies zu lösen, ist sicher gut gemeint, doch es ist die schlechtestmögliche Methode. Das Spiel bietet seinem Spieler an, wieder an den Ausgangspunkt des Abenteuers zurückzukehren und es nochmal von dort aus zu versucht. Obwohl das Gesuchte dem Ausgang des Forsts ja viel näher sein könnte. Schlimmer als dieses rein erzählerische Logikloch ist jedoch, dass nichts im Spiel diesen Status des zweiten Durchlaufs in Betracht zieht. Man trifft Leute, die so tun, als kennten sie einen nicht. Bereits getötete Monster kehren zurück. Man findet die gleichen Objekte nochmals. Irgendwann wird es geradezu peinlich. Dann könnte man ja gleiche mit einem neuen Charakter nochmal von vorn anfangen. Das Wissen des Spielers geht dadurch ja nicht verloren.

All dies sind logischerweise auch die Probleme dieser Computerspiels. Die Umsetzung an sich hat auch ihre bekannten Schwächen, insbesondere die Art der Textanzeige und die eher mäßige grafische Qualität im Vergleich zu den Illustrationen des Buches, aber immerhin scheint dieses Computerspiel vernünftig getestet worden zu sein; zumindest bin ich auf keine signifikanten Bugs gestoßen. Trotzdem erbt es als nahe Umsetzung natürlich alle Nachteile des Buches. Meines Erachtens ist jenes eine schwach geschriebene Geschichte ohne roten Faden oder Thema, der es nicht gelingt, dem Spieler interessante Wahlmöglichkeiten zu bieten. Wer allerdings mit links-oder-rechts-Enscheidungen leben kann und die dauernd wechselnden Schauplätze und Zufallsbegegnungen als spannende Abwechslung interpretiert, der mag gern einen eigenen Blick wagen.

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