Vengeance of Excalibur

Firmen:
Synergistic / Virgin Games
Jahr:
1992
System:
Amiga (OCS)
Genres:
Adventure / Rollenspiel / Strategie
Tags:
Krieg / Mythen und Sagen
Sprache:
Englisch
Mittlere Wertung:
4/5

Meinung damals

Adventure-Neulinge werden ihre Freude an der mittelalterlichen Atmosphäre, den vielen Gags und dem vielseitigen Spielgeschehen haben.

Michael Suck, ASM 1/92 

Vergleicht man Vengeance of Excalibur etwa mit den Strategie-Epen von Koei, dann kann selbst der kernigste Ritter depressiv werden. Was uns hier vorgesetzt wird, ist weder technisch noch spielerisch zeitgemäß. […] Die Adventure-Elemente zerstören das letzte bißchen Spielfluß. So eine schnöde Vermarktung hat das Wunderschwert nicht verdient.

Volker Weitz, Power Play 6/92 

Archivierte Berichte

Bericht von Mr Creosote & Wandrell (30.06.2012) – Amiga (OCS)

[Wandrell] Excalibur ist verschwunden und es ist klar, wer dahintersteckt. Die… Moment mal. Die Muslime? Das Spiel fußt auf der Artussage (was ja öfter vorkommt), aber es gibt dem altbekannten Stoff zumindest eine originelle Wendung.

Plot

[Mr Creosote] Also als „Wendung“ würde ich das nicht bezeichnen. Dazu müsste es in der Grundlage zumindest noch etwas mit der Vorlage zu tun haben. Hier sehen wir aber einen Plot, der einfach überhaupt nichts mehr mit der Artussage zu tun hat; die Ritter hätten einfach beliebige andere sein sollen. Doch wahrscheinlich musste krampfhaft irgendein Bezug zum Vorgängerspiel (Spirit of Excalibur) zumindest namentlich hergestellt werden…

[Wandrell] Also sie hätten ja auch ein völlig anderes Spiel machen können. Spirit of Excalibur benutzt schließlich auch schon die Engine älterer Spiele. Es stimmt aber schon, dass diese Ritter ein wenig deplatziert wirken. Ihre Geschichten spielen eigentlich im 6. Jahrhundert, das Spiel findet dagegen im 10. statt.

Ein letzter Blick auf die Tafelrunde [Mr Creosote] Und wie üblich in fast allen Artus-Adaptionen tragen die Ritter natürlich Plattenpanzer, wie sie im 14. oder sogar 15. Jahrhundert überhaupt erst angefertigt werden konnten. Auf jeden Fall wurde der Gral von einem gewissen „Shadowmaster“ gestohlen und die Tafelrunde macht sich quer durch Europa auf die Suche. Die Gruppe des Spielers, bestehend aus vier Rittern, übernimmmt die iberische Halbinsel.

[Wandrell] Sie geraten dort mitten in die Reconquista, die „Rückeroberungskriege“. Dreihundert Jahre zuvor war die Halbinsel noch komplett unter muslimischer Herrschaft gewesen, doch nun haben sie die nördliche Hälfte bereits wieder verloren und diese Niederlagen setzen sich fort. Das gefällt den ehemalig unumstrittenen Herrschern natürlich nicht und in Artus' Schätzen sehen sie eine Chance, die Armeen der christlichen Adligen doch noch zurückzuschlagen.

[Mr Creosote] Die englischen Ritter sollten allerdings nicht allzu fest damit rechnen, dass die hiesigen christlichen Herrscher ihnen ausnahmslos freundlich gesonnen sind. Sie haben ihre jeweils eigenen Ziele. Und für die nicht adlige Bevölkerung gilt es natürlich sogar noch viel mehr, denn von ausländischen Rittern, die mal eben nach Belieben durch das Land ziehen, um irgendwelche „heiligen“ Aufgaben zu erfüllen, hat sie eigentlich genug.

[Wandrell] Die meisten Ritter unterstützen einen immerhin gerne im Kampf gegen Feinde, solange man sie bezahlen kann. Zuerst mag es sogar so aussehen, als müsste man gar keine zusätzlichen Krieger anheuern, denn die nördlichen Königreiche sollten für Glaubensbrüder doch wohl sicher sein, oder? Doch die Feinde haben das Land in Aufruhr versetzt und so ziehen einige Armeen wild umher. Später sind die Gegner dann allerdings nur noch Moslems.

[Mr Creosote] Die Aufgabe des Spielers ist es also, nicht nur den Gral zu finden (der steht erst ganz unten auf der Liste), sondern insgesamt sieben heilige Reliquien wiederbeschafft werden. Für jede gibt es eine eigene Mission (also einen Abschnitt im Spiel).

