Man Enough: The Ultimate Social Adventure
für PC (DOS)

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Mr Creosote:
Firma: Tsunami
Jahr: 1993
Genre: Denkspiel
Thema: Humor / Lebenssimulation / Adult
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 9748
Rezension von Mr Creosote (15.12.2016)
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Es ist schon seltsam, dass die Demütigung von Männern allgemein als Comedystoff angesehen wird. Bei Two and a Half Men zog sich das ganze 262 Folgen mit riesigem kommerziellem Erfolg hin. Man Enough könnte man als das Äquivalent der Computerspielindustrie bezeichnen. Es ist immerhin nicht ganz so lang, aber dafür ist die Erniedrigung viel direkter, da es hier keine Jon Cryer gibt, der stellvertretend für die Zuschauerschaft die permanenten Schmähungen abbekommt.

Das „Spiel“ ist in sich gar nicht weiter erwähnenswert. Es besteht aus Multiple-Choice-„Dialogen“ mit verschiedenen Frauen, bei denen der Spieler „landen“ möchte. Jedes Mal ist die Struktur die gleiche: erst ein Treffen im Fitnessstudio, dann ein Telefonat und schließlich geht man einen Abend gemeinsam aus. Die Begegnungen laufen jedoch reichlich seltsam ab. Der Spieler kann aus jeweils drei Aussagen wählen, die meist allesamt dümmlich und peinlich sind. Eine Option beendet das Treffen sofort. Eine findet die Frau langweilig. Eine bringt Fortschritt. Zum Glück besitzen die Frauen keinerlei Gedächtnis, so dass man nach einem Fehlschlag die Szene einfach nochmal von vorne versuchen kann, und da sich die Damen auch jeweils sehr explizit mit „das war gut“, „das war schlecht“ oder „gähn…“ äußern, ist eine Verbesserung bei wiederholten Versuchen recht trivial.

Dies ist nicht nur eine sehr bescheuerte Simulation einer romantischen Verabredung: Man stelle sich einen echten Abend vor, der ausschließlich daraus besteht, dass der Mann dümmliche Anmachsprüche kruder Doppeldeutigkeit von sich gibt und die Frau rein passiv bleibt. Mann, würde sich das ziehen! Man Enough scheitert also ohnehin. Doch ich habe bis zum Ende durchgehalten („gespielt“ passt hier kaum) und langsam erschloss sich mir eine weitere Ebene (was man nicht alles für diese Webseite tut…).

Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass man für diesen unspielbaren Schund Geld ausgegeben hätte, wird noch insofern ordentlich Salz in die Wunde gestreut, dass anscheinend eine starke masochistische Ader auf Seiten des Spielers vorausgesetzt wird. Denn (Achtung, „Spoiler“), laut Plot ist es ein guter Freund, der den Spieler auf eine Partnervermittlung ansetzt. Dort bekommt der Spieler fünf Frauen angeboten – und selbst die attraktive Eigentümerin der Agentur zeigt sich selbst interessiert, sofern der Spieler seine Vorzüge bei den fünf Kundinnen unter Beweis stellt. Tatsächlich steckt aber eine großangelegte Verarschung dahinter: Besagte sechs Damen und jener „Freund“ stecken unter einer Decke; machen dem Spieler falsche Hoffnungen und lassen ihn sich abarbeiten, nur um ihn dann jeweils im letzten Moment, bevor die Klamotten fallen sollten, doch noch mit bizarren Begründungen zurückzuweisen. Während sie gleichzeitig alles, was der Spieler den ganzen Abend tut und sagt, aufzeichnen, um ihn später gemeinsam zu verhöhnen.

Das kann man wohl kaum mehr als harmlosen Streich bezeichnen. Ein „Freund“, der so etwas mit mir anstellen würde, wäre ab sofort von meiner Kontaktliste gestrichen. Mein Selbstwertgefühl wäre hoffnungslos zerstört. In einer der Szenen macht eine Frau sogar eine Reihe Witze darüber, sie mache eine Studie über das Verhalten sexuell frustrierter Männer. Und all das sieht das Spiel wohl als Stoff billiger Lacher.

Doch denken wir mal darüber nach, wer ein Spiel namens Man Enough, dessen eigentliches Versprechen darin liegt, halbwegs hochaufgelöste Fotos leichtbekleideter Frauen zu zeigen (Videos sind rar, kurz und klein), überhaupt in Betracht ziehen wird. Genau, exakt die Gruppe sexuell frustrierter Männer. Das Spiel macht sich also über die Schwierigkeiten seiner eigenen Zielgruppe lustig. Und zwar ganz direkt, denn es gibt im Spiel keinen Stellvertreter, keinen Jon Cryer, der einem die Rechtfertigung geben könnte, man selbst sei ja nur unbeteiligter Beobachter. Die Kommunikation geht direkt in die Kamera und damit zum Spieler, und sie trifft ihn schmerzvoll.

Soziale Konventionen funktionieren jedoch nicht immer nachvollziehbar, und so ist es nicht nur akzeptabel, sondern sogar voll im Trend, sich über solche armen Menschen lustig zu machen… solange es sich um Männer handelt. Genauso, wie auch sexuelle Belästigung an Männern immer noch als angemessenes Material fauler Comedy gesehen wird (um es auch anhand der Sitcom-Welt zu illustrieren: The IT Crowd). Seufz… es wird noch ein langer, steiniger Weg bis zum Ende aller Diskriminierung und wirklicher Gleichberechtigung der Geschlechter sein…

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