Rise of the Robots
für Amiga (AGA)

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Mr Creosote:
Firma: Mirage / Time Warner Interactive
Jahr: 1994
Genre: Action
Thema: Kämpfen / Multiplayer / Science Fiction
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 7384
Rezension von Mr Creosote (30.04.2022)
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Immer, wenn ein Spiel besonders hoch gehypt wird, bietet es besonders viel Angriffsfläche. So ergießt sich heutzutage über Rise of the Robots (und die damals gekauften 90%-Wertungen) ausschließlich Häme im Netz. Und das auch Alles in Allem nicht völlig unberechtigt, denn – das sei vorausgestellt – es ist kein gutes Spiel und war es auch zum Entstehungszeitpunkt nicht. Trotzdem muss man sich schon fragen, wie fundiert die meisten Kommentatoren sich ihre eigene Meinung gebildet haben oder inwieweit – wie weitgehend heutzutage üblich – nur die Echokammer bedient wird.

Geschürt wurden vor Veröffentlichung die Erwartungen durch die vollmundigen Versprechen der Entwickler, die dank des Geldes von Mediengigant TimeWarner – gerade neu in den Computerspielemarkt eingestiegen – lautestmöglich in die Welt hinausposaunt wurden. „Multimedia“ war das Gebot der Stunde und Rise versprach Robotermodelle aus der Renderfarm sowie einen Soundtrack von niemand Geringerem als Brian May (Queen). Auch spielerisch sollte das Genre revolutioniert werden, mit Computergegnern, die nicht nur schnell reagieren (immer schon eine Stärke von computergesteuerten Kämpfern), sondern auch lernfähig sein sollten.

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Fight!

Außer den in 3D-Studio vorberechneten Grafikmodellen blieb bekanntermaßen nicht viel davon übrig. Mays Musik konnte aus lizenzrechtlichen Gründen schließlich doch nicht eingesetzt werden (mit Ausnahme eines kurzen Riffs im Hauptmenü). Von fortschrittlicher künstlicher Intelligenz ist ebenso wenig zu spüren, wenn man sich heutzutage einschlägige Gameplay-Videos anschaut. Klar, es ist einfach, sie darüber lustig zu machen, ein Spiel allein per Sprungtritt gewinnen zu können… wenn man dabei nicht erwähnt, den einfachsten Schwierigkeitsgrad gewählt zu haben.

Und doch gibt es beim Thema Schwierigkeitsgrad so Einiges zu sagen, denn ein wirklich spielbarer fehlt tatsächlich. Einen trivial zu gewinnenden gibt es selbst bei den besten Titeln, doch dann wird es graduell schwieriger… während Rise über „mittel“ gleich einen riesigen Sprung vollführt, der ein Gewinnen nahezu unmöglich macht. Allerdings leider nicht aufgrund besonders schlauer künstlicher Intelligenz.

Vielmehr skaliert primär das Verhältnis der Schlagenergien der beiden Kontrahenten. Das Spielkonzept sieht vor, dass Schläge und Tritte mit verschiedener Kraft ausgeführt werden können, gesteuert durch die Verweildauer auf dem Feuerknopf. Soweit, so gut, da dies unterschiedliche Taktiken ermöglichen könnte: Greift man mit schnellen Kombinationen an oder lieber mit wenigen, gezielten und hochzerstörerischen Treffern? Nur richtet selbst die härteste Wucht auf höheren Stufen kaum mehr etwas an beim Gegner – alles darunter kann man gleich vergessen. Eine traurige Behelfsentscheidung, da man die versprochene Intelligenz nicht hinbekommen hatte?

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Ja, so gewinnt man jeden Kampf… auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad

Immerhin, man mag es verstanden haben, stecken im Spielkonzept ein paar gute Gedanken. Rise stellt sich diesbezüglich beinahe trotzig gegen den von Street Fighter 2 losgetretenen Zeitgeist der Special-Move-Orgien. Man hat mit basischen Aktionen auszukommen, diese aber wie gesagt nicht nur gezielt, sondern auch fein abgestimmt einzusetzen. Eine Erweiterung des klassischen Prinzips seit Karate Champ, das wohl ein paar Jahre zu spät kam, um sich auf dem bereits anders abgebogenen Genre noch zu etablieren – aber eigentlich kein Grund zur Häme.

