Bericht von Mr Creosote (27.04.2024) – Atari 2600
Der Atari 2600 hatte ein langes kommerzielles Leben. Eingestellt wurde die Produktion erst gleichzeitig mit dem Nachfolger des Nachfolgers. Der Export als billige Einsteigermaschine in die Länder des früheren Ostblocks Anfang der 90er sowie die immer noch vorliegende Verbreitung in den Wohnzimmern reichte, die Entwicklung neuer Spiele zu rechtfertigen. Viele solche waren Umsetzungen Ataris eigener Spielhallenhits. Oder Imitationen solcher. Die allerdings mittlerweile primär zeigten, wie als die Hardware mittlerweile geworden war. 1989 kam von Atari Double Dunk – eine dedizierte Entwicklung für den 2600, das nirgendwo anders herauskam.
Und, man glaubt es kaum, es ist gut gelungen. Es spielt die Stärke des 2600 aus: ein einziger statischer Bildschirm, vier Sprites, einfache Spielmechanik und schnelles Spielprinzip.
Es handelt sich um die Simulation eines Zwei-gegen-zwei-Basketballspiels auf einen Korb. Die Regeln, soweit ich mich erinnern kann, stimmen mit der Realität überein. Das offensive Duo versucht zu punkten, aber solange der Ball das Brett nicht berührt hat, dürfen die Verteidiger sich ihn schnappen und selbst einlochen. Ein Rebound nach verfehltem Wurf bedingt dagegen, aus der Punktezone herauszulaufen und sich neu zu gruppieren.
Soweit einfach zu verstehen. Anders als in so ziemlich jedem Sportspiel der Zeit kommt es in Double Dunk jedoch nicht nur auf Reaktionsgeschwindigkeit an. Die Angreifer können sich vor Beginn jeweils eine Taktik entscheiden. Einigermaßen geheim, zumindest sofern der Gegenspieler nicht den Joystick beobachtet. Die Taktik bestimmt dann die Bewegungswege und Würfe. Wie oft soll gepasst werden? Wer soll werfen, wenn bis dahin alles gut geht? Wo soll der computergesteuerte Mitspieler sich hinbewegen? Sollte sich zwischendurch die Gelegenheit ergeben, kann man natürlich auch jederzeit auf den Korb werfen.
So kommt ein wenig Struktur in das ansonsten sehr hektische Gameplay. Die Spieler beider Teams sind erstmal gleich gut und die Bewegungsfreiheit beschränkt. An einem Gegenspieler dribbelnd vorbeizuziehen, kann man praktisch vergessen. Zumindest, wenn man gegen den Computer mit seinem perfekten Reaktionszeiten spielt.
Im Einzelspielermodus gilt also erstmal nicht allzu peinlich zu verlieren und sich dabei graduell zu verbessern. Mit etwas Geduld gelingt das durchaus, auch wenn die ersten Partien hoffnungslos sind. Die künstliche Intelligenz schnappt sich den Ball sehr effektiv und steuert ihren Spieler dann in Richtung Korb, bevor man den Ballverlust überhaupt bemerkt hat. Überlappende Sprites machen es ohnehin häufig schwierig, überhaupt zu erkennen, wer ihn momentan hat.
Gegen einen anderen Menschen spielt es sich entsprechend anders. Beide kämpfen mit den selben Einschränkungen. Eine Portion Glück gehört dazu. Doch kennt man die verfügbaren Taktiken und weiß sie gezielt einzusetzen, führt das schon im Durchschnitt zu mehr Punkten. Was letztlich Sinn ergibt, oder? Also dass man das Spiel erlernen, spürbar besser werden kann.
Hätte das alles die Besitzer eines Heimcomputers der Zeit oder einer Konsole neuerer Generation beeindruckt im Jahr 1989? Natürlich nicht. Das wäre zu viel erwartet. Doch hatte man eben „nur“ einen 2600, hätte man Spaß haben können. Einen Mitspieler zu finden, wäre allerdings sicher schwierig geworden. Damals vielleicht sogar mehr als heute. Denn hätte man 1989 eine Partie Double Dunk einem hardwaretechnisch besser ausgestatteten Freund vorgeschlagen, wären Spott und Hohn unvermeidlich gewesen – obwohl unverdient.