Bericht von Mr Creosote (19.11.2014) – Interpreter (Z-Code)
Sofort als ich dieses Spiel in der Interactive Fiction Competition sah, wusste ich, dass ich es rezensieren würde. Regelmäßige Besucher werden wissen, dass ich Zeitreisestoffen nicht widerstehen kann. Bei all den sehr unterschiedlichen Ansätzen, eine solche Mechanik zu definieren und darum eine Geschichte zu stricken ergibt sich (in den guten Fällen) immer eine inhärente Logik, die ich nur bewundern kann!
15 Minutes versetzt den Spieler in die Rolle eines Universitätsstudenten, der eine wichtige Physikprüfung vergeigt hat. Wie der Zufall es so will arbeitet eben jener zuständige Professor an Zeitreiseexperimenten und als er kurz den Raum verlässt, um mit dem Uni-Präsidenten die Exmatrikulation klarzumachen, lässt er den Protagonisten allein mit dieser Zeitmaschine… tja, da ergibt sich doch die Gelegenheit, sie mal eben zu benutzen, um die verfahrene Situation doch noch zu retten, oder?
Die offensichtliche Lösung des Dilemmas wäre, sich an den Anfang des Semesters zurückzuversetzen, hart zu arbeiten und dann den Test erfolgreich zu bestehen. Doch wo bliebe da der Spaß? Solcherlei Versuchen seitens des Spielers beugt das Spiel dadurch vor, seine Zeitreiselogik passend zu wählen: Die Vergangenheit kann nicht geändert werden. Der Test ist in die Hose gegangen, daran gibt es nichts mehr zu rütteln. Das Beweisstück zu ersetzen wäre andererseits denkbar.
Nun eröffnet die Möglichkeit der Zeitreise immer noch prinzipiell unendlich viele Optionen und so leitet das Spiel einen anhand einer anderen Regel: Ist etwas einmal getan worden, muss es genau so wieder getan werden. Dazu kommt, dass diese Zeitlinie sich niemals verzweigt (also praktisch die Antithese zu dem Roman The Man Who Folded Himself), und so tauchen direkt diverse weitere Versionen des Protagonisten, die allesamt gleich aktiv Handlungen vornehmen, auf. Aufgabe des Spielers ist es also, das was sie tun zu verstehen, in ihre Häute zu schlüpfen und das Gesehene genau nachzuvollziehen.
Klingt so formuliert einfach? Es ist auf jeden Fall gut machbar, wenn man genau beobachtet, in Uhrzeiten rechnen kann und fähig ist, Zahlen ins Ternärsystem zu transferieren. Und dann gibt es noch die Spezialfälle, in denen ein „Protagonist“ nicht sichtbar aus dem Nichts zu einer klar spezifizierten Zeit erscheint, sondern ihr initiales Auftauchen nicht ganz genau bestimmt werden kann. In diesem Fällen hilft lineare Algebra weiter.
Mittlerweile sollte es klargeworden sein, dass es sich um ein recht „nerdiges“ Spiel handelt. Mir bereiteten die Berechnungen auf jeden Fall einigen Spaß! Was daran liegt, dass es alles recht leichtgewichtig bleibt, die Komplexität sich aber immerhin auf einem Basisniveau befindest, das dem Spieler ein elitäres Erfolgsgefühl vermittelt, sobald man die Dinge durchschaut hat und die Korrektheit des selbstformulierten Plans durch den Spielfortschritt bestätigt wird.
Der einzige kleine Kritikpunkt könnte sein, dass für ein Spiel, das einen solchen Wert auf exaktes Timing legt, der Fortschritt der Zeit bei gewissen Aktionen stellenweise recht undeutlich gehandhabt wird. Das Spiel versucht sehr ehrlich, Spielerfrust zu vermeiden, indem es eine Reihe von Aktionen erlaubt, ohne dass dadurch die Zeit fortschreitet. Doch gerade wenn es um den exakten Zeitpunkt des Zeitsprungs geht, geschehen Fehler von einer Minute (einem Zug) doch immer noch zu leicht. Das offensichtliche Beispiel: Zu welchem Zeitpunkt wird die Minute, die man zum Umlegen des letzten Hebels benötigt, aufaddiert – vor oder nach dem Sprung?
Sollten eure Köpfe jetzt brummen, keine Sorge – ihr seid mit diesem Gefühl nicht allein. Doch der Lohn für all die Anstrengungen folgt spätestens in dem erzählerisch hervorragenden Moment, in dem sich das letzte Puzzlestück eines vorher noch rätselhaften Rätsels ergibt, in Form eines Schlüssels, den man vorher in einer anderen Protagonisteninkarnation bereits vorher benutzt hat. Der runde Abschluss für ein solches Spiel!