Bericht von Mr Creosote (30.03.2000) – PC (DOS)
Thematisch gesehen ist dies eines der originellsten Spiele überhaupt. Es fällt in die schon früher kaum vorhandene und mittlerweile völlig ausgestorbene Sparte der Politiksimulationen. Während sich aber die meisten Vertreter dieses Genres aber auf Außenpolitik beschränken, konzentriert sich Hidden Agenda hauptsächlich auf innenpolitisches Handeln und dessen Auswirkung auf internationale Beziehungen.
Die Hintergrundgeschichte ist folgendermaßen: In einem lateinamerikanschen Kleinstaat wurde der örtliche Diktator, der das Volk brutal unterdrückte, gerade vertrieben. Der Spieler ist als Übergangspräsident bestimmt worden. Präsident bedeutet, dass alle Entscheidungen letztendlich bei einem selbst liegen, es aber verschiedene Interessengruppen gibt, die einen beeinflussen wollen.
An erster Stelle wären die drei politischen Parteien zu nennen. Man selbst gehört keiner an, beruft aber Mitglieder dieser zu Ministern. Diese Minister schlagen einem dann vor, was sie in ihrem Ressort für angebracht halten. Dem muss man nicht unbedingt folgen, man kann auch die Meinung der anderen Minister einholen, aber es gibt immer nur die Option „annehmen“ oder „ablehnen“, eigene Alternativen kann man nicht entwerfen. Das wird lästig, wenn man z.B. unbedingt die Militärausgaben senken will, aber niemand spricht einen auf dieses Thema an.
Die drei Parteien stehen für konträre politische Ideologien. Die „National Liberation“ tritt für einen sozialistischen Staat ein, während die „Popular Stability“ möglichst alles so lassen will, wie es ist. Die „Christian Reform“ steht dazwischen. Es macht also wenig Sinn, Minister aus vollkommen verschiedenen Gruppen zu nehmen.
Außerdem gibt es repräsentative Vertreter verschiedener Lobbys, wie z.B. Baumwollproduzenten, Fabrikarbeiter oder auch Botschafter anderer Staaten. Da das Spiel zur Zeit des Kalten Kriegs spielt, sind das Abgesandte der USA und der UdSSR, sowie Kuba.
Das Hauptproblem des Staates ist die Armut. Dabei gerät man als Präsident in eine Zwickmühle: Wenn man den hungernden Bauern hilft, beschweren sich die Exporteure und damit auch die USA. Die Staatseinkommen werden mittelfristig von den schnell steigenden Ausgaben überflügelt. Wenn man dagegen die Staatsfinanzen sanieren will, kommt es schnell zum Aufstand, schließlich erwartet die Bevölkerung auch eine Verbesserung des Lebensstandards.
Damit wären wir auch schon bei einem der zwei Probleme des Spiels: dem Schwierigkeitsgrad. Es ist extrem schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen. Eine einstellbare Schwierigkeit wäre ein riesiger Vorteil. Der andere Schwachpunkt ist die mangelnde Abwechslung. Bei jedem Neustart begegnen einem exakt die selben Personen und Situationen wie immer. Zumindest kleine Variationen hätten sicher nicht geschadet.
Wie auf den Screenshots zu sehen, ist das Spiel sehr textbasiert. Man hat SEHR viel zu lesen. Wen das nicht abschreckt, der wird allerdings monate- oder sogar jahrelang sehr viel Spaß mit Hidden Agenda haben. Trotz der Nachteile ist es extrem motivierend. Auch nach noch so großen Frusterlebnissen startet man es immer wieder!
Der Autor stellt das Spiel auf seiner Seite zum kostenlosen Download zur Verfuegung. Das ist genau das, was „Abandonware“ erreichen will, also unterstützt das und schickt ihm eure Kommentare!