Bleiben Grafik und Animation. Flüssig sind letztere, zusammengesetzt aus schön vielen Bewegungsstufen. Die 3D-Modelle an sich sind ebenfalls recht detailliert, haben aber mit heutigen Augen betrachtet natürlich diesen typischen Plastiklook der frühen Technik, der nicht so gut gealtert ist. Sehr nachteilig ist, ebenfalls zeittypisch, dass eine organische Einbindung in die Hintergrundgrafik noch nicht möglich war. Die statischen Hintergründe machen überhaupt nichts her und die Kontrahenten schweben sozusagen optisch über dem Boden. Noch schlimmer, wenn man die standardmäßig abgeschalteten Schatten einschaltet.

Doch, das wirkte 1994 (abgesehen von den Schatten) optisch schon noch alles sehr cool. Allerdings ist das Spiel mit insgesamt nur sieben Robotermodellen (die sich spielerisch trotz vielversprechender optischer Designs beinahe überhaupt nicht unterscheiden) insgesamt dünn ausgestattet – und selbst diese sind jeweils nur aus einer Perspektive gerendert. Den blaue Roboter des Spielers gibt es nur von rechts, die anderen nur von links zu sehen, denn ihr Positionen können die Kontrahenten niemals tauschen. Weder kann man über einen Gegner springen, noch sonstwie an ihm vorbeikommen.

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Das hielt man damals für die Zukunft der Computergrafik

Was höchstwahrscheinlich Absicht ist, denn das wahrscheinliche Dilemma, das für einige der Schwächen des Spiels verantwortlich sein könnte, ist wohl, dass man zu früh auf den Markt wollte. Rise of the Robots hätte konzeptuell auf die damaligen NextGen-Geräte abzielen müssen, d.h. solche mit einer CD als Massenspeicher und mehr Rechenpower. Doch davon gab es noch nicht genug; die meisten waren nicht einmal auf dem Markt. Also musste man sich mit etablierten Geräten wie dem SNES oder eben dem Amiga zufriedengeben.

13 Disketten lagen bereits in der Schachtel – wer weiß, wie viele es mit dem versprochenen Soundtrack, zweiseitig gerenderten Modellen und vielleicht sogar mehr Robotern gewesen wären. Nein, mehr war da einfach nicht drin auf Disketten oder Modulmedien. Und ein schnellerer Haupt- oder Grafikchip hätte die merklichen Verzögerungen zwischen Spielereingabe und Reaktion auf dem Bildschirm sowie die Wiedergabegeschwindigkeit sicher ebenfalls verbessern können.

Nein, das entschuldigt trotzdem keinesfalls das dürftige Kernspiel. Diesbezüglich macht Rise of the Robots leider den gegenteiligen Eindruck: den einer überhasteten Veröffentlichung. Back to the Basics ist in diesem überladenen Genre sogar begrüßenswert. Richtig umgesetzt kann das klappen. Doch die Entwicklungszeit ist wohl doch verzweifelt in das schier unmögliche Unterfangen, diese Technikdemo auf zu kleinen Maschinen akzeptabel zum Laufen zu bekommen, geflossen. Schade eigentlich, denn ein stylishes Roboterprügelspiel wäre doch mal was gewesen zwischen den üblichen Blutorgien. Doch kein Verzagen, das gibt es anderswo. Wenn auch nicht ganz so aufwendig produziert, aber mit originellen Ideen und tadellos spielbar. Lassen wir Rise of the Robots doch einfach in Frieden.

Archivierte Rezension(en) ↓

Rezension von Mr Creosote (14.04.2017)
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Leider ist alles, was man über dieses Spiel, wahr. Oder doch nicht: Diese bezahlten „Kritiken“ aus der Veröffentlichungszeit, die das Spiel mit 90% bedachten, waren es nicht. Doch das wisst ihr ja bereits. Warum sollte ich also all das Bekannte nochmal wiederholen? Ja, gute Frage. Nur bin ich in letzter Zeit so viele Prügelspiele durchgegangen, dass es ohne dieses irgendwie doch nicht komplett wäre. Also bringen wir es hinter uns.

