Hugo's House of Horrors

Firma:
Gray Design Associates
Jahr:
1990
Systeme:
PC (DOS) / PC (EGA)
Genres:
Adventure / Action
Tags:
Horror / Humor / ScummVM
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
4/5

Bericht von Mr Creosote (16.10.2021) – PC (DOS)

Der große, von Apogee in den späten 80er Jahren losgetretene Sharewareboom fand nicht gleichermaßen in allen Genres statt. Adventures ließen sich beispielsweise anscheinend nicht ganz so gut episodisch aufteilen wie einige andere Genres. Hugo’s House of Horrors versuchte sich trotzdem auf diesem Markt. Die Sharewareversion ist allerdings was Plot, Rätsel und Ortschaften angeht komplett. Stattdessen versprach Entwickler David Gray für die Vollversion zusätzliche Features, wie das „Auto-Play“, in dem man dem Spiel praktisch als Film zuschauen konnte, wie es sich selbst löste. Schwer vorzustellen, dass das Jemanden zum Bezahlen motiviert haben sollte, aber anscheinend zog es trotzdem. Schließlich kann man selbst heute noch die gesamte Reihe käuflich erwerben.

Dank des Sharewarekonzepts kam das Spiel zu unerhörter internationaler Verbreitung. Man kann wohl behaupten, dass jeder PC-Spieler es irgendwann mal in die Hände bekam. Für einige davon mag es das erste Spiel ihres Lebens gewesen sein, was dann wohl die Keimzelle für den stark nostalgisch gefärbten Kult um das Spiel heutzutage war. Jene Nostalgie macht heutiges Spielen schmerzhaft, denn nach allen objektiven Maßstäben ist es etwas… schrottig.

Eine der schöneren Ansichten
Eine der schöneren Ansichten

Die grafische Qualität ist seltsam inkonsistent. Standard-Cliparts zieren prominent die Bilder und an solcherlei Stellen zeigt sich das Spiel noch von seiner besten Seite. Die beschränkte EGA-Farbpalette lässt Hugos Kopf gerne mal verschwinden, da auf Farbkollisionen zwischen Vorder- und Hintergrund nicht ausreichend geachtet wurde. Perspektivisch stimmt in den dreidimensionalen Szenen leider so Einiges nicht.

Das Spielsystem erinnert an beste Sierra-Zeiten seit King's Quest: Hugo wird mit den Cursortasten herumbewegt und Befehle werden als Text eingegeben und mittels eines einfachen Parsers verarbeitet. Zur Entstehungszeit war man das gerade noch gewohnt. Allerdings bringt ein solches System einigen Ballast mit sich. Ganz besonders, und daran scheiterte Sierra bereits seit ihren ganz frühen Anfängen, der dissoziative Bruch zwischen grafischen Illustrationen und der Textein-/ausgabe.

In klassischen Textadventures, inklusive denjenigen, die optionale Illustrationen verwendeten, gab es eine Regel: Diejenigen Begriffe, die das Spiel zur Beschreibung der Umgebung verwendete, wurden meist auch als Eingabe verstanden. Dieser Balance wohnte eine gewisse Eleganz inne. Eine Balance, die Hugo’s House of Horrors fehlt. Hier sieht man ein pixelartiges Etwas auf dem Bildschirm und der Entwickler geht einfach davon aus, dass man es schon erkennen, und mit dem von ihm vorgesehenen Synonym ansprechen werde. Plötzlich steckt da viel Fehlerpotential drin. Fehlerpotential nicht etwas durch komplexes Rätseldesign, sondern rein durch Probleme spielmechanischer Interaktion. Also genau das, was eigentlich möglichst einfach von der Hand gehen sollte.

Das sieht nicht so toll aus
Das sieht nicht so toll aus

Und trotzdem ist nichts davon der Hauptkritikpunkt. Genausowenig sind es die diversen Sackgassen und all die unnötigen Tode, die man im Spielverlauf stirbt. Schließlich ist das Spiel derart kurz geraten, dass erneutes Anfangen nicht übermäßig schlimm ist (30 Minuten, selbst wenn man ohne Plan an die Sache rangeht). Der anarchische Charme des willkürlichen Mischmachs thematischer Motive (der verrückte Wissenschaftler mit seinen Experimenten, der Hund als größte Gefahr in einem von einem Vampir, einer Hexe, einer Mumie und anderen Monstern bewohnten Haus…) macht die Sache sogar einigermaßen sympatisch.

Nein, Hauptproblem ist die völlige Einfallslosigkeit der Rätsel. Die Anforderungen an den Spieler erschöpfen sich darin, versteckte Objekte zu finden, verschlossene Türen mit offensichtlichen Schlüsselobjekten zu öffnen, versteckte Wege zu finden, Todesgefahren auszuweichen, Wissensfragen über Fantasyliteratur zu beantworten (!) und ansonsten das Offensichtliche zu tun. Im gesamten Spiel findet sich nicht ein einziges halbwegs originelles Rätsel. Traurig.

Warum hat Hugo’s House of Horrors trotzdem im kollektiven Gedächtnis gehalten? Die Antwort ist in den anfänglichen Absätzen enthalten. Es war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um sich tief in den leicht zu beeindruckenden jungen Gemütern festzusetzen. Die Herausforderung war für Kinder genau richtig, die sich schlau fühlen konnten, eine „Geheimkombination“ einzugeben (die man offen vom Spiegel ablesen konnte). Das Geisterhaus war irgendwie gruselig, aber der Humor nahm ihm doch den echten Schrecken. Es war „gut genug“ und „verfügbar“. Aber ein gut gemeinter Rat: Es ist wohl besser, sich seine schönen Erinnerungen nicht durch eine Neubegegnung zu verderben.

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