Buck Rogers: Countdown to Doomsday
für C64

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Mr Creosote:
Firma: SSI
Jahr: 1990
Genre: Rollenspiel
Thema: Apokalypse / Umsetzung eines anderen Mediums / Science Fiction
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 9890
Rezension von Mr Creosote (18.01.2019)
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Als erklärter Nicht-Fan des Rollenspielgenres, aber der Buck-Rogers-Thematik nicht abgeneigt (die 30er-Jahre-Filmreihe ist zwar eher vergessenswert, aber die erste Staffel der 70er-Jahre-Fernsehserie war hervorragend), verband mich mit diesem Spiel schon immer eine Hassliebe. Schön öfters habe ich ernsthafte Anläufe unternommen, zuerst ohne jeglichen messbaren Erfolg und schließlich langsam immer weiter vorstoßend. Zeit für den nächsten Versuch!

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Unser Held!

Countdown to Doomsday fußt auf einigen fundamental guten Designentscheidungen. Erstens wäre zu nennen, dass der Spieler nicht Buck Rogers selbst verkörpert und ihn auch nicht in seine Party aufnehmen kann. Angesichts des ikonischen Status dieses Charakters in diesem Universum wäre es undenkbar, ihn an vergleichsweise simplen Aufgaben in den Händen eines weniger erfolgreichen Spielers scheitern zu lassen. Zweitens ist die Anfangssequenz des Spiels bestens gelungen: Die Abenteurergruppe, die sich aus frischen Rekruten für das irdische Militär zusammensetzt, wird sofort in den Kampf geworfen, während noch ihre Begrüßungsrede gehalten wird, da die Basis urplötzlich angegriffen wird. Das Spiel beginnt also gleich mit einer spannenden, actiongeladenen Szene (sozusagen Quest Nr. 0), ohne überhaupt die Gelegenheit zu geben, sich erstmal mit der Ausstattung vertraut zu machen, in der Bar Gerüchten zu lauschen usw.

Im Anschluss geht es dann auf die erste echte Mission und obwohl es sich auch dabei um ein klassisches Genremotiv handelt (die Untersuchung eines verlassenen Raumschiffs), zeigt sich die erste Designentscheidung fraglicher Qualität. Es wird an dieser Stelle noch kein übergreifender Plot etabliert. Die Abenteurergruppe des Spielers wird einfach auf Erkundungsmissionen geschickt und soll zwischendurch immer wieder zur Heimatbasis zurückkehren. Natürlich kommen all diese kleinen Handlungsfäden nachher doch noch zusammen zu einem großen Ganzen, aber wie, das muss man erst Schritt für Schritt herausfinden, da sich das Spiel nur langsam öffnet und dem Spieler nicht sofort viel Handlungsfreiheit erlaubt. Die inhärente Spielermotivation, in diese Welt einzutauchen, muss also über weite Strecken des Spiels genug sein.

Die Gestaltung der Welt an sich sowie die Art der Missionen machen einem das immerhin leicht. Auch wenn die Änderungen streng genommen meist rein kosmetischer Natur sind, ist die Auswechslung des üblichen D&D-Einheitsbreis durch Cliché-Science-Fiction mit schrecklichen Robot-Monstern, hirnfressenden Parasiten, körperlosen Hologrammen und – man höre und staune — sogar Schiffskämpfen doch mehr als willkommen!

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Wenn da mal nicht ein Alien wartet…

Gleichzeitig mag diese Neuartigkeit der Welt die größte Bürde es Spiels sein. Wie beinahe jedes Rollenspiel verlangt Countdown to Doomsday dem Spieler Entscheidungen langfristiger Konsequenz ohne ausreichende Informationsbasis ab. Das geht schon mit der Charaktergenerierung los. Auf der Metaebene kennen sich die meisten Spieler einigermaßen mit den D&D-Charakterklassen, -Rassen und -Fähigkeiten aus. In jedem Abenteuer wird man füher oder später einen Charakter mit gutem Geschick zum Schlösserknacken brauchen, also ist es akzeptierter Standard, einen Dieb in der Gruppe dabeizuhaben.

