Dieses exzellente Ballerspiel gehört sicherlich zu den Anwärtern auf den Titel „Spiel des Jahres“. Es überzeugt mit gigantischem Umfang, schöner Grafik, gutem Sound und technischer Brillanz. Nur schade, daß die Rahmenstory nicht mehr als die bei Ballerspielen üblichen Platitüden enthält.
Matthias Fichtner, 64er 7/90
Turrican ist eine actiongeladene Ballerei in programmiertechnischer Perfektion […] Hinzu kommt der ausgefeilte Schwierigkeitsgrad […] Somit ist Turrican nicht nur ein kleines Meisterwerk deutscher Programmierkunst – es macht vor allem wahnsinnig Spaß!
Turrican ist nahezu perfekt, ach was sag' ich, es ist perfekt, denn es stimmt alles: keine technischen Schnitzer, durchdachtes Gameplay, hervorragende Grafiken, toller Sound, sehr exakte Steuerung. Was will man mehr?
Die Grafik ist toll, die Musik hat Filmqualität, und ständig gibt es etwas Neues zu entdecken. […] Turrican fordert vom Spieler eine sich nie erschöpfende Neugier. Erst denn wird man das Spiel mit seinen Hunderten versteckten Winkeln und Ecken so richtig zu schätzen wissen. Fazit: Schwer aber gut.
Was soll man bloß anstellen, wenn man nicht der einfallsreiche Typ ist, aber trotzdem Spiele machen möchte? Man macht etwas nach, was man kennt. Weshalb auf The Great Giana Sisters und Katakis logischerweise Turrican folgte. Das erste dieser drei Spiele, das nicht vor Gericht landete. Und das, obwohl die Ähnlichkeit zu Metroid schon unverkennbar war. Anscheinend war es „unähnlich genug“. Denn bei genauerer Betrachtung spielte es sich schon einigermaßen anders, war primär stilistisch von jenem Metroid inspiriert.
Sicher half, das es zur richtigen Zeit herauskam. Die Leadplattform, der C64, war bereits gut durchleuchtet, gehörte aber noch nicht endgültig zum alten Eisen. Es war mittlerweile bekannt, wie man das letzte aus dieser Maschine herausquetschen konnte. Das gelang hier technisch. Gleich eingangs begrüßte einen ein digitalisiertes Sprachsample („Another day, another try, but remember: shoot or die! Hahahaha!“), gefolgt von einer schönen Melodie aus dem SID. Das war nicht weltbewegend neu, aber immer noch ein Statement.
Was darauf folgte, war ein ungekanntes Achtwegescrolling in 50 Frames pro Sekunde. Derart flüssig und weich, dass Münder offen stehen blieben. Trotz einem Dutzend großer Levels (aufgeteilt in fünf „Welten“) passte alles auf eine einzige Diskette. Na ja, es sei denn, man hatte eine der gecrackten Versionen, die das Ganze aufgrund der ungewöhnlichen Packmethode auf zwei aufteilen mussten.
Was das Design angeht, punktet das Spiel mit seinen Levels. Anders als weitgehend im Run-&-Gun-Genre üblich, können die Spieler Turricans die Annahme vergessen, links anzufangen und den Levelausgang auf jeden Fall rechts zu finden. Vielmehr erwarten sie kleine Irrgärten, voller versteckter Geheimnisse. Diese zu finden, macht eine Menge des Reizes aus.
Die Welten unterscheiden sich dabei nicht nur grafisch, sondern es werden auch schrittweise neue spielerische Elemente eingeführt. Anders als in Metroid muss man bereits durchquerte Wege nicht wiederholt zurücklegen. Letztlich stellt sich alles dann doch als linear heraus, es werden nur halt alle Richtungen benutzt. Man befindet sich in einer permanenten Vorwärtsbewegung. So kommt einiger Drive auf, ganz im Sinne der Zeitbegrenzung pro Level.
