Starlord
für PC (DOS)

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Mr Creosote:
Firma: Microprose
Jahr: 1994
Genre: Strategie, Action
Thema: Fliegen / Politik / Science Fiction / Krieg
Sprache: English, Deutsch, Francais
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 7199
Rezension von Mr Creosote (03.04.2018)
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In der Entwicklungsphase Starlords ging Einiges schief. Beispielsweise wurde man 1993 monatelang als Leser diverser Fachzeitschriften mit einer großangelegten Marketingkampagne in Form ganzseitiger Comics verwöhnt. Nur leider kam das Spiel selbst erst viel später. Die weitaus größere Frage hätte allerdings sein sollen, warum ein dermaßen schwierig zugängliches Spiel überhaupt als wertig genug erachtet wurde, derartige Werbemaßnahmen zu betreiben.

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Ein Spinnnennetz von Familien und Sympathien

Die Comics sahen stilistisch ziemlich hässlich aus, fingen jedoch die Essenz des Spiels gar nicht mal so schlecht ein. Alles dreht sich hier um machiavellistische Machtspielchen zwischen feudalen Weltraumherrschern. Das Universum befindet sich unter der Knute einiger weniger Familien, die nicht nur per Blut, sondern auch in Allianzen und Lehnssystemen miteinander verbunden sind. Könige und Königinnen regieren über Herzöge, die wiederum über Baronen stehen. Über allem schwebt der Kaiser. Alle anderen haben eines gemeinsam: Sie wollen den Kaiser vom Thron stoßen. Selbst die Mitglieder seiner eigenen Familie.

Der Weg dahin führt über militärische Aktionen. Schlägt man die Flotte des Kaisers bei seinem Heimatplaneten, kann man selbst den Thron besteigen. Wobei man bei solchen Angriffen natürlich trotzdem die Verteidigung des eigenen Regierungssitzes nicht vernachlässigen sollte. Wenn man sich allerdings einbildet, das allein schaffen zu können, liegt man eventuell daneben. Stattdessen gilt es, diplomatische Intrigen zu spinnen, (temporäre) Bündnisse zu schmieden usw. Beginnt man selbst auf der niedrigsten Hierarchiestufe (es kann zwischen verschiedenen Startszenarien gewählt werden), ist es sicherlich anzuraten, erstmal mit anderen kleinen Fischen anzulegen. Als Lord besiegt man einen Baron. Idealerweise einen, der nicht besonders gut vernetzt und beliebt ist und somit auf keine entscheidende Hilfe von außen setzen kann. Welchen Verbündeten kann man selbst vertrauen? Und dann schlägt man unerwartet zu.

Spielerisch gestaltet sich das alles derart, dass man per Raumschiff von Planet und Planet fliegt. Der Warenhandel wirft ein bisschen Profit ab und versorgt nebenbei den Heimatplaneten. Man baut seine Flotte aus. Verhandelt mit anderen Herrschern, zieht sie auf die eigene Seite, verlangt Schutzgeldzahlungen oder greift sie an. In letzterem Fall schaltet das Spiel auf einen Schlachtbildschirm um, auf dem rudimentär taktisches Vorgehen gefragt ist. Kommt der Kampf dem eigenen Flagschiff zu nahe, greift man selbst zum Steuerknüppel in einer Actionsequenz im Wing Commander-Stil. Beide sind optional; man kann sich den Schlachtausgang auch vollautomatisch berechnen lassen, was ehrlich gesagt normalerweise auch ausreicht und den Spielfluss weniger stark unterbricht.

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Zu den Waffen!

