Capital Punishment
für Amiga (AGA)

473px-CapitalPunishment.jpg
Mr Creosote:
Firma: clickBOOM
Jahr: 1996
Genre: Action
Thema: Kämpfen / Horror / Multiplayer / Science Fiction
Sprache: English, Deutsch
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 7356
Rezension von Mr Creosote (30.05.2017)
Avatar

Das Ende des kommerziellen Lebens eines Systems ist meist frustrierend. Andere Computer haben all den Spaß, während man selbst mit minderwertigen Umsetzungen abgespeist wird. Im Rückblick ist es dagegen ein faszinierender Zeitabschnitt, denn die wenigen Originalentwicklungen, die es noch gab, können jetzt überhaupt erst kritisch evaluiert werden. Zur Entstehungszeit war es selbstverständlich sowohl in der dedizierten Fachpresse, als auch beim verbliebenen harten Kern der Benutzer, absolut jede Veröffentlichung in den Himmel zu loben, egal was es wirklich war – einzig deswegen, weil es überhaupt etwas neues gab! 20 Jahre später ist das kochende Blut abgekühlt.

Capital Punishment wurde als bestes Prügelspiel aller Zeiten bezeichnet. Es wurde von einem (ungenannten) talentierten serbischen Team entwickelt und wartet mit sehr guten Animationen und beeindruckenden Licht- und Schatteneffekten auf. Der letzte Kampf findet sogar vollständig in Silhouetten gegen einen Formwandler statt – ziemlich coole Idee.

CapitalPunishment18.png
Verloren

Spielerisch gibt es ebenfalls ein paar Erweiterungen zur typischen Genrekost. Erstens gibt es in den Arenen kleine Fallen, wie Spitzen, die aus den Wänden schnellen oder einen Metallhaken, der am Dach einer Fabrik umherfährt. Gelingt es einem der Kontrahenten, seinen oder ihren Gegner dagegenzuzwingen, ist der Kampf praktisch zu Ende. Zweitens können die Kämpfer Erschöpfung vortäuschen. Das kennt man ja aus anderen Spielen, dass wenn man zu viele Treffer in kurzer Zeit einsteckt, und dann ein paar Sekunden wehrlos herumsteht. Genau das kann man hier vorgeben, um den Gegner heranzulocken und dann blitzschnell selbst zuzuschlagen. Das lohnt sich vor allem im Zweispielermodus. Drittens ist ein Treffer nicht immer gleich einem anderen Treffer. Kopf, Beine usw. stellen verschiedene Trefferzonen dar.

Die acht Kämpfer, von denen vier spielbar sind, bieten ausreichend Abwechslung bezüglich ihrer Fähigkeiten und Kampfstile. Auf Basis der dick aufgetragenen, zutiefst albernen Hintergrundgeschichte kann man im „Story“-Modus sogar zwischen den Kämpfen den eigenen Charakter wechseln, um sich so besser auf den nächsten Gegner vorzubereiten. Die Erklärung dazu ist, dass die anderen drei theoretischen Mitstreiter „versklavt“ wurden und man sie durch ordentliches Verprügeln wieder „befreien“ kann. Klar, ergibt doch Sinn.

Soweit hört es sich doch ziemlich gut an, oder? Leider war das soweit nur die Theorie laut Plan. Praktisch muss man zuerst einmal große Hürden überwinden, das Spiel überhaupt zum Laufen zu bekommen. Trotz vorhandenem echtem A1200 mit der notwendigen Festplatte, Extraspeicher und schicker Beschleunigerkarte und selbst nach dem Download eines offiziellen Patches sowie der Erstellung einer dedizierten Bootdiskette reichte es nicht, den sofortigen Absturz zu verhindern. Nur nach einem weiteren Fanpatch, der Jahre später kam, funktionierte es überhaupt – doch das Spiel bleibt auch damit instabil. Man sollte sich zumindest den Gefallen tun, eine vorinstallierte Version herunterzuladen, das spart immerhin einen Teil der Kopfschmerzen.

CapitalPunishment03.png
Verloren

Zweitens, und nun mal die technischen Aspekte beiseite, ist der Einzelspielermodus leider völlig unspielbar, da der Schwierigkeitsgrad unmöglich ist. Offensichtlich fehlt jegliches Testen der Spielbalance. Drei Treffer abzubekommen heißt jederzeit automatisch „Game Over“, da die Gesamtenergie der Kämpfer im Vergleich dazu, was man pro Treffer verliert, viel zu niedrig ist. Die computergesteuerten Gegner agieren allesamt blitzschnell, selbst im Trainingsmodus. Eine Kombination, die nicht gerade für Spielbarkeit bürgt. Allzu oft endet es nach wenigen Sekunden so, dass man an die Wand gepinnt ausblutet, bevor man selbst auch nur einen einzigen Treffer landen konnte.

Mit ausschließlich menschlichen Teilnehmern wird die Sache immerhin insofern etwas fairer, dass beide Kontrahenten mit den gleichen Beschränkungen zu kämpfen haben. Damit wird es einigermaßen spielbar, aber macht immer noch keinen Spaß, da ähnliche Spielbalanceprobleme und absolute Zufallsfaktoren weiterhin das Geschehen dominieren: Zwei oder drei glückliche Treffer am Anfang und man hat gewonnen. Keine Spaßformel. Aber trotzdem: der Zweispielermodus ist das einzige, das dem Spiel seine einigermaßen akzeptable Wertung sichert.

Ansonsten ist Capital Punishment wirklich nur als Technologiedemo zu gebrauchen. Wie schon frühere Spiele, man denke an Shadow of the Beast, sieht es in Bewegung sehr gut as (das muss man jetzt einfach glauben, auf statischen Screenshots kommt es nicht adäquat rüber) und klingt auch gleichsam ansprechend. Es handelt sich um ein sehr begehrenswertes Spiel… solange, bis man es tatsächlich spielt.

Kommentare (1) [Kommentar schreiben]

[Antworten]

Quiz