[…] man merkt dem Spiel an, daß es auf einer Romanvorlage basiert: Die Welt wirkt komplex, die Charaktere sind meher als 08/15-Kandidaten aus dem Märchenkatalog, die Geschichte kommt glaubwürdig daher. […] Wenn Sie schon den Vorgänger Death Gate mochten, oder sich allgemein für anspruchsvolle Fantasy-Kost interessieren, können Sie deshalb beruhigt das Goldsäckel zücken.
Legend brachte nach dem exzellenten Death Gate ein Spiel heraus, dass ihm oberflächlich betrachtet ziemlich ähnelt. Es benutzt die selbe Spielengine, der Grafikstil ist ähnlich und es basiert auch wieder auf einer populären Fantasyromanreihe: Shannara. Eine direkte Umsetzung eines der Bücher ist es allerdings nicht. Stattdessen spielt es zwischen den ersten beiden. Ein böser „Dämonen-Lord“ namens Brona, den der Vater des Protagonisten Jak anscheinend im ersten Buch getötet hatte, ist zurück. Er kann nur mit dem „Schwert von Shannara“ besiegt werden, das wiederum nur von Nachkommen der Shannara-Familie benutzt werden kann – nämlich Jak und seinem Vater.
Nach einigem Hickhack mit einer Reihe Monster, einem vergifteten König und einer magischen Barriere stellt sich heraus, dass besagtes Schwert durch Bronas Magie zerstört wurde, und nur die vereinte Magie der Elfen, Zwerge, Trolle, Gnome und der alten Druiden es wieder zusammenfügen kann. Also müssen nicht nur mächtige magischen Artefakte jeder „Rasse“ gefunden, sondern auch Kriege unter ihnen verhindert werden, damit alle gemeinsam gegen das Böse vorgehen können. Auf den Reisen trifft man nicht nur passive Personen, die quasi zur Szenerie gehören, sondern auch Verbündete, die einem mit Rat und Tat zur Seite stehen. Eine der ersten ist Shella, Tochter eines Freunds des Vaters der Hauptperson. Später kommen der Zwerg Brendel (ein naher Verwandter des Vaterfreunds Hendel), der Troll Telsek (der Sohn des Vatermitstreiters Keltsek) und weitere hinzu. Das Muster sollte klar sein.
An Spieltiefe bietet Shannara erfahrenen Abenteurern nicht allzu viel. Die Fähigkeit der Spielengine, eine Vielzahl theoretisch denkbarer Verben zu jedem aktiven Objekt individuell zu definieren, und in Death Gate so effektiv genutzt wurde, ist kaum wiederzuerkennen, weil die Verblisten nur äußerst dünn besetzt sind. Selbst die wenigen zur Verfügung stehenden Optionen fallen kaum auf, da die „Vorschläge“ des Spiels, welcher Befehl denn nun benutzt werden könne, eigentlich immer genau dem entspricht, was auch zur Lösung nötig ist. Also ist es kaum mehr als eine „ein-Klick-für-alles“-Bedienung.
Entsprechend einfach sind die Rätsel. Sie sind ohnehin nicht übermäßig komplex oder einfallsreich. Schlüssel werden in Schlösser gesteckt, Objekte tauchen plötzlich an bereits durchsuchten Stellen auf, weil sie noch ein zusammenhangloses „Ereignis“ brauchten und es wird mit jedem über alles mögliche gesprochen. Letzteres liefert nochmals zusätzliche deutliche Hinweise darauf, was als nächstes zu tun ist, selbst wenn das sowieso schon völlig offensichtlich ist. Das Spiel ist zwar lang genug insgesamt, kann aber locker ohne mehrminütiges Hängenbleiben an der selben Stelle durchgespielt werden.
Ein weitere schwere Last ruht auf dem Spiel. Reisen zwischen Städten müssen manuell auf einer Landkarte vorgenommen werden. Manchmal wird einem selbst die ungefähre Richtung, in der das vorgegebene Ziel liegt, verschwiegen, was natürlich in orientierungslosem Herumirren mündet. Auf diesen Reisen passiert absolut nichts, und so bleibt ihr Zweck ein Rätsel. Zumindest nichts Produktives – nur sinnfreies Kämpfen. Entgegen aller Traditionen des Adventuregenres zwingt Shannara den Spieler, völlig uninteressante und öde Rundenkämpfe mit Monstern auszutragen, die man gewinnen muss, denn sonst ist das Spiel vorbei. Meistens sind sie leicht ohne jegliche Überlegung zu gewinnen, aber in Einzelfällen kann man auch in auswegslose Lagen geraten, wenn man beispielsweise die Gegner in falscher Reihenfolge oder auf falsche Weise tötet. Die durch die Story vorgeschriebenen Kämpfe sind schon mehr als genug, aber wer seiner masochistischen Seite nachgeben möchte, der kann weitere Konflikte mit Monstern auf eben diesen Reisen freiwillig suchen. Warum auch immer.
Leider gibt es nur sehr wenig, das man an diesem Spiel nicht schnell zu hassen lernt. Das Gameplay ist abgedroschen und langweilig, und über die peinliche Story will man gar nicht nachdenken! Echte Charaktere gibt es nicht, die „Charakterisierungen“ laufen rein über die „Rassenzugehörigkeit“. In der gesamten Geschickte gibt es selbst nach langem Suchen nichts, das nicht einem schlechten Cliché entspricht. Und es gibt logische Löcher der Größe Australiens (für die Buchfans: Dies bezieht sich rein auf die spielinterne Logik, also bitte keine Argument der Marke „das wird doch in Buch xy erklärt“); diese sind aus Fairnessgründen nicht aufgezählt, um niemandem die „Spannung“ zu verderben, aber Diskussionen auf Nachfrage durchaus erwünscht. Es bleibt zu hoffen, dass die Bücher sich gerade in dieser Beziehung besser schlagen.
Shannara zeigt, dass die Firma, die ein Spiel produziert nur bis zu einem gewissen Grad als Indikator für Spielspaß dienen kann. Legends solide Basis bringt Shannara beim Versuch einer objektiven Betrachtung (also anders als im letzten Absatz) zumindest auf durchschnittliche Qualität. In der Hierarchie darüber steht dann das Designteam. Death Gate wurde von Glen Dahldren, einem an den meisten (sehr guten) früheren Adventures der Firma beteiligten Veteranen, gemacht. Für Shannara sind dagegen Lori Ann und Corey Cole verantwortlich, die hauptsächlich die die Quest-for-Glory-Serie bekannt sind. Nicht gerade aufmunternd. Shannara kann dieses Image auch nicht ernsthaft aufwerten. Ein Spiel für Sammler und vielleicht Genreeinsteiger, die sich keine größeren Herausforderungen zutrauen, und auch billige Fantasyfließbandware ohne den Hauch von Originalität noch etwas abgewinnen können.