[Wandrell] An diesem Punkt möchte ich gerne mal kurz abschweifen. Das Spiel gibt sich immanent und dem Studium der Anleitung nach zumindest einigermaßen historisch. Gut, es gibt Artus' Ritter, die eher für ihre seltsame Mischung verschiedener Zeitalter bekannt sind, und das Spiel ist vom ersten Teil aus mal eben fünfhundert Jahre weitergesprungen, also darf man Vieles wohl nicht ganz so eng sehen.

Die meisten historischen Tatsachen finden sich in Anspielungen. Der Name eines der am Anfang wählbaren Ritter ist Amadis, was wohl ein Bezug auf Amadís de Gaula  sein soll. Und später bekommt man von einem Ritter namens „Ruy Diaz“ Hilfe, was der echte Name von El Cid  war. Doch dann wird das Land immer „Spanien“ genannt, obwohl die Vereinigung erst fünf Jahrhunderte später stattfand.

[Mr Creosote] Nicht zu vergessen beginnt das Abenteuer im (heutigen) Südfrankreich und das heutige Portugal ist selbstverständlich auf der Karte ebenfalls vertreten. Mir scheint es so, als sei die historische Periode der „Reconquista“ einfach nur als grober Hintergrund verwendet worden, ohne den Anspruch zu haben, eine Geschichtsstunde zu geben. Das funktioniert meines Erachtens gut genug, so durcheinander die Details bei genauerer Betrachtung auch sein mögen.

[Wandrell] Doch zurück zum Spiel: Das stellt sich dort so dar, dass man in jedem Kapitel des Spiels nicht ziellos einfach einen Schatz sucht, sondern eine bestimmte Region des Landes besucht. Das sind teilweise echte Orte wie Santiago de Compostela, einem bekannten Pilgerort, wie auch sowas wie „Brass City“, was wohl eher 1001 Nacht entnommen ist.

Auf Rundreise durch [Mr Creosote] Eine interessante Designentscheidung ist es, dass die Spielwelt zwar so ziemlich von vornherein komplett bereisbar ist, aber die Freiheit des Spielers trotzden lange nicht so groß wie erhofft ist. Die Aufgaben müssen in einer vorgegebenen Reihenfolge erledigt werden und ihre jeweiligen Ziele liegen örtlich nah beieinander und inhaltlich werden sie explizit kommuniziert.

[Wandrell] Im ersten Spiel wurde das mit dem Eroberungssystem gelöst, das neue Gebiete auf der Landkarte erschloss, so dass man nicht gleich am Anfang mit zu vielen Möglichkeiten erschlagen wurde. Darüber hinaus steht auch in der Anleitung, die jede Aufgabe nochmal beschreibt, immer, wo man hingehen muss. Sonst erfährt man es nicht, verläuft sich und stirbt schnell mal.

[Mr Creosote] Mir persönlich hätte es genau andersherum besser gefallen: Weniger Anleitung, mehr Freiheit zur selbstständigen Erforschung der Welt und der Aufgaben. Was natürlich nur ohne diese engen Zeitbschränkungen ginge.

[Wandrell] Das ist genau das Hauptproblem. Es müsste einfach mehr Leute geben (die Städte wirken leer), mehr Ziele über das Land verteilt und die Zeitbegrenzungen, die sie so zu lieben scheinen, müssten verschwinden. Wieder der Vergleich zum ersten Spiel: Näherte sich dort eine Armee langsam Camelot, musste man drei Grüppchen aussenden, um alle Ziele abzudecken. Hier gibt es niemals auch nur den kleinsten Anlass, jemals eine zweite Gruppe zusammenzustellen, was die Größe des Landes ad absurdum führt.

[Mr Creosote] Wirkt alles ein bisschen so, als habe man mit minimalem Aufwand schnell einen Nachfolger auf den Markt werfen wollen. Doch kommen wir mal zum eigentlichen Spielprinzip.

Gameplay

[Wandrell] Erstmal muss man verstehen, dass es sich um eine Mischung aus Strategie, Adventure und Rollenspiel handelt. Man könnte sogar noch „Action“ ergänzen, falls man die Duelle manuell steuern möchte. Den größten Anteil hat jedoch der Adventurepart.

