Cannon Fodder 2: Once More Unto the Breach
für Amiga (OCS/ECS)

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Mr Creosote:
Firma: Sensible Software
Jahr: 1994
Genre: Strategie, Action
Thema: Humor / Krieg
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 3548
Rezension von Mr Creosote (04.09.2021)
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Was haben Sunny Shine, Wizardry 4 und Cannon Fodder 2 gemeinsam? Sie wurden alle von Koryphäen der Computerspielekritik designt. Was können wir aus ihnen lernen? Platt gesagt: Gute Spielekritiker sind noch lange keine guten Designer. Soviel die Kurzfassung. Die gesamte Realität ist natürlich komplexer. Doch insbesondere die letzten beiden zeigen schon eine interessante Korrelation.

Stuart Campbell hatte sich durch seinen kritischen, von zynischen Formulierungen geprägten Schreibstil in der britischen Fachpresse schnell einen Namen gemacht. Er galt als „harter Hund“, insbesondere gegenüber Bugs oder abgedroschenen Spielprinzipien. Oft baute seine Argumentation jedoch auch auf der elitären Warte eines Top-Spielers. Das heißt, er sah seine Kompetenz nicht nur in einer breiten Kenntnis vieler Spiele und der Fähigkeit der Einordnung, sondern schien ein Abzielen auf Durchschnittsspieler geradezu zu verachten.

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Links: Stuart Campbell

Cannon Fodder war bei ihm gut weggekommen, wie überhaupt Sensible Software ein Stein in seinem Brett hatte. Für den zweiten Teil fungierte er als Designer… und einigermaßen vorhersehbar zog er erstmal beim Schwierigkeitsgrad an. In einem Spiel, dessen erster Teil auch schon nicht unbedingt zu den einfacheren Titeln seines Genres gehört hatte, in dem bereits ein einziger falscher Klick den Tod der gesamten Soldatengruppe bedeutet hatte.

Nun funktioniert Leveldesign auf verschiedenen Ebenen. Zu Gute halten muss man Campbell, dass er sichtbar die taktische Kniffligkeit zu erhöhen versuchte. Viele Levels lassen sich auf unterschiedliche Weise angehen, wobei mit offensichtlichen Frontalangriffen schnell kein Blumentopf mehr zu holen ist. Andererseits hat er es sich jedoch auch nicht nehmen lassen, schlicht die Anzahl und Bewaffnung der Gegner zu erhöhen und diese dann auch noch bevorzugt an strategisch (für sie!) günstigen Stellen zu platzieren. So dass einem das Spiel Reaktionszeiten abverlangt, die stellenweise jenseits von Gut und Böse sind. Das hat dann nichts mehr mit Anspruch, sondern nur noch mit Frust.

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Das weckt Erinnerungen

Ansonsten hat sich herzlich wenig getan. Die neuen Levels basieren auf einer Handvoll neuer Grafiksets, die aber nichts anderes als eben das sind: ein neuer Anstrich. Klar, die Gebäude und Pflanzen sehen jeweils anders aus, die Fahrzeuge bekommen neue Sprites, aber sie erfüllen jeweils alle den gleichen Zweck. Ob nun der Panzer oder die Chicagoer Gangsterkutsche – anscheinend steckt der gleiche Motor drin. Immerhin optisch wird somit Abwechslung geboten und über die Gestaltung kann man – mit Ausnahme der potthässlichen Alienlevels – nicht meckern.

Wichtiger als die Frage der Veröffentlichungspolitik als vollpreisiger Nachfolger anstatt als Erweiterungsdiskette ist aus heutiger Sicht also die des Spieldesigns und der anvisierten Zielgruppe. Cannon Fodder 2 ist das, was passiert, wenn man auf die Hardcorefans hört. Denen folgt, die wahrscheinlich wirklich das eigene Spiel am besten kennen, am meisten Zeit darin investiert haben. Es in- und auswendig kennen. Natürlich fordern solcherlei Spieler nach größeren Herausforderungen! Nur, so lauthals sie sich auch manchmal Gehör verschaffen, so sind sie eben doch nur eine verschwindend geringe Minderheit.

Der Anspruch, professionelle Kritiker müssten auch gute Designer sein, ist grundlegend falsch. Dass Blumen ohne Duft der schlechteste Film im Schaffen Russ Meyers war, nimmt dem Ansehen Roger Eberts als Kritiker nichts. Es mag hier und da Korrelationen beider Talente geben. Stuart Campbell versuchte es im Folgenden – ebenso wie Ebert – nie wieder. Vielleicht besser so.

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