Besiegt man einen Herrscher auf seinem Heimatplaneten, kann man ihn mit einem eigenen Familienmitglied ersetzen. Was den Einfluss der eigenen Familie stärkt, aber man sollte nicht so naiv sein zu denken, man könne seinem eigen Fleisch und Blut vorbehaltlos trauen…

Trotz der netten, aber letztlich vergessenswerten kleinen Extras (wie eben den taktischen und actionreichen Raumschlachten) erkennt man Starlords Ursprung als Postspiel (ein paar Jahrzehnte zuvor von Designer Mike Singleton selbst organisiert) immer noch deutlich. An sich läuft das Spiel in Runden ab und die Ausführung der Züge wird nur parallel berechnet und dauert unterschiedlich lang, so dass der Gesamtstatus der Welt kontinuierlich simuliert werden kann. Sichtbar willkürlich einschränkende Regeln, wie beispielsweise die Beschränkung vieler Raumstraßen auf Inhaber bestimmter Adelsränge, fordern etwas mehr strategisches Denken vom Spieler als das übliche Schicken einer großen Armee. Zufallsereignisse können die ausgefuchstesten Pläne im unpassendsten Moment durchkreuzen, aber auch willkommene Geschenke verheißen.

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Laser auf volle Stufe!

Grafisch gibt es Licht und Schatten. Einige Bildschirme (insbesondere die Ereignisse) sind gut gezeichnet, aber viele andere (wie beispielsweise die Brücke des Flagschiffs, auf der man so viel Zeit verbringt) stammen stilistisch direkt aus den 1980ern. Die Actionkämpfe sehen gut genug aus, sind aber auch nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Richtig schrecklich war die Entscheidung, die grotesken, automatisch generierten Fratzen, unter denen bereits Ashes of Empire gelitten hatte, wiederzuverwenden. Abseits von Ästhetik hat dies handfeste spielerische Konsequenzen. Einen Überblick über andere Herrscher zu haben, sie leiche wiederzuerkennen und intuitiv Entscheidungen daraufhin zu treffen, ist zentraler Spielinhalt. Wären sie optisch auseinanderzuhalten, würde dies viel einfacher von der Hand gehen.

In die gleiche Kerbe, prinzipiell gute Spielaspekte unnötig zu verkomplizieren, schlägt auch die unpraktische Bedienung. Pro Bildschirm gibt es eine Reihe Tastaturshortcuts, was prinzipiell effizient funktionieren könnte, wenn es nicht auf jedem Bild wieder andere Knöpfe wären. Ein Kontextmenü (manchmal mehrere) kann mit der rechten Maustaste geöffnet werden, aber wiederum nicht per Tastatur. Man wird also gezwungen, seine Hände dauernd zwischen Maus und Tastatur zu bewegen, und mit viel zu vielen Klicks und Tasten bewegt man sich zwischen den zu zahlreichen Bildschirmen, die ihre jeweilige Information deutlich übersichtlicher hätten aufbereiten können. Logisch zusammengehörende Informationsschnippsel muss man sich aus verschiedensten Menüs einzeln zusammensuchen. So ist es beispielsweise von der Sternenkarte aus nicht möglich, direkt zum Profil des Herrschers eines ausgewählten Planeten zu springen.

Um also auf den Anfang zurückzukommen: Starlord fehlt augenscheinlich einige Finalisierungsarbeit. Was wahrscheinlich auch zu den langen Verzögerungen bei der Veröffentlichung beigetragen hat, aber der Blick auf das schließlich veröffentlichte Spiel wirft die Frage auf, wie es wohl vorher aussah und inwieweit es überhaupt funktionierte. Schade, denn die eigentliche Spielidee, das Spielkonzept hätten es schon verdient gehabt. Es ist eines derjenigen Spiele, die aus simplen Grundmechaniken (Warenhandel, Planetenreisen und semi-automatische Schlachten) mittels diverser Randbedingungen eine komplexe Aufgabe stricken; insbesondere durch das stark verwobene, hierarchische Familiensystem. Das Spiel ist fordernd und weiß sehr gut zu unterhalten – doch ausschließlich eine eingeschränkte Zielgruppe besonders engagierter Spieler.

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