Friedliche Interaktionen mit anderen Charakteren [Mr Creosote] Dies wirkt erstmal wie die hauptsächliche Genrezuordnung, da der Besuch von Städten und das Reden mit Leuten zeitlich gesehen die Hauptaktivität ist. Vengeance sind diese klassischen Genregrenzen jedoch reichlich gleichgültig, was es spielerisch ganz frisch wirken lässt (auch wenn es natürlich andere ähnlich gelagerte Spiele gibt).

[Wandrell] Rollenspiel würde ich als zweites nennen. Die Charaktere haben eine Reihe Attribute, wie beispielsweise Kampfkraft, Verteidigung, Glaube und Gesinnung. Sie steigen durch Benutzung, aber nicht alle sind offensichtlich. Woher sollte man beispielsweise wissen, dass man den Glaubenswert erhöht, indem man einen Ritter in einer Kirche lässt? Aber zumindest weiß ich, dass man diesen Wert verwendet, um die Macht religiöser Reliquien und Symbole zu nutzen – was der Nutzen der Gesinnung ist, liegt für mich dagegen immer noch im Dunkeln.

[Mr Creosote] Es gibt ja in der Anleitung einen Abschnitt dazu, aber sonderlich hilfreich ist er leider nicht, da dort nur erklärt wird, dass es solche Charakterattribute gibt, und nicht, wofür sie gut sind. Also muss man eben ein bisschen experimentieren und solche Zusammenhänge selbst herausfinden. Auf strategisch/taktischer Ebene gibt es dann noch simple Schlachten zwischen Armeen und individuelle Schwertduelle, in die man jeweils beschränkten Einfluss nehmen kann.

[Wandrell] Die Schlachten habe ich immer übersprungen. Vielleicht könnte man da ja noch per Hand etwas optimieren, aber ich habe trotzdem niemals eine Schlacht verloren und wie viele Söldner dabei draufgehen, ist mir ohnehin gleichgültig, da man eigentlich immer schnell eine neue Armee anheuern kann.

[Mr Creosote] In den Schlachten sehe ich zwei relevante Punkte: Erstens, dass keiner der vier zentral wichtigen Ritter stirbt und zweitens kann man seine Truppen so anordnen und bewegen, dass die gegnerische Armee nicht bei entsprechendem Schlachtverlauf einfach flüchten und sich wieder verstärken kann.

Ein schwächlicher Zwerg schlägt den ach-so-unbesiegbaren Sir Lancelot im Duell [Wandrell] Bei den Duellen muss man dagegen sehr wohl aufpassen, da selbst der schwächste Gegner mal Glück haben und dadurch den eigenen Ritter zu Brei prügeln kann. Im späteren Spielverlauf gibt es auch Kämpfe von drei Rittern mit drei Gegnern gleichzeitig. Da muss man wirklich die Aktivitäten, inklusive Rückzug und Heilung, genau koordinieren.

[Mr Creosote] Dass man keine eigene Armee, sondern wirklich nur vier Ritter hat, gefiel mir gut. Für größere Schlachten ist man so immer von Söldnern abhängig, die man mit den Schätzen, die man hoffentlich findet, zu bezahlen hat.

[Wandrell] Leider führt das aber zur Wegwerfmentalität für Armeen.

[Mr Creosote] Prinzipiell nicht falsch, aber immerhin kommt dadurch die Rivalität zwischen den christlichen Herrschern ins Spiel: Die angeheuerten Söldnerarmeen haben teilweise so ihre eigenen Ideen, wer ihre Feinde sind, und sie handeln dann auch durchaus danach. Klar, meist sagen einem alle ganz direkt, mit dem sie nichts zu tun haben wollen, aber immerhin muss man das in die Planung mit einbeziehen.

[Wandrell] Dabei fällt mir auf, dass ich noch ein weiteres Feature des Vorgängers vermisse: Die Kennzeichnung der verschiedenen Königreiche auf der Landkarte. Manchmal wird einem gesagt, dass man sich in einem anderen Königreich befindet, aber direkt auf der Karte sichtbar ist noch nicht mal die Grenze zwischen dem muslimischen und den christlichen Reichen.

[Mr Creosote] Na ja, also die Zugehörigkeit jeder Stadt wird doch immerhin klar und deutlich auf der Karte markiert. Für dünner besiedelte Landstriche kann man das eben nicht so klar sagen, da sich das Land ja nun in einem großen, chaotischen Kriegszustand befindet, in dem die „Grenzen“, wenn man überhaupt von solchen sprechen kann, fließend sind.

[Wandrell] Im Norden gibt es um die fünf Königreiche. Später hat man sogar eine Audienz mit einem der Könige und bekommt seine Armee zur Verfügung. Aber es wirkt auf mich trotzdem wie ein großes Niemandsland. Ganz nett ist zumindest, dass es etwa in der Mitte der Karte ein tatsächliches Niemandsland gibt, in dem die Städte wirklich dauernd umkämpft sind.