Im Buck-Rogers-Universum wird man sicher auch einen Arzt brauchen. Doch schon bei „Rocket Jocks“ und Ingenieuren wird es schwammiger. Klar, die Anleitung erklärt, bei ersteren handele es sich um Raumschiffpiloten und letztere Techniker können sie reparieren, aber wenn die Gruppengröße gerade mal sechs beträgt (bei fünf Charakterklassen), wovon kann man dann wohl einen zweiten gebrauchen? Die Anleitung unterstützt einen, die ideale Kombination von Rasse und Klasse zu finden, aber was die Fähigkeiten angeht, tappt man ziemlich im Dunkel. Akrobatik oder Klettern? Fahrerlaubnis für normale Autos oder jetbetriebene? Wird man im Spielverlauf Starrflügler, Raketen oder rotorbetriebene Gefährte fliegen müssen (wenn man denn überhaupt einschätzen kann, was das überhaupt ist)? Braucht man einen Programmierer (Tipp: ja, unbedingt)? Dieses Spiel für ein solch genreinhärentes Problem zu kritisieren, mag einerseits unfair wirken, jedoch ist die negative Auswirkung in diesem Fall einfach besonders groß.

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Diesen Bildschirm starrt man stundenlang an

Spielmechanisch liegt der Fokus in den taktischen Kämpfen im Vergleich zu früheren (Fantasy-) Spielen der Firma nachvollziehbarerweise stärker auf Schusswaffen. Prinzipiell wirken die Kämpfe etwas schneller als bislang gekannt, so dass man relativ gesehen weniger Zeit auf diesem Bildschirm verbringt. Trotzdem werden diese Kämpfe schnell zur auswechselbaren Routine. Bei den meisten handelt es sich um halbzufällige Begegnungen, in denen jeweils nur ein oder vielleicht mal zwei Gegnertypen gleichzeitig auftauchen, die sich scheinbar ebenfalls zufällig auf dem Spielbrett verteilen und auf dem ansonsten abgesehen von Wänden Leere herrscht. Jene wiederum funktionieren nur als bool'sche Hindernisse (d.h. etwas ist entweder erreichbar oder nicht) und andere Hindernisse, die beispielsweise einen Teilschutz bieten könnten, existieren nicht. Entsprechend gestalten sich die taktischen Optionen recht basisch: Man verteilt die Gruppe, um Granaten kein einfaches Ziel zu bieten, stellt die Jungs mit den dicken Muckis nach vorne, lässt verletzte Charaktere hinter Wänden in Sicherheit gehen und dann hofft man einfach aufs Würfelglück. Aus heutiger Sicht dauern diese Kämpfe immer noch zu lange, es gibt keine Möglichkeit der automatischen Berechnung und wenn man sich dazu hinreißen lässt, einzelne Charaktere automatisch handeln zu lassen, dann kommt es schnell zu unnötigen Verlusten. Wiederum etwas, das nicht Countdown to Doomdsday spezifisch anzulasten ist, aber man spürt es leider permanent.

Der nicht ausladende Gesamtumfang des Spiels, der bei Veröffentlichung von der Fachpresse kritisiert wurde, mag heutzutage sogar als Qualität gelten. Ein unperfektes Spiel, das immerhin die Geduld seines Spielers nicht überreizt, ist einem anderen, das durch seine Probleme niemals zu Ende gespielt werden wird, allemal vorzuziehen. Countdown to Doomsdays Probleme sind nicht so fundamental, den Gesamtspielfluss zu zerstören. Zumindest, wenn man sich prinzipiell im Rollenspielgenre zu Hause fühlt. Ist dagegen das generelle Science-Fiction- oder Buck-Rogers-Szenario der Einstiegspunkt, dann wird die Motivation wahrscheinlich nicht bis zum Ende reichen – man verbringt einfach zu viel Spielzeit mit reiner Spielmechanik (lies: taktischen Rundenkämpfen) anstatt des Plots. Trotz gut gestalteter Missionen, guter Grafik in den Zwischensequenzen und des Charakterportraits, selbsterklärender Steuerung und überraschend flüssigem Spielverlauf dank kurzer Nachladezeiten und seltenem Diskettenwechseln (obwohl das Spiel sich immerhin über drei doppelseitige Disketten erstreckt).

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