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Spielerisch ist RotR wie bekannt schrecklich. Im Einzelspielermodus kann man nur den blauen Roboter spielen. Was allerdings gar nicht so viel macht, da sich die anderen ohnehin nicht viel anders spielen. Die Aktionsmöglichkeiten sind beschränkt und im Beginner- und Easy-Modus benötigt man nur exakt einen. Auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad sollte man noch von Zeit zu Zeit einen Special Move einstreuen. Auf hohem Schwierigkeitsgrad ist das Spiel völlig unschaffbar. Aber nicht etwa, weil die Gegner so klug handeln würden, sondern weil dann nur noch die höchstmögliche Schlagkraft überhaupt kleine Kratzer macht. Moment, Special Moves? Bitte macht euch keine Hoffnung. Was dieses Spiel als „Special Move“ bezeichnet würde überall sonst unter das stinknormale Standardrepertoire fallen. Was natürlich nicht etwa bedeuten soll, sie wären einfach durchzuführen. Der Zweispielermodus ist unbenutzbar, da Spieler 1 (der immer der blaue Roboter sein muss) ohnehin immer gewinnt.

Überraschend ist, dass die audiovisuelle Präsentation des Spiels selbst heute noch beinahe überall gelobt wird. Also sprechen wir mal darüber. Laut der Werbeabteilung von Time Warner soll die Musik von Queens Brian May komponiert und eingespielt worden sein. Tatsächlich beschränkt sich dies auf einen einzigen Gitarrenriff im Hauptmenü. Die Kämpfe finden musikalisch stumm statt und bieten stattdessen nur ein paar Klanks und Klonks. Die Endmusik ist eine Standard-Chipmelodie. Die Grafik kommt aus dem damals beliebten 3D Studio, das den Effekt hatte, jedes Spiel gleich aussehen zu lassen. Was war noch gleich die Gemeinsamkeit zwischen RotR und Command & Conquer? Richtig, 3D Studio.

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Doch, so leid es mir tut, ist Rise of the Robots selbst optisch gemessen an den Standards der Mitte der 90er Jahre gar nicht so bemerkenswert. Die Hintergründe sind vollkommen statisch. Kein Scrolling, keine Bewegung und schon gar keine Interaktion. Die Roboter selbst sind recht gut animiert und haben auch grafischen Charakter, jedoch hatte man anscheinend keine Lust, ausreichend viele vorzurendern, so dass man gerade mal fünf Gegner hat, die einfach jeweils zweimal auftauchen und dann nochmals besiegt werden müssen. Selbst die gleiche Einführungsanimation wird einfach nochmal eingespielt. Ach ja, und die sieben Robotermodelle (der blaue, die fünf wiederauferstehenden Gegner sowie der Endgegner) passen nicht so richtig in die Szenen. Erstens sind sie überhaupt nur von der einen Seite modelliert, so dass man spielerisch insofern eingeschränkt wird, dass man sich niemals umdrehen kann. Zweitens sieht es nie so als, als stünden die Figuren überhaupt auf diesen „Untergründen“ (der Hintergrundgrafik). Die Standardeinstellung ist „Schatten aus“. Aus gutem Grund, denn jene überlagern einfach platt die Robotermodelle. Wodurch der Eindruck einer logischen Perspektive vollends zerstört wird. Die Zwischensequenzen (direkt aus 3D Studio) sind extrem kurz und kein Grund, das Spiel zu spielen.

Jetzt mag es unfair sein, Grafiken des Jahres 1994 nach heutigen Maßstäben zu beurteilen. Dazu jedoch zwei Punkte. Erstens sieht klassische Pixelgrafik aus der gleichen Zeit teilweise auch heute noch sehenswert aus. Zweitens ist es einfach nicht akzeptabel, seine Farben soweit herunterzubrechen, dass es teilweise gar nicht mehr erkennbar ist, was überhaupt vor sich geht. Niemals. Moment, das ist ein gutes Fazit – für das ganze Spiel, nicht nur die Grafik.

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