Endbosse tauchen schön regelmäßig auf und sind wie erwartet riesig. Einige Designs sind schon sehenswert. Insbesondere die fliegende Roboterfaust wurde zum ikonischen Repräsentanten des Spiels, von sofortigem Wiedererkennungswert. Selbst einige der „normalen“ Gegner würden in anderen Spielen schon als Bosse durchgehen grafisch gesehen.
Spielerisch schlagen sie sich leider nicht ganz so stark. Die Bosse verhalten sich alle gleich, bewegen sich einfach halbwegs zufällig herum und versuchen so den Spieler zu zerquetschen. Diese Taktik wird letztlich ohnehin auch von so ziemlich allen Gegnern verfolgt. Klar, komplexe künstliche Intelligenz erwartet in einem solchen Spiel niemand, aber ein wenig mehr Bemühen wäre schon schön gewesen.
Einige Levels sind stärker als andere. Am meisten fallen natürlich die beiden heraus, in denen der Spieler sich plötzlich ein Jetpack umschnallt und vertikal nach oben scrollend fliegt. Doch das Sprite weigert sich beständig, seine Waffe nach oben zu richten. Man fliegt also aufwärts, kann aber Gegner oder andere Hindernisse in dieser Richtung gar nicht abschießen. Als Fan dieser Abschnitte würde ich mich nicht bezeichnen. Und selbst in den regulären Levels finden sich solche Designsünden wie direkt übereinander angeordnete Plattformen, die Notwendigkeit, pixelgenau zu springen usw.
Und dann ist das Spiel „selbstverständlich“ bockschwer. Anfangs immerhin auf faire Weise, aber ab der dritten Welt füllt sich der Bildschirm mit derart vielen Gefahren aller Art, das weder mein früheres, noch mein aktuelles Ich da wirklich durchkommen kann. Was wohl leider viele anderen Menschen ebenso geht. Wenn man überhaupt so weit kommt.
Schließlich bleibt die Steuerung. Aus dem regulären Ein-Button-Joystick holt sie eine Menge heraus. Abgesehen vom selbstverständlichen Laufen, Springen und normalen Schießen ermöglicht das Spiel einen beinahe frei drehbaren Laserschuss, sich in ein unzerstörbares Stachelrad zu verwandeln, das Auslösen einer Smartbomb sowie das Legen regulärer Bomben. Das meiste davon mit eben dem Joystick. So ganz ohne einen gelegentlichen Griff zur Tastatur geht’s aber doch nicht. Womit Eigentümer des beliebten Competition Pro alt aussehen, da man für diesen bereits eine Hand am Fuß für die Feuerknöpfe sowie die andere am Knüppel benötigt.
Im Großen und Ganzen verdirbt jedoch nichts davon den Spaß. Turrican hat seinen Platz auf den Bestenlisten des C64 verdient, allein schon aufgrund seiner technischen Qualität. Doch es war eben nicht nur ein Technikblender, sondern ein insgesamt gut designtes Spiel. Das zeigte, dass dahinter vielleicht nicht die originellsten Geister der Welt standen, dessen Macher aber locker fähig waren, etwas Bekanntes zu adaptieren. Es im Kern zu verstehen und darauf aufzubauen, anstatt es nur oberflächlig und ohne tieferes Verständnis der wirklichen Qualitäten nachzuäffen.
Und überhaupt ist es aus Spielersicht doch ohnehin kein Problem, etwas Ähnliches schonmal gesehen zu haben, oder? Wenn etwas Spaß macht, hat man gerne mehr davon. Turrican schuf sich seine eigene Nische im europäischen Heimcomputer-Ökosystem, baute sich seine eigene Fangemeinde auf. Zumindest für eine kurze Zeit Anfang der 1990er Jahre.
Der Turrican-Hype hielt jedoch nicht lange an. Umsetzungen und Ableger auf den Spielkonsolen, die sich kurz darauf im Aufwind befanden, kamen zwar heraus, aber sie mussten hart darum kämpfen, überhaupt Verleger zu finden. Entsprechend hinterließen sie dort keinen bleibenden Eindruck. Die Reihe blieb auf den Heimcomputern verhaftet, wo sie begann, und starb mit ihnen.