Sonic ist nicht nur technisch eines der besten Master-System-Module, sondern bietet auch spielerisch Höchstleistungen. […] Wer auf ausgeklügelte Jump’n’Runs steht, der muß sich dieses Spiel einfach zulegen. […] Selbst 16-Bit-Sonic-Fans sollten überlegen, sich die 8-Bit-Variante zusätzlich anzuschaffen. Ihr bekommt neue Levels geboten, die grafisch und spielerisch fast auf Mega-Drive-Niveau stehen.
Zu seiner Zeit zeugte wohl kein Spiel stärker vom fundamentalen Unterschied zwischen der Welt der Spielkonsolen und der Heimcomputer als Sonic. Ein durch und durch auf Managementebene geplantes und bis auf letzte durchkalkuliertes Produkt, dessen Marketingstrategie bereits vollständig ausgearbeitet war, bevor auch nur ein Mensch über Spieldesign nachgedacht hatte. Während gleichzeitig auf den alternden Heimcomputern weiterhin die Hobbyentwickler mit ihren schrägen Ideen die Norm waren. Weniger bekannt ist, und Sega kehrt es nur zu gerne unter den Teppich, dass bevor der phänomenale Erfolg des Spiels klar wurde, sie die Rechte für Heimcomputerumsetzungen an U.S. Gold vergeben hatten. Diese Umsetzungen kamen nie heraus. Wahrscheinlich erkannte Sega früh genug, welch eine Killerapplikation sie da für ihre neue Konsole hatten. Drei Jahrzehnte später machte stattdessen eine talentierte Truppe Freizeitentwickler den Traum wahr: Sonic auf dem C64! In all seiner bräunlichen Pracht.
Aber, Moment mal, wo sind denn bitte die Loopings? Machen diese nicht das Spiel aus? Das kann man so sehen, und um nicht um den heißen Brei herumzureden: Dies ist eine Umsetzung des weniger bekannten Master-System-Sonic. Der, angepasst an die schwächere Hardware im Vergleich zum Mega-Drive-Original, viel statischer, man könnte auch sagen „klassischer“ daherkommt. Man muss es Sega schon lassen, sie wussten, was sie taten.
So oder so ist der C64-Sonic ein kleines technisches Wunderwerk. Anfang der 90er Jahre gab es ja einen Klon namens Mayhem in Monsterland, der nur in eine Richtung scrollte. Dieser Sonic ist ebenso schnell und die Animationen sind flüssig. Das Scrolling in alle Richtungen wirkt sogar schneller als auf dem Master System.
Dies ist Commodores RAM Expansion Unit (REU) zu verdanken. Die damals natürlich niemand hatte, aber heute ist das ja alles kein Problem mehr. Die Steuerung reagiert perfekt. Wäre da nur nicht diese seltsame Konsolenkonvention, den Feuerknopf zum Springen zu benutzen. Warum das bitte, wenn mein Joystick doch eine tadellos funktionierende Y-Achse hat? Also wirklich, Jungs, eine Umsetzung sollte sich schon an der auf dem Zielsystem üblichen Hardware orientieren. Und nicht blind irgendwelche Beschränkungen des Originalsystems kopieren.
Es stellt sich natürlich die Frage, wie sich das Spiel ansonsten gehalten hat. 1991 galt es als relativ einfach. Heute… uff… klar, die Schnelligkeit des Mega Drives erreicht es nicht, aber man sollte nicht der Illusion unterliegen, hier locker durchzulaufen. Abgründe mögen zu Bonusleben oder tödlichen Spitzen führen. Wie findet man das heraus? Ausprobieren, sterben und dann bitte merken. Federn schleudern den Spieler zurück, direkt in das (ebenfalls tödliche) Wasser. Sonics Trägheit, die ihn immer noch ein wenig weiterrutschen lässt, wenn man eigentlich anhalten möchte, kostet ebenfalls so einige Leben.
Möchte ich persönlich das heute noch? Ehrlich gesagt: nein. Die Levels sind vernünftig designt, aber ohne die technische Kraft des Mega Drive ist es alles ziemlich… mittelmäßig. Aus dem Berg generischer Jump’n’Runs der Zeit sticht das Spiel nicht heraus. Diesmal noch am Unterhaltsamsten waren die Zwischenabschnitte, in denen Sonic wie eine Flipperkugel herumgeschleudert wird. Manchmal sogar zwischen richtigen Bumpern. Das ist dann derart anarchisch unkontrollierbar, dass es schon wieder witzig ist.
Man muss es trotzdem nochmal betonen: Allein die Existenz dieser Umsetzung spricht Bände über die tiefe Liebe, die dem kleinen Brotkasten immer noch entgegengebracht wird. Das Spiel zeigt, wie viel man aus diesem Computer quetschen kann, der ja immerhin noch zehn Jahre älter ist als Sonic. Dass U.S. Gold mit all ihrem Geld und ihren Heerscharen auf dieses Niveau gekommen wären, darf bezweifelt werden.