Technologie

[Mr Creosote] Grafisch ist das Spiel absolut angemessen. Es sieht gut aus, ist aber auch nicht besonders beeindruckend.

[Wandrell] Manchmal wiederholen sich Elemente sogar, die Hintergründe sind immer wieder die gleichen und die Charaktere, die man trifft, könnten immer wieder die gleichen Personen sein.

[Mr Creosote] Es sind eben immer wieder die gleichen Rollen, die man trifft: Ritter, Mönch, Händler usw. Mehr gestört haben mich die abgehackten Animationen der Personen. Insgesamt geht das Aussehen des Spiels jedoch wirklich in Ordnung – ästhetisch ansprechend.

[Wandrell] Die Musik ist immer die gleiche, oder? Hat mich jetzt nicht gestört, sie klang ganz gut und immerhin verfällt das Spiel nicht in vollkommene Stille, wie so viele anderer seiner Zeit.

[Mr Creosote] Ja, die Melodie ist immer die gleiche, aber sie ist gut genug. Die Handhabung funktionierte ebenfalls gut: Die Icons sind verständlich und die Menüs nicht überladen.

[Wandrell] Die Handhabung fand ich richtig gut. Sehr intuitiv, man kann entweder einfach auf die Person oder das Objekt klicken, mit dem man interagieren möchte, oder erst aus dem Menü eine Aktion wählen, falls einem das logischer erscheint.

Die seltsame Formulierung macht es nicht weniger nervig [Mr Creosote] Die Anleitung braucht man praktisch nie. Eine andere technische Beschwerde habe ich jedoch; eine, die so schwerwiegend ist, dass ich mich leider gezwungen sehe, sie in der Wertung zu berücksichtigen: Man kann das Spiel nicht auf Festplatte installieren (selbst heutzutage gibt es keinen Patch dafür) und das Wechseln der Disketten läuft sofort aus dem Ruder. Selbst mit vier Diskettenlaufwerken (die das dauernde Wechseln immerhin verhindert, aber wer hat schon vier Laufwerke?) sind die Ladezeiten wirklich schrecklich!

[Wandrell] Das soll wohl auch in anderen Versionen passiert sein und die Amigaversion war wohl auch eine Umsetzung. Man könnte also vielleicht von schlampiger Programmierung ausgehen.

[Mr Creosote] So sieht es aus. Vier Disketten waren ja nichts Besonderes für ein Spiel dieser Zeit. Normalerweise wurden die Daten dann aber intelligent verteilt, so dass man nicht alle 30 Sekunden zum Wechseln aufgefordert wurde. Selbst Monkey Island 2 mit seinen 11 Disketten war mit nur zwei Laufwerken noch halbwegs spielbar, da man eigentlich immer nur zwei Disketten pro Insel brauchte. In diesem Spiel scheinen die Daten nach dem Zufallsprinzip über die Datenträger verteilt zu sein. Das schlägt sich leider auf den Spaß nieder…

Fazit

[Wandrell] Insgesamt gefällt mit die Engine. Allerdings muss ich sagen, dass sie sich wohl besser in einem offeneren Spiel wie Darklands entfalten könnte. Die verschiedenen Spielelemente fügen sich nahtlos zusammen, so könnte es beispielsweise passieren, dass während man sich über die Landkarte bewegt, man auf andere Menschen trifft und direkt gefragt wird, ob man die Schlacht selber steuern möchte, aber solche Ereignisse reißen einen niemals aus dem Fluss heraus. Daran erkennt man gutes Design, das leider jedoch in anderen Teilen des Spiels vielleicht fehlt.

[Mr Creosote] Dieser Zusammenfassung kann ich weitgehend zustimmen. Das Spiel ist gut ausbalanciert, kann intuitiv gespielt werden und der (a)historische Hintergrund sorgt immerhin für stimmungsvolle Szenen. Könnte man es so spielen wie es gedacht war, wäre es ein gutes Spiel. Die technische Inkompetenz dieser Version zieht die Qualität jedoch entscheidend nach unten. Die schlampige Programmierung zerstört leider den Fluss des Spiels – und so kann ich diese Version nicht empfehlen.

[Wandrell] Das Potential für ein wirklich gutes Spiel ist schon da, aber die Welt ist zu leer und man hat zu wenig Einfluss auf ihre Entwicklung. Es macht Spaß, aber man sollte nicht die Qualität des ersten Spiels erwarten.

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