Bericht von Mr Creosote (01.07.2015) – PC (Linux)
Dermaßen viele Fans versuchen sich daran, ihre eigenen Spiele zu entwickeln. Nur sehr wenige erreichen allerdings jemals ein Stadium, das man zumindest einigermaßen vorzeigbar nennen könnte. Das ist kein neues Phänomen, doch das Internet macht es schmerzlich sichtbar in Form zahlloser hoffnungslos veralteter Webseiten, die unglaublich ambitionierte Pläne darlegen und „baldige“ Updates versprechen – nur dass eben jene Ankündigung bereits viele Jahre zurück liegt.
Als etwas vielversprechender erweist sich häufig der Versuch, ein beliebtes Brettspiel umzusetzen. Regeln und Umfang sind klar definiert und damit begrenzt. Grafik und Sound kann auf einem rein funktionalen Level bleiben. Und durch den bekannten Namen findet man auch viel leichter Mitstreiter. All das macht den Gesamtaufwand realistisch umsetzbar. Die Chance, auch eine spielende Zielgruppe zu finden, ist durch die Popularität der Vorlage ebenfalls gegeben. Nur dass die Macher dann an diesem Punkt in eine andere Barriere rennen: Was zum Teufel tut man, wenn die vorgegebene Basis geschaffen ist?
Dann wird es wieder kompliziert, denn wer wird schon einfach aufhören und es dabei belassen? Klar, nun geht es über die Vorlage hinaus! Doch wohin und wie? Erfolgreiche Brettspiele leben ja gerade von ihren lange ausbalancierten, stabilen Regeln und Spielelementen. Ändert man nur eine Kleinigkeit, könnte das gesamte Gebilde schnell in sich kollabieren.
TripleA (ja, hier geht es tatsächlich um ein Spiel!), basierend auf Axis & Allies befindet sich an genau diesem Punkt. Die feinen Regelnuancen unterschiedlicher Versionen des Spiels sind bereits eingebaut und anwählbar. Es gibt einen stabilen Online-Modus inklusive zentralisiertem virtuellem Treffpunkt, wo man mögliche Mitspieler finden kann. Sollte das mal misslingen, steht eine kompetente künstliche Intelligenz bereit. Gewisse Schwächen, wie der ansatzweise nervige Aufwand des „Inselhoppings“ im Pazifik, können leicht vergeben werden, da sie nun mal konzeptuell in der Vorlage begründet liegen und die Bedienung wirklich ihr bestes tut, die Schmerzen gering zu halten.
Wo geht das Spiel jedoch nun über das Original hinaus? Zuerst mal gibt es zusätzliche Szenarien, von denen manche sogar mit ihrer eigenen Grafik und kleinen Regeländerungen aufwarten. Dies muss man als relativ risikolose Erweiterung sehen, denn wenn es wirklich mal an einer Stelle gründlich schief geht, schadet es ja trotzdem nichts – das Originalszenario bleibt ja unangetastet. Darüber hinaus scheint kaum etwas angerührt worden zu sein. Die ein oder andere kleine Spieloption kommt mir zwar unbekannt vor, aber ein Experte für die Brettspielvarianten bin ich nun wirklich nicht, kann also nicht sagen, ob sie eventuell doch bereits irgendwo mal vorher aufgetaucht sind – und keine davon stört fundamental das Spielgeschehen. Insofern also bislang gute Arbeit.
Um es also ganz direkt zu sagen: Dies ist locker die beste Computerumsetzung von Axis & Allies. Es bringt das, was es möchte, praktisch perfekt auf den Bildschirm – es jemals zu übertreffen, dürfte sich schwierig gestalten. Im Umkehrschluss bedeutet dies natürlich auch, dass all die Beschränkungen des Originals ebenfalls noch drin sind. Wer sich also beispielsweise schon immer Versorgungsmanagement gewünscht hat, um die völlig unrealistische Stärke der Achsenmächte 1942 zu relativieren, wird dies in TripleA auch nicht berücksichtigt finden. Vielleicht noch nicht? Man sollte dieses Projekt im Auge behalten!