Meinung damals
WWF Raw ist ein gewaltiger Power-Slam gegen die gesamte Videospiel-Wrestling-Szene. Endlich hat Acclaim an (fast) alles gedacht, was Wrestling so interessant macht, sowohl an alle Fiesheiten als auch an einen Schwierigkeitsgrad, der einem Sequel würdig ist.
Götz Schmiedehausen, Mega Fun 12/94
Alleine würde ich […] diese Module nie im Konsolenschacht versenken, zu groß ist der Frustfaktor. Selbst bei eingeschaltetem Dauerfeuer behält der Computergegner auf dem leichstesten Schwierigkeitsgrad manchmal die Oberhand! Mein freundliches Gesicht vor diesem Meinungskasten bezieht sich also alleine auf den Multi-Player-Mode.
Ralph Karels, Video Games 12/94
Bericht von Tapuak (09.11.2000) – SNES
WWF RAW – die Referenz des digitalen Showkampfes. Der lächerliche Wrestling-Zirkus wird bierernst und ohne ein Augenzwinkern umgesetzt. Und das ist auch gut so, denn so werden diejenigen bedient, die sich schon immer über meterweit verfehlte, aber anscheinend trotzdem extrem schmerzhafte Kinnhaken amüsieren konnten, sowie die Leute, die immer noch nicht verstanden haben, warum sich zwei Wrestler im Ring die Köpfe einschlagen und danach mit ihrem „Gegner“ im Vorgarten grillen (gibt es die?).
Die Voraussetzungen sind also geschaffen. Bis zu vier menschliche Spieler können gleichzeitig ausprobieren, ob diese erfüllt werden. Eine große Auswahl von Ausprägungen der primitiven Kampfkultur kann gewählt werden: Vom ordinären Zweikampf und dem klassischen „Tag Team“ (Zwei gegen Zwei) über den „Royal Rumble“ (jeder gegen jeden) zu diversen Spielarten wie den „Survivor Series“ (gegen mehrere Gegner auf einmal bzw. hintereinander) etc. Somit ist auch hier für genügend Variationen gesorgt, die durch zehn verschiedene Schwierigkeitsgrade noch einmal angepasst werden können.
Bei der Auswahl des Kämpfers begegnet der Wrestling-Kenner ausschließlich alten Bekannten aus der Blütezeit dieses „Sports“. Mit Bret „Hit Man“ Hart, Yokuzuna, Shawn Michaels, The Undertaker, Razor Ramon, Diesel etc. stehen insgesamt 12 Kämpfer für das Gute bzw. ausgesprochene Bösewichte zur Wahl. Diese unterscheiden sich bis auf optische Unterschiede nur geringfügig. Zwar gibt es die individuellen Werte „Kraft“, „Schnelligkeit“, „Ausdauer“ und „Gewicht“, doch diese schlagen sich im Ring nur minimal nieder.
Dort erst einmal angekommen, ist der Spaß vorbei, denn der gröhlende, in zwei Animationsphasen zuckende Pöbel will Gewalt sehen. Dieser Forderung hat man als Spieler Rechnung zu tragen. Nach einer kleinen Eingewöhnungsphase hat man die Steuerung gut im Griff und kann alle Wrestling-Aktionen leicht ausführen. Die Palette reicht dabei vom simplen Faustschlag bis zu den (meistens nutzlosen) „Special Attacks“ der Kämpfer. Wer effektiv vorgehen will, bedient sich bewährten Mitteln wie dem Überwurf, dem „Bulldog“, dem „Elbow“ oder schmeißt seinen Gegner gleich aus dem Ring. Auch dieses traditionelle Element des Wrestlings wurde standesgemäß umgesetzt, selbstverständlich kann auch der „Schiedsrichter“ attackiert werden, damit er in seiner Ohnmacht die besonders wirkungsvollen Angriffe mit einem Stahleimer und dem obligatorisch herumstehenden Klappstuhl außerhalb des Rings nicht durch Anzählen zeitlich begrenzen kann. Auch an die extraharte Zuschauerbande aus Eisenstäben wurde gedacht.
Die Energie der Wrestler wird, wie wohl bei fast allen Prügelspielen, durch einen Balken angezeigt. Befindet sich dieser bereits im roten Bereich oder ist ganz verschwunden, kann der Kämpfer „gepint“ und somit besiegt werden. Sollte man selbst in diese missliche Situation geraten, hilft nur wildes Drücken auf die Feuerknöpfe, um eventuell noch einmal aufstehen zu können. Dieses ist auch in anderen Situation des Kampfes oft nötig, denn oft halten sich zwei Wrestler in einer Art Würgegriff. Dieses Kräfteduell ist ebenfalls durch schnelles Drücken zu entscheiden, um dann eine bestimmte Aktion ausführen zu können.
Grafisch wurde WWF Raw gut in Szene gesetzt – lediglich die Kämpfer sehen sich doch recht ähnlich. Ebenfalls gut verhält es sich mit dem Sound: Das animalische Gemetzel wird durch passende Publikums- und Grunzlaute unterlegt.
Insgesamt eine sehr gute Wrestling-Umsetzung. Viel mehr ist nach meiner Meinung aus dem Spielkonzept nicht herauszuholen, doch dieses hat eben seine Grenzen. WWF Raw bringt Spaß, jedoch nur für kurze Spiele, da bis auf das „Tournament“ (gegen alle Wrestler nacheinander mit abschließendem Sprühfeuerwerk) für Einzelspieler keine Möglichkeit einer „Karriere“ oder Ähnlichem besteht. Trotzdem ist der Unterhaltungswert durch Thematik und Umsetzung gesichert.