Bericht von LostInSpace (26.06.2021) – ZX Spectrum
Für Kinder muss nicht gleich die ganze Welt untergehen oder bedroht sein, um Angst zu bekommen. Oft reicht schon ein böser Traum oder ein Geräusch im Dunkeln. In der glühenden Kinderphantasie entstehen daraus Monster, die sich unter dem Bett verstecken und von dort dem Kind auflauern. In diese bizarre Welt zwischen Schlafen und Wachen und zwischen Hoffen und Bangen habe ich mich durch MetaMorphosis versetzt gefühlt.
Der Spieler selbst ist von Beginn an nur eine hässliche spinnenartige Kreatur auf zwei Insektenbeinen. Die Level sind mit völlig gleichartig aussehenden Klonen bevölkert und ein Aufeinandertreffen verläuft stets feindselig. Dann versuchen sich die Viecher sofort mit einem Sprung auf den Kopf zu betäuben oder die wertvolle Lebensenergie mit gezieltem Spucken von Gift zu dezimieren. Derartiger Giftschleim tropft auch an verschiedenen Stellen von der Decke der Höhlen, die dunkel und beklemmend den Spieler zu verschlucken scheinen.
Sobald die letzten Kraftreserven verbraucht sind, verwandelt sich das hässliche Insekt in eine wurmartige Larve, über die sich die verbliebenen Artgenossen hermachen. In einem scheußlichen Fressgeräusch wird sie dann verschlungen. Das primäre Ziel heißt also Überleben. Um nicht selber gefressen zu werden, sollte der Spieß einfach umdreht werden. Also beschießt der Spieler seine Artgenossen ebenfalls mit Giftspucke, bis sie zu Larven werden, um anschließend seinen Hunger an ihnen zu stillen.
Im Laufe des Spiels kann man Medaillons verdienen, die höhere Entwicklungsstufen ermöglichen. Die Kreatur kann damit mehr Lebensenergie speichern. Die Verwandlung geschieht vom Basis Spinnentyp über ein Insekt mit menschlichem Kopf bis zu einem kompletten menschlichen Wesen. Dieser kleine Junge findet dann in anderen gleichartigen Buben seine ärgsten Gegner. Denn sie brauchen sehr viele Treffer, bis sämtliche Entwicklungsstufen vernichtet sind und nur noch die Larve vorliegt. In einem letzten Kampf – dem Battle Royale – steht man als einzelner Junge einer nicht enden wollenden Anzahl feindseliger Buben gegenüber. Wer dann als Sieger die Kampfarena verlässt, ist endlich zum Mann gereift.

Jeweils zwei Kampfarenen sind in einem der 3 Level über einen Teleporter erreichbar. Dieser wird sichtbar, sobald man den passenden Schlüssel gefunden hat. Die Größe eines Levels umfasst in etwa 7 Bildschirme. Daher muss nicht lange gesucht werden. Herausfordernd sind dabei eher die teilweise komplett im Dunkeln liegenden Bereiche zum Erreichen des Schlüssels. Ist in diesem schwarzen Labyrinth auch noch ein Gegner unterwegs, kann sich die Durchquerung ein klein wenig hektisch gestalten. Zum Glück ist die KI der Gegner zwar herausfordernd, aber nicht wirklich teuflisch. Erst eine besonders hohe Anzahl an Gegnern kann den Spieler an seine Grenzen bringen. Dies geschieht in der Kampfarena. Dort wird das spielerische Element des Larven-Vertilgens ein wichtiger Faktor. Denn sobald ein Feind erledigt ist, wollen natürlich auch die anderen Kontrahenten dessen Lebenspunkte in Form seiner Larve aufnehmen. Nur durch schnelle Reaktion kann der Spieler diesem Vorhaben zu vorkommen und selber stärker werden.
In der Levelebene wird zwar auch gekämpft. Aber an bestimmten Stellen sind freilaufende Larven verfügbar. Der Spieler kann durch erneutes Betreten des Bildschirms diese dann immer wieder neu fressen, um sich komplett aufzuladen. Die Bildschirme der 3 Level sind durch Fall-Tunnel miteinander verbunden. Durch diese gelangt der Spieler von höheren Ebenen wieder zurück nach unten. Zwei der oben erwähnten Medaillons erhält man nach dem erfolgreichen Bestehen in der Kampfarena. Diese werden in einem beleuchteten Schrein im zentralen Raum des jeweiligen Levels gesammelt.

Das dritte Medaillon ist oft erst durch erneutes Durchschreiten sämtlicher bereits bekannter Bildschirme auch früherer Level an bestimmten Stellen zu finden. Ist auch dieses in den zentralen Raum gebracht worden, zeigt sich der Teleporter für das nächste Level.
Die Level sind relativ schnell durchgespielt. Der Schwierigkeitsgrad steigt nur marginal an. Für Profi-Zocker also keine Herausforderung und in gut einer halben Stunde erledigt. Ein erneuter Versuch wird nicht belohnt. Deshalb legt sicher auch der Gelegenheitsspieler nach einmaligem Erreichen der Schlusssequenz trotz aller Begeisterung das Spiel dann weg.
Während dem Spiel wird man mit schauderhaften Sound-Effekten und einem angenehm eingängigen und atmosphärischen Soundtrack unterhalten. Die grafische Umsetzung ist eine unfassbar geniale Anwendung der Spectrum-Palette. Man hat das Gefühl, dass die Farben nur für dieses Spiel entworfen wurden. Die filigranen Monster bewegen sich flüssig und schnell. Einen Flicker-Effekt habe ich niemals zu Gesicht bekommen. Die Räume sind grafisch ein Meisterwerk des subtilen Horrors. Um ein Spiel derart creepy zu gestalten, werden andernorts millionenschwere Dollar-Budgets verpulvert. Dass ein bisschen Grusel-Feeling auch mit einem 8-Bit Rechner machbar ist, davon kann man sich hier gern überzeugen. Außerdem ist MetaMorphosis in dieser Form einzigartig, da eine Mischform aus Jump’n’Run und rudimentärem Beat’em Up vorliegt. Soviel Innovation in ein 40 Jahre altes Computer-System zu stecken, verdient meine absolute Hochachtung. Die italienischen Entwickler haben die Retro-Fans mit einer echten Perle beschenkt.