Bericht von Mr Creosote (03.08.2002) – Amiga (OCS)
Impressions konnte sich niemals einen richtig guten Ruf beim Durchschnittsspieler erarbeiten. Hauptsächlich produzierten sie (zugegeben) unzugängliche Strategietitel. Caesar und Cohort sind die vielleicht bekanntesten klassischen Vertreter. Der bei weitem größte Teil ihrer Spiele ist völlig in Vergessenheit geraten.
Discovery – In the steps of Columbus ist eines der Spiele, denen dieses Schicksal wiederfahren ist. Auf einer handvoll Seiten mag es erwähnt werden, aber dort kommt es dann normalerweise auch sehr negativ weg. Wie üblich erlaube ich mir anzuzweifeln, ob jene Personen, die so vorgehen, das Spiel überhaupt tatsächlich gespielt haben – oder wie soll man das sonst interpretieren, wenn ein „Test“ fast vollständig aus dem Zitat einer anderen Seite besteht, und die einzige „persönliche Ergänzung“ „völlig langweiliges Spiel“ ist?
Um nun die folgende qualitative Diskussion nachvollziehbar zu machen, zuerst eine kurze Beschreibung. Man übernimmt die Rolle einer von Europas Großmächten des späten 15. Jahrhunderts (Preußen scheint hier etwas deplatziert) und plant die Kolonisierung der „neuen Welt“ (dies muss nicht notwendigerweise Amerika sein, es stehen auch fiktive Welten zur Auswahl).
Man sendet Schiffe voller Siedler in Richtung Westen, wo dann neue Städte gegründet werden, sobald man Land erreicht. Kleine Siedler-Sprites schwärmen aus, hacken Holz, bauen Brücken, legen Sümpfe trocken, bestellen Farmen, errichten Lagerhäuser und Fabriken usw. Hat man gut geplant, wachsen und gedeihen die Siedlungen, weitere Bürger werden „geboren“ und Waren werden produziert. Dann baut man Handelsschiffe und bringt jene Güter zurück nach Europa (oder Asien, falls die Städte dort höhere Preise zahlen).
DIe ökonomische Planung macht den Löwenanteil des Spiels aus. Doch was bringt ein Berg Gold, wenn die Nachbarn diesen einfach stehlen können? Die Indianer sind natürlich nicht allzu erfreut darüber, dass ihr Land besetzt wird. Ebenso verhalten sich auch die Siedler anderer europäischer Nationen nicht immer friedlich. Also baut man Forts, die wiederum automatisch Soldaten „produzieren“ (ausbilden), die eigene Städte verteidigen, oder eben auch (rein präventiv) selbst zum Angriff übergehen können. Auf See erfüllen Kriegsschiffe den selben Zweck: Sie können entweder den eigenen Händler begleitend zur Seite stehen, oder feindliche Schiffe überfallen und deren Ladung stehlen…
Das Spiel schreitet in Echtzeit voran. Riesige „Reiche“ mit vielen Städten sind dadurch viel schwieriger zu verwalten, als kleine. Besonders, da eine Menge Mikromanagement erforderlich ist: Man kann jeden Siedler einzeln steuern und um effizient und erfolgreich zu sein, ist das auch nötig! Es gibt ein paar strategische Einstellungen, wie zum Beispiel in welche Himmelsrichtung die Stadt sich ausbreiten soll, aber das legt nur die Marschrichtung der Siedler fest, die dann dort Bäume umhauen. Alle Gebäude müssen aktiv selbst errichtet werden. Siedler laufen auch blind einfach in den Sumpf und verrecken dort, wenn man ihnen nichts konkret anderes befielt (Lemmings?).
Das mag sich nun schrecklich anhören (und es ist sicherlich einer der Hauptgründe für die generelle Abneigung Vieler gegenüber dem Spiel), deshalb nun die Einschränkung: Tatsächlich nötig ist dieses Mikromanagement nur bei frisch gegründeten Siedlungen. Sobald sie eine vernünftige Größe erreicht haben, kann man sie auch ruhig für eine Weile unbeaufsichtigt lassen, und von Zeit zu Zeit neue allgemeine Befehle geben.
Desweiteren abschreckend könnte die Steuerung wirken. Theoretisch ist sie sehr gut – bestens konzeptioniert und einfach verständlich. Leider ist erstens jedoch das Hauptfenster, das die „Karte“ zeigt, zu klein (mangelnde Übersicht), und zweitens wird es im Verlauf des Spiels schwierig, bestimmte Siedler, Städte oder Schiffe aus dem Gewusel heraus gezielt anzuwählen. Zumindest wird letzteres Problem dadurch relativiert, dass das Spiel jeweils anhält, sobald eine Einheit angewählt wurde.
Größtes Problem ist jedoch die Wegfindungsroutine. Siedler laufen in Berge hinein und Schiffe verkanten sich an der Küste – dauernd! Dies wirkt sich vor allem bei Handelsschiffen fatal aus, denn sie haben genau wie alle Einheiten und Städte einen „Moral“-Wert. Dieser Wert nimmt sukzessive mit der Zeit auf hoher See ab. Da sich diese Zeit durch solche „Eskapaden“ natürlich bis ins unendliche verlängern kann, erreicht der Wert häufig Null – und damit tritt das Schiff zur Piraterie über. Unfair und nervig.
Nun gleitet das ganze darin ab, worüber ich mich anfangs beschwert habe: ein Heruntermachen des Spiels. Doch das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass das einfache, und trotzdem clever gemachte Wirtschaftsmodell ziemlich motivierend ist. Spieler, die auch Colonization kennen, werden in Discovery einige ähnliche Ansätze wiederfinden – nur eben drei Jahre früher. Beim Berufssystem (das hier nur angedeutet ist, aber die Grundidee ist vorhanden), Produktionssystem und noch vielem mehr sind deutliche Parallelen zu erkennen. Discovery ist somit ein gutes Spiel, mit zwar vieler kleiner Schwächen im Detail, aber insgesamt motivierend und spaßig – im Gegensatz dazu, was einem gewisse Möchtegernexperten versuchen zu erzählen.
Wichtig: Zum Zeitpunkt des Tests lief das Spiel nicht unter UAE. Wer auf Emulation angewiesen ist, sollte also die Möglichkeit „Fellow“ im Hinterkopf behalten.