Rings of Medusa
für Amiga (OCS/ECS)

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Mr Creosote:
Weitere Titel: R.O.M.
Firma: Starbyte
Jahr: 1989
Genre: Strategie
Thema: Krieg / Schwerter & Magie
Sprache: Deutsch, English, Français
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 10242
Rezension von Mr Creosote (17.09.2016)
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Die böse Medusa fällt mit ihren Armeen in ein Clichéfantasyland ein, erobert den Großteil und was nun noch von dem vormals stolzen Königreich übrig ist, sind versprengte, marodierende Banden und ein Haufen Städte, die ihre Loyalität niemandem mehr verpflichtet fühlen. In der Rolle des (formell) regierenden Prinzen muss der Spieler nun also die Armeen der Medusa zurückdrängen und besiegen. Doch ein Sieg auf dem Schlachtfeld wird nicht genügen. Als waschechte Göttin kann Medusa nur von dem Träger fünf magischer Ringe besiegt werden. Jene sind natürlich über das gesamte Land verstreut – ein paar in Städten, ein paar auf nahegelegenen Inseln und ein paar irgendwo in der Wildnis verbuddelt.

Der Prinzentitel hilft dem Spieler nicht viel: Er beginnt trotzdem mit praktisch leeren Händen. Keine Arme, alle Städte befinden sich entweder unter Kontrolle Medusas oder haben sich der Neutralität verschrieben. Das kleine Startkapital muss erstmal ordentlich vermehrt werden, bevor man ernsthaft daran denken kann, Halsabschneider als Soldaten anzuheuern, Schiffe bauen zu lassen usw., um Medusa schlagen zu können.

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Rings of Medusa ist eines dieser zutiefst europäischen Spiele, die nicht ganz sauber in das übliche Genremuster fallen. Stattdessen tauchen Elemente verschiedener Spielprinzipien an allen Ecken und Enden auf. Der Fokus des Spiels verschiebt sich dabei langsam mit dem Spielfortschritt. Wo es anfangs noch ums Geldscheffeln geht – hauptsächlich durch Handel, aber auch Glücksspiel kann in den Kneipen als letzte Hoffnung betrieben werden – beschäftigt man sich später mit der Jagd nach verborgenen Schätzen, der Eroberung von Städten und dem Aufbau / der Verstärkung der Armee. Im Prinzip handelt es sich also um ein Handelsspiel (das erst von der Suche nach guten Preisen und später mehr von logistischen Fragen bestimmt ist), das zu einem Krieggspiel wird, und das alles mit einem Rollenspielfeeling.

Haupteinstiegshürde ist der hohe anfängliche Schwierigkeitsgrad. Mit keinen (oder nur wenigen) Soldaten zum Schutz der Waren ist man leichte Beute für einen zufällig auflauernde Karavanen. Verliert man eine solche Schlacht, ist das Spiel immerhin nicht vorbei, jedoch sind sowohl Waren als auch Geld verloren (und alle Soldaten, sollte man überhaupt welche gehabt haben, sind tot). Bevor es einem überhaupt gelingt, zum ersten Man eine signifikant selbstverteidigungsfähige Truppe aufzubauen, wird das neuen Spielern wiederholt passieren und das kann schon sehr entmutigend sein.

Hat man diesen Berg jedoch erstmal überwunden, spielt ROM seine Stärken aus, denn die Kriegsmechanik ist um Einiges ausgefeilter als der Handel. Wo Ersterer komplett statische Preislisten und lineare Produktionsraten pro Stadt hat und nur durch bei Spielstart zufällig verteilte Minen variiert wird, wartet Erstere mit zahlreichen verschiedenen Rassen (mit unterschiedlichen Fähigkeiten) auf, die auf zahlreiche verschiedene Einheitengattungen verteilt werden können, deren Effektivität sich wiederum wieder von den landschaftlichen Gegebenheiten des Schlachtfelds, dem Trainingsstand und der Ausrüstung ableitet. Auch wenn die Echtzeitschlachten selbst recht einfach gehalten sind (man kann die Einheiten nur zum Angriff schicken oder eben nicht), spielt sich die Komplexität, die ihren Ausgang ausmacht, in der Vorbereitung ab.

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Da steckt einiger Spaß drin, doch das Spiel dann tatsächlich zu gewinnen, stellt sich als echte Arbeit heraus. Nachdem man alle Spielelemente mal ausprobiert hat (Städte einnehmen, Forts verwalten, Schiffe bauen und auf Fahrt gehen, Minen ausbeuten usw.) und den Dreh heraus hat, besteht das Spiel leider hauptsächlich aus Routinearbeit (Steuern abgreifen, Rohmaterialien einsammeln, die Parks nach neuen Soldaten absuchen, sie auf Einheiten aufteilen, die ausrüsten, sie trainieren, die Stadtbefestigungen ausbauen usw.), was alles leider aus zu vielen manuellen Schritten besteht. Beispielsweise ist es nicht einzusehen, warum man – ein genügend dickes Geldsäckel vorausgesetzt – nicht einfach alle Soldaten auf einmal anheuern oder mit einem Button ihnen allen Waffen verpassen kann. Nein, dafür braucht man mehr als zehn atomare Schritte, also viele Klicks, obwohl es letztendlich alles ein untrennbarer Vorgang ist.

Vielleicht wäre das wirklich nicht so einfach abzufedern gewesen und trotzdem ist Rings of Medusa natürlich ein hervorragender Klassiker, den man aufgeschlossenen Interessierten nur empfehlen kann. Zu seiner Entstehungszeit waren innovative Spiele, die versuchten einem den genauen Weg durch die relativ freie Welt nicht genau vorzugeben, sondern einen selbst experimentieren zu lassen, bereits (zugunsten formelhafter Imitationen der immer gleichen wenigen Konzepte) am Aussterben. Also viel Spaß bei einem der letzten seiner Generation!

P.S. Das Motiv des Titelbildschirms wird wohl ewig ein Mysterium bleiben.

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