Bericht von Mr Creosote (12.02.2022) – Schneider CPC

Ninja Carnage ist ein kurioses Spielchen. Ein Ninja dringt in eine Festung ein, um eine dämonische junge Frau zu töten, und durchquert dabei „29 Levels“, beschrieben durch „10000 Worte“ und kann „128 verschiedene Tode“ sterben. Soll die hohe Anzahl an Toden ein Qualitätsindikator sein? Es ergibt Sinn, sobald man versteht, was das Spiel eigentlich im Sinn hat.
Mit dem Klassiker Last Ninja hat es so ziemlich überhaupt nichts gemein. Wenn es von „Leveln“ spricht, meint es damit ein kleines Bild, auf dem sich 3–9 Hotspots verbergen, die in der richtigen Reihenfolge angewählt werden müssen. Jeder Bildschirm bietet dem Protagonisten eine neue Aufgabe. Einen mit Fallen gespickten Bereich durchqueren. Eine Bombe entschärfen. Einen Gegner bekämpfen. Was die Hotspots für Aktionen auslösen, ist nicht vorhersehbar. Je nach dem, was dem Plot gerade dienlich ist, unterfüttert das Spiel die Wahl des Spielers automatisch mit der richtigen (oder falschen) Handlung.

Die Kernspielmechanik besteht insofern darin, jeden Bildschirm genau abzusuchen und dann die „Lösung“, also die richtige Reihenfolge der Hotspots, auszuprobieren. Voraussehen oder sich logisch erschließen kann man diese Abfolge (mit vielleicht ein oder zwei Ausnahmen) nicht.
Klingt nicht so interessant, oder? Ist aber gar nicht mal so schlecht, denn immerhin führt die falsche Wahl sofort zum Tod. Somit ist der Suchraum immerhin begrenzt und die Textbeschreibungen der Todesszenen sind sicher eines der Verkaufsargumente (mehr dazu später).
Doch jenseits der Vermeidung negativer Aspekte ist es schon nicht unbeeindruckend, was das Spiel aus dieser sehr beschränkten Mechanik herausholt. Mal wird die Steuerung umgedreht. Der Cursor kann zu zittern beginnen. Manchmal läuft ein Countdown, der schnelle Entscheidung fordert. Oder aber das Spiel gibt eine Sequenz vor, die der Spieler wiederholen muss. Nichts davon ist für sich bahnbrechend, aber die ernsthafte Bemühung um Abwechslung ist spürbar.

Trotzdem ist das Spielprinzip wie bereits angedeutet nicht das Verkaufsargument. Ebensowenig ist es die Grafik, auf der Basis digitalisierter Fotos mit Pixelkunst aufgebort, die oft verdammt gut aussieht, aber manchmal in unkenntlichen Brei verschwimmt.
Vielmehr handelt es sich um ein primär textliches Spiel. Ninja Carnage zerbricht die normalerweise angenommene Einheit zwischen Protagonist und Spieler. Zwar kontrolliert der Spieler den Protagonisten, aber trotzdem spricht der Protagonist den Spieler direkt an – auf sehr eigene Weise. Der Ton trieft von Abscheu und Verachtung. In den noch freundlichsten Momenten wird die Kompetenz des Spielers in Zweifel gezogen, ansonsten hagelt es direkt Beleidigungen. So werden die Tode, die man stirbt und blumig beschrieben werden, zur Unterhaltung.
Dies stellt wohl den Humor des Autoren dar. Ob man an Ninja Carnage Spaß hat, hängt über allem anderen davon ab, ob man dies wertschätzen mag. Die „29 Levels“ lassen sich problemlos in maximal einer Stunde lösen. Insofern kann man schon einen Versuch wagen. Viel zu verlieren hat man nicht.