Meinung damals
Programm-Autor Dave Lebling hat kaum ein Klischee der Horror-Literatur ausgelassen: Da gibt es die unheimliche geflügelte Kreatur mit den roten Augen, den verrückten Professor, magische Gegenstände, einen Zombie, bissige Ratten und natürlich ein Ober-Monster, das Sie zum Schluß dieses spannenden Grusel-Abenteuers erwartet. Die Atmosphäre wird abgerundet durch die guten Beschreibungen der vom fahlen Neonlicht beleuchteten Gänge und Räume. Hier stimmt nicht nur die Handlung, die logischen Rätsel sind auch von allererster Güte. Dabei ist das Spiel nicht mal allzu schwierig und Einsteigern sehr zu empfehlen.
Heinrich Lenhardt, Happy Computer Sonderheft 21
Bericht von Mr Creosote (22.12.2005) – PC (DOS)
Es begann alles wie jeder Tag an der „G.U.E. Tech“ – Universität: Nur noch ein Tag bis zur Abgabe der Hausarbeit, und draußen wütet ein Schneesturm. Aus Mangel an Alternativen stellt man sich den Naturgewalten entgegen, und kämpft sich zum Rechenzentrum durch, wo die Vollendung des bereits angefangenen Dokuments ansteht. Wie üblich tippt in einer dunklen Ecke ein Freak vor sich hin. Man öffnet die Textdatei, aber sie enthält ganz und gar nicht das, was man erwartet hatte – vor allem nicht den Entwurf der Arbeit. Fast noch schlimmer ist allerdings, dass man auch durch stärkste Anstrengungen nicht herausfinden kann, was man stattdessen vor sich hat. Seltsame Visionen umhüllen einen, und das ist nur der Anfang des höllischen Abenteuers, das einen tief in Gänge und Höhlen tief unter dem Campus führt…
The Lurking Horror ist Infocoms einziges Spiel, das klar im Horrorgenre angesiedelt ist. Moonmist wird manchmal zwar auch noch genannt, aber dessen Spielprinzip und die der Storyfortgang fallen eher ins Krimigenre als unter Horror – trotz aller Anklänge. Der Stil erinnert an Lovecraft: psychologischer Grusel entlädt sich in bizarren Monstererscheinungen, dunkle und stimmungsvolle Schauplätze und eine unheimliche, bedrückende Atmosphäre. Ob das wirkt, oder die auch durchaus vorhandenen ironischen Untertöne die Oberhand gewinnen, liegt ganz daran, ob der Leser / Spieler willens ist, sich darauf einzulassen.
Unzweifelhaft tadellos ist die Qualität der Rätsel. Sie sind vielfach einfallsreich (zum Beispiel benutzt man gleich am Anfang des Spiels eine grafische Computerbenutzeroberfläche durch Eintippen von Kommandos), sehr logisch (ein Aufzug hält als „Türöffner“ her…) und im Allgemeinen von angenehmer (mittlerer) Schwierigkeit.
Das einzige kleine Problem ist die Motivation des Protagonisten für all seine kleinen Unteraufgaben. Das große Ziel ist die Fertigstellung der Hausarbeit, aber das ist kaum mehr als ein „McGuffin“. Es kommt vor, dass man sich fragt, was man als Nächstes überhaupt tun soll, und sobald man das dann herausgefunden hat, ist es dann manchmal nur unter Schwierigkeiten mit der Hauptaufgabe in Verbindung zu bringen. Unglücklich, aber erfahrene Abenteurer wird das kaum aufhalten, genauso wie diejenigen, die willens sind, mit einem der wenigen kommerziellen Horroradventure ein bisschen herumzuexperimentieren. Wert ist es den geringen Aufwand allemal!
P.S. Wer sich schonmal gefragt hat, wo wohl die Idee Monkey Islands, ein Körperteil als „Kompass“ zu benutzen, herkommt, der könnte hier fündig werden…